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Frank Piontek / Sascha Mink: Das Bayreuther Festspielhaus - Einblicke in ein Phänomen Von Stefan Schmöe
Dem Mythos des Bayreuther Festspielhauses spürt Frank Piontek in einem fast 80-minütigen Feature nach, eigens als CD konzipiert und vom Bayreuther Label audiotransit produziert. Dabei stellt er Bau- und Ideengeschichte und die Historie der ersten Festspiele 1876 geschickt der aktuellen Festspielrealität gegenüber - keine historisch-theoretische Abhandlung, sondern mehr eine praktische Gebrauchsanweisung für Bayreuth unter historischen Vorzeichen. Zwar dürfte dem in der Regel einigermaßen gut vorinformierten Festspielgast, der sicher als Adressat anvisiert ist, so manche Information vertraut sein, die Zusammenstellung und manche Schlussfolgerung bringen doch den einen oder anderen Denkanstoß, zumal der Tonfall alles andere als weihevoll, mitunter dezent spöttisch und keinesfalls unkritisch ist: Eine insgesamt durchaus gelungene Bestandsaufnahme, die Wagners künstlerische Utopie mit der damaligen und heutigen Realität abgleicht und gelegentlich auch entzaubert. Regisseur Sascha Mink hat das mit vier Sprechern recht unterhaltsam umgesetzt, auch wenn es ein paar Schönheitsfehler gibt. Alle Wagner-Zitate werden mit einer derart jugendlich klingenden Stimme gelesen, dass man eher an einen Konfirmanden als an einen um die 60-jährigen Künstler denkt. Bei jeder Erwähnung der Schweiz verfällt die Sprecherin in entsprechenden Dialekt, ein Adorno-Zitat durch übertrieben gestelzten Tonfall der Lächerlichkeit preisgegeben wird - Kleinigkeiten, aber störend. Mehr - viel mehr - Musikbeispiele wären wünschenswert, gerade beim Medium CD als Vorteil gegenüber dem Buch, aber gerade da gibt sich die Produktion ausgesprochen sparsam. Und auch von den Erfahrungen der Sänger (zu Wort kommen Michelle Breedt, Thorsten Kerl und Günther Groissböck) hätte man gerne noch mehr gehört. (Mancher Beitrag von Festspielbesuchern erscheint dagegen entbehrlich.) Inhaltlich streiten lässt sich über den letzten der insgesamt sieben Abschnitte "Die berühmte Akustik" - mit der Piontek ziemlich hart ins Gericht geht. Dem Hinweis, nur der Parsifal sei eigens für Bayreuth komponiert (mit der impliziten These, alle anderen Werke seien gar nicht richtig für diese spezielle Akustik), kann man entgegen halten, dass Wagner das Festspielhaus mit den ganz konkreten Klangvorstellungen erbauen ließ, die sich aus der Komposition de Ring des Nibelungen ergeben hatten - und eben dafür wurde das Haus ja überhaupt errichtet. Der Vorwurf geringer klanglicher Transparenz ist ein wenig eindimensional, und da hätte man sich als Gesprächspartner nicht Christian Thielemann oder Phillipe Jordan gewünscht, sondern den nach einem Wagnerschen Originalklang suchenden Thomas Hengelbrock (den es als Tannhäuser-Dirigent leider nur ein Jahr in Bayreuth hielt) oder den detailversessenen aktuellen Ring-Dirigenten Kirill Petrenko. Trotzdem gilt auch hier: Die provokative Spitze macht, auch im wahrsten Wortsinn, hellhörig. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Das Bayreuther Festspielhaus - Einblicke in ein Phänomen Gesamtdauer: 79:37 Text: Frank Piontek Dramaturgie und Regie: Sascha Mink Sprecher: Katrin Aerbischer Matthias Herrmann Andreas Hutzel Sara Wortmann Produktion: audiotransit Bayreuth audiotransit atcd 1-004
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