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György Ligeti

The Ligeti Project II


Montagsprodukt bei Teldec?

Von Sebastian Hanusa

Von Ligeti zu sprechen heißt, von einer absoluten Ausnahme-Erscheinung zu sprechen. Im inneren Kreise der Neuen Musik zu den Großen des 20. Jahrhunderts gezählt, gibt es kaum einen Komponisten unserer Tage, der auch beim breiteren Konzertpublikum große Popularität erwerben konnte, ohne in den Ruch regressiver Anbiederung zu geraten. Überdies erfreut sich Ligeti - nicht zuletzt Dank Kubriks Verwendung seiner Musik in "2001 - Odyssee im Weltraum" oder "Eyes wide shut" - auch außerhalb des klassischen Konzertpublikums ungewöhnlich großer Beliebtheit.

Nachdem Sony bereits seit einigen Jahren seine Ligeti-Gesamteinspielung vorantreibt, hat sich auch die Teldec aufgemacht, dem großen Ungarn ein stereophones Denkmal zu setzen. Gleich zu Beginn hat man sich die großen Orchesterwerke vorgenommen und auf der zweiten, jetzt erschienenen CD finden sich jene Werke, die in den späten fünfziger und sechziger Jahren den Ruhm des Komponisten begründet haben. Neben Atmosphères, Lontano und der etwas jüngeren San Francisco Polyphonie von 1974/75 finden sich hier die Ersteinspielungen des Apparitions, Ligetis erstem in Westeuropa urauffgeführten Orchesterstück, sowie das noch in Ungarn entstandene Concert romanesc von 1951.

Leider steht der Anspruch der Veröffentlichung, Referenz-Aufnahmen zu schaffen, und deren Realisation in krassem Wiederspruch. Auch wenn es sich teilweise um Live-Mitschnitte handelt, bleibt die technische Qualität der Aufnahmen auch hinter den hier gewohnten Standards weit zurück. Augenscheinlich wurde schlichtweg bei der Aufnahme geschlampt, wenn es nicht schwerwiegende Pannen gegeben hat. Eine Pressung der Aufnahme auf CD hätte indes nicht erfolgen dürfen. Ständig hört man Rumpelgeräusche, so als ob jemand permanent an die Mikro-Ständer stößt, die dynamische Balance innerhalb des Orchesters stimmt nicht, das Klangbild scheint verfremdet wiedergegeben. Zudem ist der Instrumentalklang häufig übersteuert, es gibt störende Resonanzen, und zu allem Überfluss finden sich stellenweise auch noch Digital-Klicks! Wie dies bei einem derart renommierten Label passieren konnte, ist unerklärlich.

Der schludriege Eindruck wird durch ein schlampig gestaltetes Booklet abgerundet. So finden sich dort weder Informationen über die Interpreten, noch über die Aufnahme und die Reihe "Ligeti-Projekt", der eine oder andere peinlich Druckfehler rundet das Bild ab.

Natürlich ist es bei den offenliegenden technischen Mängeln schwer, die musikalische Qualität der Aufnahme zu besprechen. Immerhin ist mit dem Dirigent Jonathan Nott ein international tätiger Spezialist für Neue Musik beteiligt, spielen unter seiner Leitung die Berliner Philhamoniker. Dabei muss zumindest die Einspielung des Concert romanesc als erstklassig bezeichnet werden. Bestechend ist die klangliche Qualität, faszinierend sind perfekte Tempowahl und die Selbstverständlichkeit der Ausführung bei diesem interessanten Frühwerk Ligetis, welches noch ganz in der Bartok-Nacholge steht.

Weniger gelungen scheinen die Aufnahmen der anderen Stücke: Irgendwie haben Orchester und Dirigent Probleme, die spezielle Klanglichkeit, aber auch die formalen wie die klangfeld-immanenten Zeitstrukturen zu realisieren. Als Beispiel sei Lontano, als Folie die, wenn auch schon ergraute, so doch immer noch maßgebliche Aufnahme von Ernest Bour mit dem SWF-Orchester zu nennen. Notts Interpretation entbehrt der Sensibilität Bours, dem es vorbildlich gelingt, die allmählichen, kaum wahrnehmbaren Instrumentaleinsätze, die Charakteristik eines fortwährenden Fließen des Klanges, dessen unmerkliche Metamorphosen zu realisieren, aus denen sich wie von Ferne einzelne harmonische und melodische Konturen abzuzeichnen beginnen.

Stattdessen spielen die Berliner Philharmoniker viel zu distinkt, treten einzelne Instrumente zu deutlich aus der flächigen Textur hervor - auch wo dies von der Partitur ausdrücklich nicht erwünscht ist -, werden Schnitte in Ligetis Klangkontinuum eingefügt, die so nicht intendiert sind. Auch die Klangbalance innerhalb des Orchesters scheint nicht immer gelungen. Viel zu sehr dominieren die hohen Register, so dass die harmonischen Felder zugunsten einer unangemessenen Priorität hier eben nicht gegebener Oberstimmen ihr Gleichgewicht verlieren. Ähnliches ließe sich über Einsätze einzelner Instrumente sagen, die auf der Aufnahme klingen, als ob sie in der Partitur einen Akzent hätten, dieser zufolge aber eigentlich al niente zu spielen wären.

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Cover



The Ligeti Project vol. II
György Ligeti


Lontano (1967)
Atmophères (1961)
Apparitions (1958-59)
San Francisco Polyphony (1974-75)
Concert romanesc (1951)

Berliner Philharmoniker
Ltg.: Jonathan Nott

©2002 Teldec Classics 8573-88261-2


Da capo al Fine

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