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Cantus Buranus
Live in Berlin



Carmina Burana in neuem alten Gewand

Von Artie Heinrich

Crossover ist ein in den letzten Jahren arg strapazierter Begriff, ebenso wie event. Aber es dürfte schwerfallen, einen anderen Titel für das Projekt Cantus Buranus des Berliner Mittelalter-Ensembles Corvus Corax zu finden. Und hier gelten die Bezeichnungen endlich einmal in ihrer ursprünglichsten und besten Form: das Klangerlebnis dieses Musikexperiments dürfte sich kaum ein zweites Mal irgendwo finden.

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Doch was verbirgt sich nun hinter Cantus Buranus? Nichts anderes als die Lieder der mittelalterlichen Handschrift Carmina Burana - neu vertont und interpretiert von Corvus Corax und dem Dirigenten Jörg Iwer. Dabei wurden alle Möglichkeiten der Kombination klassischen Chor- und Orchesterklangs mit typisch mittelalterlichen Instrumenten genutzt. So vereinte Iwer unter seinem Dirigat gekonnt das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus, drei Chöre, die Sopranistin Ingeborg Schöpf und eben die Spielmänner von Corvus Corax. Mit der weltbekannten Vertonung von Karl Orff hat dies dann nichts mehr zu tun - erfreulich originär und unverbraucht kommt diese orchestrale Neukomposition daher.

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Unter so klangvollen Namen wie Castus Rabensang, Harmann der Drescher und Ardor vom Venushügel lassen die Mittelalter-Rocker mit archaischen Melodien und modernen Rhythmen die Spielmannsmusik vergangener Zeiten wiederauferstehen. Und wenn dann gleichzeitig fünf Dudelsäcke untermalt von drei Mann an teils mannshohen Trommeln ihren wirbelnden Derwischklang in die Ohren schicken, dann bleibt auch auf dem heimischen Sofa kein Fuß mehr still stehen.

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Der Live-DVD-Aufnahme des Konzerts vom August 2005 gelingt es vortrefflich, die Stimmung des Abends einzufangen. Besser geht es wohl nur, wenn man selbst dabei war.

Und auch die optischen Glanzlichter dieses Spectaculums, wie etwa das Stelzentanztheater Feuervogel, der Einritt der Dudelsackspieler auf einem römischen Streitwagen oder die von fünf halbnackten Sklaven auf einem überdimensionalen Schild hereingetragene Diva lassen sich so zumindest im Kleinen miterleben und machen Lust darauf, dies einmal in natura zu sehen - möglichst auch vor der malerischen Kulisse der alten Nationalgalerie in Berlin.

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Die Musik nun selbst zu beschreiben, ist schwierig. Fast möchte man sagen, man muss es selbst gehört haben. Der Klang von Instrumenten wie Trumscheit oder Drehleier - hier in einer nur von zwei Mann zu bedienenden fast 2m großen Variante - ist für heutige Ohren zugleich antiquiert und erfrischend neu. Gepaart mit der ungeschönten Urgewalt des Schlagwerks entsteht ein brachialer Drive, den man eher mit der Stimmung auf einem Rock- oder Heavy-Metal-Konzert verbinden würde. Und dann zeigt sich in den ruhigeren, doch nie als kontemplativ oder lyrisch zu bezeichnenden Passagen, dass ein Dudelsack auch melodisch sein kann, dass die eine klare Stimme der Sopranistin Vorrang bekommen kann vor all der Wucht des teils urtümlichen Klanges. Aber wirklich lyrisch wird es dann doch nicht; die Musik treibt weiter, zeitweise fast orgiastisch und lässt keine Zeit zum Innehalten oder Ausruhen: die Derwische müssen tanzen! Und das ist gut so.


FAZIT

Ein ambitioniertes und einzigartiges Projekt, das erfreulich aus dem Meer der Klassik-Crossovers der letzten Jahre heraussticht. Die Musik vermag sowohl Klassikfreunden als auch Heavy-Metal-Fans Genuss zu bieten und ist nicht nur eingefleischten Anhängern von Corvus Corax uneingeschränkt zu empfehlen. Diese allerdings erhalten mit einer 25-minütigen Doku auf der DVD die Gelegenheit, ihren Idolen noch etwas näher zu kommen. Ein Hoch auf die Spielleute!


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Cantus Buranus - Live in Berlin
(Orchestrale Neuvertonung von Texten
aus der Carmina Burana)
Aufnahme der Aufführungen vom
19./20. August 2005 auf der Museumsinsel Berlin

Komposition und Musik: Corvus Corax
Dirigent: Jörg Iwer

Philharmonisches Orchester
des Staatstheaters Cottbus
Opernchor des Staatstheaters Cottbus
Chor Ivan Pl. Zajc
Psalteria
Bela Kasa
Ingeborg Schöpf, Sopran
Stelzentheater Feuervogel
Showteam Excalibur

Corvus Corax:
Teufel, Meister Selbfried,
Castus Rabensang,
Ardor vom Venushügel, Wim,
Patrick der Kalauer,
Harmann der Drescher, Hatz.

Weitere Informationen unter:
www.cantus-buranus.de




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