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Harnoncourt und Bruckners 8. SymphonieZwiespältiges HörerlebnisHarnoncourt und Bruckner, richtig gehört? Ja, in der Auseinandersetzung eines der größten Experten der historischen Aufführungspraxis mit romantischer Musik wird ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Ob dies allerdings reüssiert, bleibt zumindest fraglich. Nachdem Nikolaus Harnoncourt schon einen kompletten Zyklus der Brahms-Sinfonien mit dem Eliteorchester aus Berlin vorgelegt hat, folgt nun die letzte vollendete Sinfonie des Landsmannes des Dirigenten. Zweifellos, diese Wiedergabe von Konzerten aus der Berliner Philharmonie im April 2000 regt an zum Nachdenken über die Bruckner-Rezeption der vergangenen Jahre, die gerade in der deutschen Hauptstadt mit einem der Orchester der Welt fast schon Tradition hat, denkt man nur an den inzwischen vollendeten Bruckner-Zyklus von Daniel Barenboim und die (hoffentlich) noch zu vollendende Reihe von Günter Wand. Warum regt diese Aufnahme an, ja sogar (im positiven Sinne) auf ? Als prominentes Beispiel sei dafür eine Stelle kurz nach Beginn des letzten Satzes genannt. Sehr überzeugend wirkt auch der Beginn des Finales mit den markanten Vorschlägen in den Streichern, die nur allzu oft bei anderen Aufnahmen verwischen. Während des gesamten Satzes, mit 709 Takten Bruckners längster Sinfoniesatz überhaupt, bleibt dieses wichtige Detail erkennbar und verdeutlicht den martialischen, düsteren Charakter des Satzes. Viel Kleines, das hier überzeugt, macht nach meinem Hören aber zusammen nicht zwangsweise ein überzeugendes Ganzes. Bei allem Anregen - ist für einen der großen Sinfoniker des 19. Jahrhunderts nicht auch etwas Anderes typisch, vielleicht sogar entscheidender ? Die großen Spannungsbögen, gerade bei einem so groß besetzten und langen Werk eminent wichtig, vermisst man bei Harnoncourt. Aber gerade sie sind es doch eigentlich, die dem Zuhörer das Verstehen eines solchen Monumentes erleichtern. Natürlich ist es nicht Sinn der Sache, einen katholischen Bruckner zu zeigen, indem jede Steigerungswelle und jeder Choralabschnitt geradezu heilig ausgekostet wird. Auch erscheint die Wahl des Dirigenten für diese Fassung, die sich in ihrer Instrumentation erheblich von der ursprünglichen und der Haas-Fassung unterscheidet und auf viele schönen Badestellen (Booklet-Text) verzichtet, sinnvoll. Aber ein ständiges Spüren des Pulses, eine überzeugende Relation von Tempi sowohl im Großen wie im Kleinen, wie man sie beispielsweise bei Barenboims Interpretation des Werkes mit dem selben Orchester hört, vermisst man hier. Diese Aufnahme wirkt dadurch etwas spröde, dem Zuhörer fällt es vermutlich nicht leicht, die musikalischen Blöcke in der Komposition - typisch für Bruckners Kompositionsstil - die oft abrupt abbrechen (was gelegentlich mit dem Wechsel eines Orgelregisters verglichen wird, da Bruckner ja als Organist in St. Florian tätig war), in ihrem Gesamtkontext zu verstehen. Harnoncourt gestaltet dieses Ende als triumphalen Abschluss was den Zuhörer im Konzert beeindruckt haben mag (der Rezensent war bei der Aufführung vor Ort). Es fehlt aber eine überzeugende thematische Zusammenfassung all dessen, was vorausgegangen war. Dies - so kennzeichnend für das sinfonische Schaffen Bruckners - wird hier leider nicht deutlich. Welcher Eindruck bleibt ? Von Kilian Vollmer |
Anton Bruckner: 8. Symphonie c-Moll (Edition Nowak) Berliner Philharmoniker Ltg.: Nikolaus Harnoncourt Live Recording (April 2000, Philharmonie Berlin) Teldec 8573-81037-2 |
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