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Maurice Ravel:

Cantates de Rome


Der unbekannte Ravel

Von Ina Schabbon

Viermal bewarb sich Maurice Ravel um den Rompreis, das renommierte Stipendium der Académie de Beaux-Arts, doch nie gewann er ihn. Immerhin kam er dreimal (1901, 1902 und 1903) in die letzte Runde, in der die Kandidaten zu einem gegebenen Text eine Kantate verfassen mussten. Diese Kantaten - Alyssa, Alcyone und Myrrha - liegen jetzt in einer Einspielung bei EMI CLASSICS vor.

Sollte man den Fehler machen und das Booklet vor dem ersten Hören lesen, kann sich schon die Frage aufdrängen, warum es diese Einspielung eigentlich gibt. So viele Argumente sind da versammelt, die gegen die Kantaten sprechen: Auf die mit dem Rompreis verbundene finanzielle Sicherheit sei Ravel angewiesen gewesen, nur deswegen habe er sich zu solchen akademischen Arbeiten verbogen, und bei den schauderhaften Libretti sei ein Scheitern der Stücke ja geradezu vorprogrammiert gewesen. Von Ravel selbst finde sich keine Spur in dieser Musik, nur Kopien berühmter Vorbilder.

Sollte man sich die Einspielung trotzdem anhören? Unbedingt! Zwar ist es richtig, dass wenig an der Musik so klingt, wie wir Ravel kennen. Aber ein Blick in die Werkstatt ist allemal spannend. Viel Spätromantik ist da noch zu hören, aber immer wieder auch impressionistische Töne. Dass die Kantaten zum Teil wie eine etwas unverbindliche Aneinanderreihung geraten sind, ist wohl wirklich den Libretti zuzuschreiben. Zumal Myrrha, das Werk, das musikalisch am ehesten aus einem Guss wirkt, auch dramaturgisch am schlüssigsten ist.

Vor allem die Interpreten aber sind es, die das Hören zum Genuss machen. Michel Plasson entlockt dem Orchestre du Capitol de Toulouse unnachahmlich französischen Schmelz und lässt jede in die Partitur einkomponierte Gefühlswallung mit feinsten Nuancen plastisch werden. Unter den fast durchweg hervorragenden Sängern seien hervorgehoben: Véronique Gens, deren Höhe wunderbar leicht und kopfig ist, und die Tenöre Yann Beuron und Paul Groves mit ihrem strahlenden, immer strömenden Legato.

Haben Myrrha, Alcyone und Alyssa Ravel auch nicht den Rompreis und die damit erhoffte finanzielle Sicherheit eingebracht, so bescheren sie uns doch heute immerhin ein - zumindest in dieser exquisiten Einspielung - durchaus lohnendes Hörerlebnis.


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Cover



Maurice Ravel:

Cantates pour le Prix de Rome
Editions Salabert

Alyssa (1903)
Alyssa : Véronique Gens
Braïsyl : Yann Beuron
Le Barde : Ludovic Tézier


Alcyone (1902)
Alcyone : Mireille Delunsch
Sophrona : Béatrice Uria-Monzon
La Voix: Paul Groves


Myrrha (1901)
Myrrha : Norah Amsellem
Sardanapale : Paul Groves
Bélésis: Marc Barrare

Orchestre du Capitol de Toulouse
Ltg.: Michel Plasson

EMI CLASSICS 7243 5 57032 2 4



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