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Giacomo Puccini
La Bohème Renata Tebaldis Mimì aus NeapelVon Thomas Tillmann
Renata Tebaldi ist für mich mit ihrem vollen lyrischen Sopran, der zu Beginn der Karriere keine Begrenzung in der Höhe kennt und vor allem auch genug Kraft und Resonanz in der Mittellage und der Tiefe hat, eine Idealbesetzung für die Mimì, von der ambitionierte Soubretten besser die Finger lassen. Die Stimme ist im Januar 1951 von berückender tonlicher Schönheit, ohne dass dies ihr einziges Charakteristikum wäre (ich habe nie verstanden, warum man der Künstlerin immer nur schönes Singen unterstellt und Expressivität abgesprochen hat!). Der Applaus nach der ersten Arie nimmt jedenfalls kein Ende und in Verbindung mit Bis-Rufen geradezu tumultartige Ausmaße an (gleiches passiert auch nach "Donde lieta uscì"), und als Schaunard und Colline weiter machen, versucht ein Teil des Publikums noch einmal mit lautstark artikulierten Wiederholungswünschen die Vorstellung zum Stillstand zu bringen. Giacomo Lauri Volpi, dessen Rodolfo bei aller Bewunderung doch einer anderen Generation angehört und die lange Karriere im schwereren Fach anzuhören ist, rächt sich am Ende des ersten Aktes mit einem länger gehaltenen Schlusston, wie er überhaupt Forti und Fermaten mehr liebt als Piano, wenngleich der Künstler sich häufig darum bemüht und auch den vom Komponisten mit "dolce" überschriebenen Stellen gerecht zu werden sucht. Der wie stets expressive, viel aus dem Text machende und hier im Vollbesitz seiner vokalen Kräfte sich befindende Tito Gobbi beweist, dass die heute übliche Besetzung des Marcello mit einem lyrischen Bariton nicht zwingend ist. Elda Ribetti ist seine solide, aber nicht überragende Musetta, Giulio Neri ein sehr präsenter Colline mit prächtigem, vollmundigen Bass (die Mantelarie indes habe ich schon berührender gehört), Fachkollege Saturno Meletti ein engagierter Schaunard mit weniger beeindruckendem Material, und auch die Comprimari und der Souffleur leisten gute Arbeit. Das Orchester des Teatro San Carlo überzeugt unter Gabriele Santinis routinierter Stabführung sowohl in den ausgelassenen wie in den berührenden Szenen. Schließlich freut man sich über die Bonus-Tracks, die neben der Arie der Butterfly aus dem 2. Akt (die Gesamtaufnahme dieser Oper mit der Tebaldi und Bergonzi gehört zu den ersten Operneindrücken des Rezensenten, und bis heute höre ich die Italienerin vor meinem inneren Ohr, wenn ich an Madama Butterfly denke!) und derjenigen der Manon Lescaut aus dem 4. Akt auch das Duett derselben mit Des Grieux sowie noch einmal Mimìs Auftritt bringen. Giuseppe di Stefano ist bei dem Konzertmitschnitt aus Rom vom 29. November 1954, bei dem Alberto Paoletti am Pult der Orchestra Sinfonica di Roma della RAI stand (er dirigiert auch den anderen in Karsten Steigers Nachschlagewerk ausgewiesenen Bohème-Mitschnitt des Jahres 1951 mit Lauri Volpi, bei dem die mir unbekannte Frances Schimenti das eiskalte Händchen hat) ein eher seltener Partner. Überflüssig ist in dieser Form der Booklet-Artikel von Alessandro Trovato (nur in italienischer und englischer Sprache), denn wer historische Aufnahmen aus dieser Zeit kauft, der weiß in der Regel über die Entstehungsgeschichte eines Repertoirerenners Bescheid (und wird sich auch an der trotz digitaler Aufarbeitung schwachen Tonqualität nicht übermäßig stören). Lieber hätte man erfahren, warum denn diese Aufführung vom 10. Januar 1951 "which marked the definitive consecration of one of the future protagonists of the international operatic scene" so bedeutend und berühmt ist und warum denn nun gerade Ausschnitte eines Konzerts vom 29. November 1954 aus Rom angehängt sind. Renata Tebaldi, die am 19. Dezember 2004 gestorben ist, war bereits 1946 von Toscanini an die Mailänder Scala engagiert worden und war 1951 sowohl in ihrer Heimat als auch außerhalb Italiens schon eine bekannte Größe, zumal im Jahr zuvor die berühmte Decca-Studioaufnahme der Bohème aus Rom mit Giacinto Prandelli und Hilde Güden unter Eredes Leitung erschien (1958 stand sie noch einmal für diese Firma als Mimì vor dem Mikrophon, diesmal neben Carlo Bergonzi, Gianna d'Angelo und Ettore Bastianini und mit Tullio Serafin als Dirigenten desselben römischen Orchesters; daneben existiert noch ein Mitschnitt von der Met aus dem Jahre 1965, bei dem Franco Corelli den Rodolfo schmettert und Anneliese Rothenberger sich kokett gibt, während Fausto Cleva dirigiert, und Corelli ist auch 1969 der Partner in Philadelphia, Anton Guadagno der Dirigent). Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Giacomo Puccini La Bohème
Renata Tebaldi - Mimì
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