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Arthur Bliss:
Kammermusik


Ein Blick über den Tellerrand!

Von Martin Rohr

Henry Purcel, Edvard Elgar, Ralph Vaughan Williams, Benjamin Britten ... und sonst? Es ist schon höchst aufschlussreich, versucht man sich aus dem Gedächnis eine Liste britischer Komponisten zusammenzustellen. Tatsächlich ist es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass die Musik der Großbritaniens in Deutschland ein weißer Fleck auf der Landkarte ist. Das mag unberechtigt sein und zeigt eine gewisse, gern gepflegte Engstirnigkeit. Andererseits ermöglicht dieser Umstand, neue spannende Entdeckungen zu machen. Eine gute Gelegenheit dazu ist die Neuerscheinung von Kammermusikwerken des englischen Komponisten Arthur Bliss bei Naxos.

Geboren 1891, ist Arthur Bliss einer der exponiertesten Vertreter der englischen Komponistengeneration zwischen Ralph Vaughan Williams und Benjamin Britten, welche die Loslösung von romantischen Modellen bewältigt und nach neuen Wege sucht. Als Director of Music der BBC ist Bliss sich der Bedeutung neuer Medien für die Musik seiner Zeit bewusst, was in Experimenten wie der Fernsehoper "Tobias and the Angel" (1960) zum Ausdruck kommt. Gleichzeitig verrät seine Ernennung zum "Master of the Queen´s Music" einen deutlichen Bezug zur musikalischen Tradition.

Die auf der vorliegende CD eingespielten Kammermusikwerke lassen diese Suche nach einem eigenständigen Weg im Spannungsfeld von Modernität und Tradition erahnen. Das verhälnismäßig frühe Klavierquintett (1915) erscheint als Übergangswerk, im dem ein romantischer Tonfall in neuem harmonischem Gewand erscheint und dabei Spuren verschiedenster Einflüsse aufweist. Modale, kreisende Melodik lässt Assoziationen osteuropäischer Musik ebenso zu, wie sich impressionistische Tendenzen ausmachen lassen: Akkordbasierte Melodik, Mixturen, und flächenhafte Satzweise, aber auch traditionelle Tanzformen verbinden sich zu einer höchst eigenständigen Tonsprache. Die dreisätzige Komposition changieren zwischen orchestraler Satzweise und kammermusikalischer Transparenz. Der Hörer muss sich die Irritation eingestehen, die eine so schwierig einzuordnende Musik auslöst.

Aus der 17 Jahre später entstandenen Bratschensonate lässt sich eindrucksvoll ablesen, in welche Richtung die Entwicklung weitergegangen ist: Über einer weit gespannten, ausdrucksvollen, schwebend-vieldeutigen Harmonik entfaltet sich ein leidenschaftlicher Sologesang der Bratsche in dichtem melodischem Fluss. Durch eine dichte thematische Verklammerung der einzelnen Sätze ist diese Musik von erstaunlicher Geschlossenheit. Sehr gezielt setzt Bliss die große farbliche Breite des Instruments ein und macht es so zu einem für den Interpreten äußerst dankbaren Werk. Besonders in den rauhen Charakteren erweist sich Martin Outram als kraftvoller Interpret von hoher Virtuosität, insbesondere im Furiant, dessen rhythmische Spannung maßgeblich die Ausdruckskraft des Satzes bestimmt.

Das im Jahre 1927 entstandene Oboenquintett wirft noch mal ein besonderes Schlaglicht auf die Klangsensibilität Arthur Bliss´. Ohne die in den anderen Werken oft in orchestraler Fülle verwendete Klanggrundlage des Klaviers entsteht ein schwebendes, gleichsam ätherisches Klangbild. Im Andante con moto kontrastiert diese vielfarbige Transparenz mit vital-tänzerischer Virtuosität. Das Oboenquintett ist ein faszinierendes Werk, vor allem auch Dank der hervorragenden Interpretation des Oboisten Nicholas Daniel, der im Zusammenspiel mit dem Maggini Quartet eine dichte und faszinierende Atmosphäre schafft. In der Polyphonie des abschließenden Vivace stellen sie die hohe Kunst der Balance unter Beweis. Gerade weil die solistische Literatur der Holzblasinstrumente so vergleichsweise schmal ist, sollte man für dieses Werk dankbar sein.

Mit der vorliegenden CD hat Naxos eindrucksvoll bewiesen, dass es sich ein Blick über den Tellerrand durchaus lohnt!


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Cover


Arthur Bliss:

Klavierquartett (1915)

Bratschensonate (1932)

Oboenquintett (1927)


Maggini Quartet:
Laurence Jackson & David Angel, Violine
Martin Outram, Viola
Michal Kaznowksi, Cello

Peter Donohoe & Julian Rolton, Klavier
Nicholas Daniel, Oboe

Naxos 8.555931





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