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Stuttgarter Kammerchor
Missa Dei Patris / Lux Aeterna


Chormusik vom Feinsten

Von Ralf Jochen Ehresmann

Der Carus-Verlag, der sich Umfeld des pietistisch orientierten Hänssler-Verlages ansiedelt, hat der mittlerweile nicht mehr so neuen Verbindung zum spiritus rector eines der zahlreichen Stuttgarter Spitzenensembles, dem Stuttgarter Kammerchor und seinem Gründer Frieder Bernius, zwei neue Produktionen zu verdanken, die zwar bereits vor einiger Zeit aufgenommen worden, allerdings noch nicht lange erhältlich sind. Zum Einen handelt es sich um Zelenkas Missa Dei Patris, zum Anderen um Dominico Scarlattis Stabat Mater, dem drei Kompositionen des 20. Jahrhunderts beigegeben sind.

Zelenkas Werk sprengt mit über 70 minütiger Dauer erheblich den Rahmen der damals üblichen Messvertonungen. Tatsächlich "findet Zelenka in seine späten Messen zu jener Ausgewogenheit der Form und Satztechnik, einer solchen grandiosen Architektonik von Einzelsätzen, Satzpaaren, Nummerngruppen und substantiell gebundenen Werkzyklen sowie einer solchen Tiefe der musikalischen Interpretation des Messtextes, dass seine Missae ultimae über das Zeittypische hinaus zu faszinierenden Zeugnissen eines ganz individuellen und autarken Kunstwillens werden", wie das Booklet einführend und wegweisend bemerkt.

Auch die zweite CD bietet mit Scarlattis Stabat Mater einen barocken Schwerpunkt, dessen umgebende Werke von Ligeti und Anne Boyd unmittelbar in der Avantgarde des 20. Jahrhunderts fußen. Für Scarlatti gilt Ähnliches wie für Zelenka: Bernius' wohldurchdachte Unorthodoxie verleiht diesem vergleichsweise weniger unbekanntem Werk eine Spritzigkeit, die nicht allein aus dem Tempo herrührt, sondern durch originale Materialaneignung originelle Klangwirkungen erzielt, die auch Jahrzehnte nach Erfindung der historischen Aufführungspraxis noch deren Charme und ursprüngliches Befremden bewahrt.

Dass das nur mit 1a-Singekräften gelingen kann, beweisen die Ausflüge in die berückende Welt des Schwersten, was seinerzeit (1966/1975) und womöglich überhaupt für Chor a capella geschrieben wurde, nämlich Ligetis Lux aeterna. Mangelnde Intonationssicherheit hätte hier gnadenlose Abstürze ausgelöst. Doch der Sphärenklang bleibt uneingetrübt und landet punktgenau. Der verwegenste Einzelbeitrag ist allerdings ein Rückertlied von Gustav Mahler (Ich bin der Welt abhanden gekommen) im 16-stimmigen Arrangement aus der Feder von Clytus Gottwald. Der ursprüngliche Orchestersatz ist dabei in genialer Weise an die Singstimmen so verteilt, dass dabei keine Melismen nötig werden, sondern diese mit genau den Textzeilen unterlegt erklingen, die in der Hauptstimme der Sopransolistin gerade ertönen. Indem diese Textumverteilung genau aufgeht, singt vertretungsweise das ganze Mahlerorchester bestätigend mit. So sehr man sich gerade darauf gefreut haben mag, enthält das Booklet hierzu keine Ausführungen, womöglich, weil der Autor kein Selbstlob betreiben wollte: Der aufschlussreiche Artikel stammt von Gottwald selbst!

Das Barockorchester Stuttgart, dessen Mitglieder ausschließlich auf Originalinstrumenten spielen, erzeugt mit seinem herben, gänzlich unromantischen Klang, den man auch bei ähnlich arbeitenden Ensembles selten so markant und scharf gehört hat, jene Aura von Fremdheit, die uns Nachgeborene trefflich daran erinnert, wie weit doch längst die Distanz in Zeit und Klangvorstellung angewachsen ist, die uns von der Entstehungszeit und ihren Idealen trennt.
Der Chor intoniert bestens und ist perfekt ausgewogen hinsichtlich der Kräfteverhältnisse der Stimmen untereinander. Den Preis der deutschen Schallplattenkritik hat lux aeterna nicht zu unrecht erhalten: Auch wir dürfen diese CDs wärmstens empfehlen!


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Cover


Jan Dismas Zelenka:
Missa Die Patris ZWV 19

Stuttgarter Kammerchor
Barockorchester Stuttgart
Dirigent: Frieder Bernius

Carus CD 83.209



Cover


György Ligeti:
Lux aeterna

Dominico Scarlatti:
Stabat mater

Anne Boyd:
As I crossed a Bridge of Dreams

Gustav Mahler:
Ich bin der welt abhanden gekommen
(aus den Rückert-Liedern,,
Arrangement für 16-stimmigen Chor
a capella von Clytus Gottwald)

Kammerchor Stuttgart
Dirigent: Frieder Bernius

Carus CD 83.208






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