HQL de Souza
Renova
Flop und Top dicht beieinander
Von
Frank Becker
Die Bossa Nova-Welle rollt wieder - und das freut den Freund der eleganten Kost,
die vordergründig leicht erscheinen mag, aber so komplex und raffiniert
ist wie jeder andere durchkomponierte und von Könnern präsentierte
Jazz. Eine Reihe neuer Stimmen und Bands tummelt sich derzeit neben
bewährten Stars und ihren Re-Issues emsig auf dem internationalen Markt und man gibt sich Mühe,
das Klassenziel zu erreichen, denn die Konkurrenz ist groß und das Publikum kritisch.
Das Produkt, das sich hier und jetzt auf
dem Prüfstand dreht, kommt aus Schwaben, was gewiß kein Fehler ist. Es
gibt sich allerdings durch die Einstellung seiner Protagonisten etwas sperrig und
widerspenstig: "Nein, keine Lounge-Geschichte oder Samba- Show" zitiert
die Tübinger Lokalpresse Raquel de Souza, die Sängerin des Albums "Renova" (die es aufgrund ihrer Herkunft besser wissen müßte),
das ein wenig andere Töne anschlägt, als das Tom Jobim, Jorge Ben oder
Luiz Bonfá mit ihren Hits vorgegeben haben. "Kein Easy-Listening", wird
zudem der musikalische Kopf hinter dem Projekt, das sich "HQL de Souza"
nennt, zitiert. Philipp Feldtkeller, Gitarrist von Dieter Thomas
Kuhn (au weia, nicht eben eine Empfehlung für jemanden, der ernsthaft
neue Töne im Jazz anschlagen möchte) sagt das und setzt es auch
beinhart um.
Die
ur-brasilianische Gitarre ist ihm zu "bossig" - er läßt sie weg.
"Des ischd jetz abr e Fähler!" würde der Schwabe dazu sagen. Daß er sie
durch den Baß ersetzt, ist noch gar nicht mal so übel, doch der Einsatz
des Synthesizers ist es und der eines gnadelos und ohne Rücksicht auf
Melodie und Rhythmus auf seine Felle einhämmernden Drummers ist es
zumal. Benjamin Glass gehörten die Trommelstöcke befristet weggenommen,
damit er sich ein wenig auf das Wahre besinnen kann und an
Körperverletzungen wie bei "Mas que nada" gehindert wird. Heftiges
Dreschen ersetzt keinesfalls Rhythmusgefühl - und das wäre gerade bei
Bossa Nova dringend nötig. Dazu fummelt Philipp Feldtkeller an seinem
Computer herum und produziert gleich beim Start-Titel "O barquinho"
(daß Roberto Menescal das noch erleben muß...) und bei A.C. Jobims
"Triste" Töne wie ein verstimmtes Theremin. Auch das folgende "Preciso
aprender a ser só" wird so verunstaltet, ebenso wie die Orgelkopie in
"Mas que nada" und "Rio" die das Vermächtnis von Walter Wanderly
zerfetzen. Das eiert und leiert, daß es weh tut. Später wird es
streckenweise manchmal ein wenig erträglicher, aber schön ist das noch
immer nicht. Wenn "Wave 2000" wie "Saturday Night Fever" klingt, stimmt
irgend etwas nicht. Soweit zum Flop.
Top
hingegen ist Raquel de Souza, Brasilianerin mit der Musik ihrer Heimat
im Blut. Die kriegt auch das verquerste musikalische Konzept nicht aus
dem Takt. Mit bemerkenswertem Timbre in der reifen Stimme und tropisch
warmem Rhythmus singt sie gegen brutale Synthesizer- und
Trommel-Gewalt an und interpretiert mehr als ein Dutzend unvergänglicher Super-Hits der Bossa Nova- Szene, der musikalischen Eleganz ihrer Heimat und Komponisten
wie Jobim, Menescal, Jorge Ben, Ary Barroso, Edu Lobo und Luiz Bonfá
zur Ehre. Man sollte ihr eine - hach wie fürchterlich! -
altmodische Bossa Nova Band mit einem guten Gitarristen, einem
zartfühlenden Schlagzeuger und einem Saxophonisten geben, ein wenig
Percussion vielleicht und sehr gerne eine Lounge, eine Bar oder einen
intimen Club. Könnte ich mir sehr schön vorstellen - so aber ist es
einfach schade um diese Stimme und diese Musik. Aber vielleicht bin ich
ja einfach nur zu altmodisch und hoffnungslos hinter dem Mond.
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HQL de Souza
Renova
Raquel de Souza - vocal
Philipp Feldtkeller - bass, synthesizer Benjamin Glass - drums
© + (P) 2006 DTK Musik + Marketing
Track
List:
1. O barquinho
2. Triste
3. Preciso aprender a ser só
4. Águas de março
5. Coraçào leviano
6. Garota de ipanema
7. Brigas nunca mais
8. Mas que nada
9. Rio
10. Samba de uma nota só
11. Aquarela do Brasil
12. Ligia
13. Upa neguinho
14. Wave 2000
15. Manhã de carnaval
Total Time: 49:52
Weitere Informationen unter:
www.hqldesouza.de
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