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Fidelio
Oper in zwei Akten von Ludwig van Beethoven (Notentext nach der kritischen Neuausgabe)
Die für den Komponisten schmerzliche Entstehungsgeschichte seiner einzigen Oper ist bekannt - erst spät in seinem Leben konnte Beethoven mit Fidelio so etwas wie Erfolg feiern. Dann freilich wurde das Werk als Apotheose des Sieges der Freiheit über die Unterdrückung zu einem der meist gespielten der Opernliteratur überhaupt. Zu Lebzeiten Beethovens ist Fidelio nicht in einer verbindlichen Fassung im Druck erschienen, die späteren Aufführungen folgten der Version der ersten Gesamtausgabe (ab 1862). Auch alle nicht wenigen Aufnahmen auf Tonträgern basierten auf dieser, nie kritisch revidierten Notenausgabe. Erst auf Anregung von Simon Rattle wurde eine historisch authentische, am originalen Notentext orientierte Neufassung durch das Bonner Beethoven - Archiv im Rahmen der neuen Bärenreiter - Ausgabe hergestellt. An dieser orientiert sich die vorliegende Neuaufnahme.
Einen neuen Fidelio bekommt man also zu hören. Und in der Tat: der musikalische Text birgt überraschende Wendungen, die so bisher ungehört waren. Und Rattles Zugang stellt die nunmehr von der Patina der Tradition gereinigte Musik in einer stark gestischen musikalischen Rhetorik in das helle Licht moderner Beethoveninterpretation. Dynamische Kontraste werden deutlich herausgestellt, Nebenstimmen erhalten Gewicht und konterkarieren der Gesangstext, lyrisches Innehalten und fast atemloses Vorpreschen stehen sich gegenüber: Alles aber steht im Dienste der dramaturgischen Wahrheit. Die Berliner Philharmoniker folgen diesen Intentionen des Dirigenten auf beeindruckende Weise.
Die Aufnahme ist die Dokumentation der konzertanten Aufführungen der Oper in der Berliner Philharmonie, die einer szenischen Produktion bei den Salzburger Osterfestspielen 2003 folgten. Die Solisten tragen die Erfahrungen der Bühne durchaus in diese Aufnahme herein, ein theatralischer Impetus ist hörbar und kommt der musikalischen Seite auch im Konzert deutlich zugute. Einzig die ohnehin schon hölzernen Dialoge, auf die in Salzburg verzichtet worden war, wirken hier doppelt steif und ohne Leben.
Angela Denoke ist auf der Bühne eine beeindruckende Sängerdarstellerin. Ihre großen Stärken hat sie, wo sie unschuldig leidende Frauen ( Wozzek - Marie, Katja Kabanova, Jenufa oder Sieglinde) gestaltet. So ist sie auch in dieser Aufnahme am besten in den lyrischen Passagen des Zweifels, der Hoffnung oder des Mitleids ("Da, nimm das Brot..."). Wenn heldische Aufschwünge von ihr verlangt werden, stößt ihre Stimme doch deutlich an Grenzen ("Töt erst sein Weib..."). Andererseits verleiht vielleicht gerade dieser Widerspruch dieser Figur erst Glaubwürdigkeit. Idealistisches Heldentum ist heute eben eine rare Sache...
So ist diese Neuaufnahme sehr interessant im Hinblick auf Dirigent und Orchester. Ein Sängerfest ist sie dagegen nicht. Vielleicht kann man sie am ehesten als Ergänzung zu den großen älteren Aufnahmen verstehen (mein Favorit ist die unter Klemperer). Überflüssig ist sie jedenfalls nicht.
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Ludwig van Beethoven Fidelio
Oper in zwei Aufzügen |