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Symphonisches von Pärt und Kancheli bei EMI

Klangwolken aus Estland und Georgien

Arvo Pärt hat eine für einen zeitgenössischen Komponisten merkwürdige Popularität erlangt. Sein archaischer Stil mit Anlehnung an mittelalterliche Modelle, die Mischung von Minimalismus und Religiösität und eine naive Tonalität, die (scheinbar ?) die komplette Musikgeschichte seit Schönberg ignoriert, rücken ihn beinahe ins Licht eines "New-Age"-Komponisten. Wir fragen uns: Ist das modern ?

Franz Welser-Möst und The London Philharmonic suchen in der 3. Symphonie des Esten jedenfalls nicht das Schroffe, Radikale, sondern Wohlklang und Sinnlichkeit. Man muß ihnen lassen: Sie finden das auch. Satter Blechbläserklang, sehr präsent, aber nie scharf, weiche Holzbläser und dezente Streicher in brillianter Aufnahmetechnik sind das Ergebnis. Und die bange Befürchtung beim ersten Hören: Ist das vielleicht doch Sibelius ?

Die Nähe zur Filmmusik ist gegeben, und echte Serialismusfreaks schlagen sowieso die Hände über dem Kopf zusammen angesichts so delikater Klänge. Betrachten wir das Phänomen Pärt einmal nicht aus der (arroganten ?) Sicht des Westeuropäers: Streng strukturierte Musik, die den real existierenden Sozialismus negiert und Traditionen beschwört (noch dazu religiöse), aber nicht zitiert, und sich weitab aller kompositorischen Zentren entwickelt, sollte wohl mit anderen Maßstäben gemessen werden. Anhörungsmaterial erster Güte wird auf dieser CD geboten. Denn da ist auch noch Giya Kancheli.

Wie Pärt 1935 geboren, jedoch in Georgien, aber sehr viel unbekannter, ergänzt dieser Komponist mit seiner ebenfalls 3. Symphonie die von Pärt ideal: Stilistisch ähnlich, bis hin in die Thematik, und doch ganz anders. Irgendwo radikaler durch extreme Wechsel in den Lautstärken, durch Glissandi über einem durchlaufenden Pulsschlag. Kancheli setzt zudem die menschliche Stimme ein, wenn auch nur als Vocalise (klangschön: Countertenor David James vom Hilliard Ensemble). Der Vergleich beider Werke schärft das Ohr für das jeweils andere.

Abgerundet wird die CD durch Pärts "Fratres" für Streichorchester und Schlagzeug: Ein ruhiger, meditativer (äußerst streng strukturierter) Abschluß. In die Musikgeschichte einordnen läßt sich das so leicht nicht. Schwierig auch, die Interpretation zu beurteilen: Es gibt gute Argumente für die Klangseligkeit der Londoner unter Welser-Möst, aber es wäre interessant, eine ganz andere Interpretation zu hören - streng, schärfer im Klang, und stärker das Strukturelle betonend.

Modern ? Konventioneller Kitsch ? Geschmackssache.

Arvo Pärt (*1935): Symphonie Nr. 3 (1971), "Fratres" Version VI (1991) für Streichorchester und Schlagzeug
Giya Kancheli (*1935): Symphonie Nr. 3
The London Philharmonic
David James, Countertenor
Franz Welser-Möst

EMI 7243 5 55619 2 3


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