Cedar Walton Quartet
Live at the Umbria Jazz Festival
Temporeicher Sommerjazz
Von
Frank Becker
Das
Medium DVD macht es möglich - längst verklungene Konzerte, deren
Live-Aufnahmen nie auf LP oder CD publiziert wurden und die sicher in
den Archiven verschwunden wären, können jetzt mit der "Beigabe Bild"
als Schmankerl für Musikfreunde fröhliche Urständ´ feiern. So jüngst
geschehen mit einer Aufnahme des Cedar Walton Quartet, am 20. Juli 1976
beim Umbria Jazz Festival in Perugia vom staatlichen
italienischen Fernsehsender RAI aufgezeichnet - und nun von TDK Jazz-Freunden
zugänglich gemacht.
Seit
1973 gibt es das Umbria Jazz Festival, und alles was gut und en vogue
ist, hat seither in Perugia gespielt. Der Pianist Cedar Walton hatte
erst im Jahr zuvor sein exquisit besetztes Quartett mit dem
Tenorsaxophonisten George Coleman, dem Bassisten Sam Jones und dem
Schlagzeuger Billy Higgins zusammengestellt. Mit Higgins und Jones
verband Walton bereits gemeinsame Arbeit in wechselnden Ensembles.
Coleman, der vom Blues kam und vom anfänglichen Altsaxophon zum Tenor
gewechselt hatte, war neu in der Besetzung. Das noch "junge" Quartett
konnte allein durch die Routine der vier als Leader wie als Sidemen
erfahrenen Musiker bestehen, doch zeigt der abendliche
Open-Air-Auftritt vor der pittoresken Kulisse der mittelaterlichen
italienischen Kleinstadt mehr.
Sicher
sind Neo-Bopper Walton und Rhythmus-Spezialist Higgins die
herausragenden Stimmen dieser Band, zum Zeitpunkt des Konzerts spielten
die beiden immerhin schon zehn Jahre miteinander. Doch auch zwischen
Higgins und
Jones, der erstmals 1971 zu dem Team Walton/Higgins stieß, funktioniert
die Chemie, die beiden bilden eine sensible Rhythmus-Gruppe, auf deren
Boden die geschmeidigen Soli Colemans und die geradezu epischen weichen
Tonfolgen und perlenden Läufe Waltons wunderbar gedeihen. Zwei Stücke
Waltons, darunter als Opener sein zum Standard gereiftes temporeiches
"Bolivia" geben den Rahmen für die Erfolgsgaranten "Naima" (Coltrane)
und "Blue Monk" (Monk) und das treibende Kernstück "Seven Minds" von
Jones, das ihm natürlich Raum für Soli gibt.
Das
Atmosphärische des Abends in Perugia wird unterstrichen von
gelegentlichen Schwenks aufs Publikum, das den Soli Jones´ wie am Ende
von "Seven Minds" atemlos folgt und die brillanten Interpretationen
z.B. des Klassikers "Blue Monk", bei dem Coleman überragend zaubert,
anerkennend feiert. Waltons "Firm Root" beendet
temporeich wie begonnen, die leider nur knappe Stunde und zeigt
abermals einen George Coleman in Hochform und Walton als Zauberer an
den Tasten. Ein Bonbon für die Jazz-Video-/Discothek.
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