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Giuseppe Verdi
La Traviata


Julia Varadys großartige Violetta aus Berlin

Von Thomas Tillmann


Im Zentrum der Aufmerksamkeit der Berliner Traviata vom 30. April 1984 steht zweifellos die großartige Julia Varady, die wie so viele andere bedeutende Interpretinnen (ich hörte zuletzt den Met-Mitschnitt der Verdi-Oper mit der ebenfalls wunderbaren Anna Tomowa-Sintow) diese so oft unterbesetzte Rolle nie hat im Studio aufnehmen können. Sie hat einen klangvollen, nicht zu großen, aber eben tragfähigen, sofort präsenten Sopran, der auch entschlossene Momente zulässt, sie kommt in der Mittellage und der Tiefe nicht in Verlegenheit, sie muss sich nicht auf äußerliche, außermusikalische Effekte und Effekthascherei einlassen, sondern hat ein schier unbegrenztes Spektrum an Farben und Nuancen zur Verfügung, um die großherzige Kurtisane zu portraitieren, sie hat die Musikalität und interpretatorische Intelligenz, um etwa die große, mit einem Es in alto abgeschlossene Szene des ersten Aktes gleichsam architektonisch aufzubauen, immense Spannung zu erzeugen und eine wirkliche Dramaturgie der Dynamik und der Koloraturen zu kreieren, die nachzuvollziehen Pflicht für jeden Gesangsstudenten sein müsste. Mir gefällt auch, dass sie das „Amami, Alfredo“ sehr dezent und in flottem Tempo singt und nicht der Rührseligkeit preisgibt, was auch für „Addio del passato“ und die in dieser Hinsicht gefährliche Schlussszene gilt. Und auch das ist bemerkenswert: Bei jedem weiteren Hören fallen einem weitere Nuancen auf, man wird ihre Violetta, ihr Singen im Allgemeinen nie leid. In Franco Tagliavini hatte sie einen starken, männlichen, ernsten Partner an ihrer Seite, den heute nicht mehr viele kennen, der aber hier mit seinem eher dunkel getönten, sehr kultiviert geführten, große Leidenschaft und starke Emotionen ausdrückenden, vollmundigen Tenor einen viel besseren Eindruck macht als prominentere Kollegen aus der Tenorino-Liga. Und auch Leo Nucci ist ein erster Interpret für den Vater, besonders seine Legatoqualitäten, die Schönheit des Timbres und die große Autorität seines Singens rechtfertigen den großen Applaus nicht nur nach der ohne jede Weinerlichkeit und Anbiederei interpretierten Arie und dem souverän bewältigten Schluss der Szene. Eine verlässliche Größe waren in diesen Jahren meistens nicht nur die kompetenten Comprimari, sondern auch Chor und Orchester der Deutschen Oper, an diesem Abend sind sie mehr, was nicht zuletzt an dem temperamentvollen, dennoch stets konzentrierten und sensiblen Dirigat von Jesus Lopez-Cobos liegt. Und natürlich freut man sich auch über die Bonus Tracks, die vermutlich aus derselben Quelle stammen: Da ist zum einen die Szene der Desdemona aus Verdis Otello, eine weitere wichtige Partie der Varady, an die der Verfasser sich auch aus selbst besuchten Vorstellungen voller Dankbarkeit und mit feuchtem Auge erinnert, sodann Donna Annas Rondo und Donna Elviras „In quali eccessi – Mi tradì quell'alma ingrata“, die die Künstlerin als exzellente Mozartinterpretin ausweisen, wobei noch einmal hervorgehoben werden muss, mit welcher Intelligenz sie Koloraturen als expressive Ausdrucksmomente versteht und wie beseelt diese Musik klingt, wenn sie zwar mit schlankem, aber farbigem Ton gesungen wird (PO-1042). Kaufen!


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Cover

Giuseppe Verdi
La Traviata


Julia Varady - Violetta Valéry
Franco Tagliavini - Alfredo Germont
Leo Nucci - Giorgio Germont
Tomislav Neralic - Barone Douphol
Klaus Lang - Marchese d'Obigny
Ivan Sardi - Dottore Grenvil
Ruthild Engert - Flora
Maria José Brill - Annina
Loren Driscoll - Giuseppe


Orchester und Chor der Deutschen Oper Berlin
Dirigent: Jesus Lopez-Cobos

Aufnahme: Berlin, 30. April 1984


Bonus-Tracks:
Julia Varady in Verdis Otello
und Mozarts Don Giovanni

Ponto PO-1042 (2 CD)




Da capo al Fine

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