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Wolfgang Amadeus Mozart:
Klarinettenkonzert KV 622
Flötenkonzert Nr. 2 KV 314 (285d)
Fagottkonzert KV 191 (186e)


Wie viel Wiener Klassik darf es, muss es sein?

Von Susanne Westerholt

Der kürzlich von uns gegangene wunderbare Marcel Reich-Ranicki behauptete von sich, er glaube nicht an Gott, aber an Shakespeare und an Mozart. Nun, beim Klarinettenkonzert in A-Dur KV 622 handelt es sich um so ein Stück aus Mozarts Feder, bei dem man sich nicht ganz sicher ist, ob es tatsächlich irdischen Ursprungs ist. Mozart war zu Lebzeiten der bedeutendste Komponist für Instrumentalkonzerte, er war konkurrenzlos in der Gattung der Klavierkonzerte; sein einziges Klarinettenkonzert ragt dabei als ein Meisterwerk heraus.

Wenige Wochen vor seinem Tod entstanden, spiegelt sich darin Mozarts Affinität zur Klarinette wider. Komponiert hat er das Konzert für die damals neu entwickelte Bassettklarinette. Dem bereits früher entstandenen ersten Satz fügte er zwei weitere Sätze hinzu, die er für seinen Freund Anton Stadler schrieb. Technisch ist der Part für die Klarinette anspruchsvoll, was allerdings für Stadler wohl kein größeres Problem dargestellt haben wird, denn dieser galt als ein hervorragender Klarinettist. Die Orchesterbesetzung ist absichtlich ausgedünnt – es fehlen Klarinetten und Oboen – so dass ein filigraner Klangkörper entsteht, vor dem das Soloinstrument umso besser zur Geltung kommen kann.

Claudio Abbado gilt unbestritten als eine Kapazität in der Interpretation von Mozart. Mit dem im Jahr 2004 gegründeten Orchestra Mozart Bologna erarbeitet er Interpretationen, die internationale Beachtung finden; übrigens nicht nur mit Mozart: Abbado war mit seinem Orchester vor wenigen Monaten auf Deutschland-Tournee mit Musik von Johann Sebastian Bach und hatte dafür viel Lob erhalten. Aber zurück zu Mozart: Abbado hebt in der vorliegenden Einspielung, wie bereits in seinen früheren Mozart-Interpretationen, die Transparenz und die Leichtigkeit dieser Musik hervor, so wie es der Ästhetik der so genannten Wiener Klassik entspricht; ein Stilbegriff, der erst nach dem Ersten Weltkrieg entstanden war und den Mozart nicht gekannt hat.

Sowohl der Klarinettist Alessandro Carbonare, als auch Jacques Zoon im Flötenkonzert und Guilhaume Santana im Fagottkonzert brillieren mit ihren Instrumenten; alle drei spielen hervorragend: gefühlvoll, technisch perfekt und dabei mit dem Orchester gut harmonierend. Am Rande sei bemerkt, dass das Flötenkonzert in Wirklichkeit ein von Mozart selbst angefertigtes Arrangement seines Oboenkonzerts darstellt, aber dafür kann der Solist Jacques Zoon nichts, und man hört es seiner meisterhaften Interpretation wahrlich nicht an. Heimlicher Favorit auf der CD ist aber wohl das Klarinettenkonzert.

Den ersten Satz, ein Allegro, komponierte Mozart wie erwähnt bereits Jahre zuvor – für Bassetthorn. Er schrieb es nun für Klarinette von G-Dur nach A-Dur um und fügte ein Adagio und ein Rondo hinzu. Die beiden Ecksätze haben es technisch in sich; sei es der erste Satz mit der fulminanten Orchesterexposition oder das tänzerische Rondo: rasche Läufe, Verzierungen und Dreiklangsbrechungen loten die technischen Möglichkeiten der Klarinette aus.

Den zweiten Satz kennen alle! Auch wer von sich – bedauerlicherweise – behauptet, noch nie etwas von Mozart gehört zu haben, kennt ihn. Er ist der Inbegriff Mozartscher Musik: filigran, anmutig, ein Ohrwurm von einem Thema, mit sehr viel Gefühl. Kurz gesagt: etwas vom Schönsten, das die klassische Musik zu bieten hat. Eigentlich ist das Thema ganz simpel, aber eben typisch Mozart: genial gearbeitet. Alessandro Carbonare spielt souverän und gefühlvoll. Allerdings ist der Satz im Ganzen wohl etwas rasch geraten. Er ist ja immerhin mit ‚Adagio' und nicht mit ‚Andante' überschrieben und sollte sich in Charakter und Tempo von den Ecksätzen abheben. Es spitzt sich gerade beim zweiten Satz die Frage zu, ob man dem Klarinettenkonzert einen Gefallen tut, es im Sinne der Ästhetik der Wiener Klassik zu interpretieren, auch wenn dies zumindest von seiner Entstehungszeit her sicherlich zu rechtfertigen wäre. Wir meinen nein. – Dennoch ist Abbado, den Solisten und dem Orchestra Mozart insgesamt eine solide und anmutige Aufnahme gelungen.

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Wolfgang Amadeus Mozart:
Klarinettenkonzert KV 622
Flötenkonzert Nr. 2 KV 314 (285d)
Fagottkonzert KV 191 (186e)


Alessandro Carbonare, Klarinette
Jacques Zoo, Flöte
Guilhaume Santana, Fagott

Orchestra Mozart Bologna

Dirigent: Claudio Abbado


Klarinettenkonzert in A-Dur KV 622
1. Allegro 11:51
2. Adagio 6:34
3. Rondo. Allegro 8:17

Flötenkonzert Nr. 2 in D-Dur KV 314 (285d)
1. Allegro aperto 7:10
2. Adagio ma non troppo 6:26
3. Rondeau. Allegro 5:10

Fagottkonzert in B-Dur KV 191 (186e)
1. Allegro 6:36 (Kadenz: Guilhaume Santana)
2. Andante ma adagio 6:00
3. Rondo. Tempo di Menuetto 4:06

Gesamtspielzeit: 62:22

Deutsche Grammophon 0028947793311


Weitere Informationen
www.deutschegrammophon.com/abbado80
www.orchestramozart.com/




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