Online CDs
Klassik
Homepage  zur&uumlck  e-mail  Impressum



Uri Caine adaptiert Robert Schumanns Dichterliebe:
Love Fugue



Sphärische Streicherklänge. Vom Klavier die ersten Töne der Dichterliebe.Eine Frau stöhnt leise. Ein Mann summt einen Ton. Dann, in englischer Sprache, zögernd die ersten gesungenen Töne, fast staunend. Romantik total: Für Puristen ist wohl schon nach Sekunden die Grenze zum Kitsch überschritten. Aus weniger streng werktreuer Sicht mag das Urteil anders ausfallen: Hier verdichtet sich Romantik und schafft sich ihre ganz eigene Aura. Die Musik Schumanns und der Text Heines (der in der englischen Übersetzung stark verändert ist, aber seinen poetischen Gehalt bewahren kann) werden überhöht, soweit es geht: Romantik hoch drei.

"Im wunderschönen Monat Mai" respektive "In Fall and Summer we were young" bilden quasi das Vorspiel, denn nach diesem ersten Lied des Zyklus' setzt das Ensemble La Gaia Scienza mit dem ersten Satz aus Schumanns Es-Dur-Klavierquartett, einem Juwel der Kammermusik, ein, und das behauptet sich in dieser etwas ungewöhnlichen Umgebung gar nicht so schlecht. La Gaia Scienza überzeugt mit einer soliden, ausgewogenen Interpretation, die durch die Verwendung eines Pianoforte von 1850 an Stelle des gewohnten Konzertflügels an klanglicher Schärfe gewinnt und dadurch eine eigene Charakteristik gewinnt, aber in den gewohnten Bahnen - sprich: unverfremdet - bleibt. Lediglich sind die vier Sätze auseinander gerissen, unterbrechen die Dichterliebe an verschiedenen Stelen und bilden dadurch willkommene Ruhepunkte in dem ansonsten doch recht frechen Treiben.

In Uri Caines Adaption des Liederzyklus' überlagern sich die verschiedenen Schichten permanent: Immer wieder werden parallel zu den Liedern Texte rezitiert, elegische Gedichte von Sulamith Wechter Caine, japanische Lyrik (leider unverständlich, da das Booklet hier nicht weiter hilft) von Naoko Takahashi, oder (in Nr. 6 "Im Rhein, im heiligen Strome", aber auch an anderen Stellen) ein von David Moss virtuos in rüpelhafter Manier gegrölter wilder Kontrapunkt. Manches ist mehr oder weniger stark verjazzt oder bildet die Basis für Jazz-Improvisationen. Sänger Mark Ledford hat die passende Stimme für solche Experimente, liedhaft genug für Schumann und jazzig genug für die Zutaten von Uri Caine. "Ich will meine Seele tauchen", das fünfte der Lieder, transvestiert er geradezu exemplarisch aus der Welt von Posthörnern, Wald und blauen Blumen in verrauchtes Bar-Ambiente. Schumann 2000? Eher Schumann 1970, denn die Hippie-Generation scheint deutlich näher als die Techno-Kids unserer Tage.

Der Titel der CD "Love Fugue" ist auch gleichzeitig Titel eines von schwülem Liebesverlangen in exotischen Gefilden erzählenden Gedichts von Sulamith Wechter Caine, die es selbst zu "Hört ich ein Liedchen klingen" rezitiert. Die Gefahr übergroßen Sentiments wird aber flugs gebannt durch das nachfolgende quicklebendige Arrangement von "Ein Jüngling liebt ein Mädchen". Mit viel Geschick manövriert sich der Arrangeur und sein Ensemble durch die Klippen, die einem solchen Experiment naturgemäß drohen.

Uri Caines Adaption der Dichterliebe ist besonders an den Stellen gelungen, wo er sich mutig vom Original-Schumann entfernt. Aber selbst wo die E-Gitarre jault, trifft das durchaus den Charakter der Musik. Schumann wird nicht völlig umgekrempelt, sondern mit frecher Unbefangenheit interpretiert. Das ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber die im hübschen Pappschuber (keine Ironie!) ausgelieferte Scheibe bildet eine willkommene Abwechslung für Grenzgänger - oder könnte manchen Hörer, der sich bisher rein aufs klassische oder poppige Metier beschränkt hat, dazu manchen.



Von Stefan Schmöe









Love Fugue


Robert Schumann:
Dichterliebe op.48
adaptiert von Uri Caine

mit Gedichten von
Shulamith Wechter Caine
und Naoko Takahashi

Uri Caine Ensemble
Uiri Caine, piano
David Gilmore, guitar
Mark Ledford, vocals
David Moss, vocals
Shulamith Wechter Caine, Sprecherin
Julie Patton, Sprecherin
Mariko Takahashi, Sprecherin

Klavierquartett Es-Dur op. 47
Ensemble La Gaia Scienza

Aufnahmen: März - Dezember 1999

Winter & Winter New Edition
910 049-2
bei
www.edelcontraire.de


Da capo al Fine

Homepage Musiktheater-Startseite E-mail Impressum

©2000 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -