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Richard Wagner:
Tristan und Isolde (Highlights)


Polaskis problematische Isolde

Von Thomas Tillmann


Nein, ich werde nicht glücklich mit Deborah Polaskis Isolde, die sie zum ersten Mal 1983 in Freiburg und danach in Amsterdam sang, bevor sie sich bis 1995 Zeit ließ, als sie sich für eine Neuproduktion in Dresden erneut mit Wagners Heroine beschäftigte und danach auch in Salzburg, Florenz, Tokio, Berlin, Wien und nicht zuletzt in Barcelona mit Bertrand de Billy interpretierte, dem Dirigenten dieser entweder im Dezember 2003 oder im Februar 2004 entstandenen Highlights (im Booklet werden zwei verschiedene Einspielungsdaten genannt!). Zwar freut man sich über manche gestalterische Nuance (die man freilich von einer erfahrenen Interpretin wohl auch erwarten darf) und einige schöne Pianotöne besonders in der Erzählung des ersten Aktes, aber die längste Zeit ist man mit einem mächtigen, ausladenden und qualligen Sopran mit eben solchem Vibrato oder auch Flackern konfrontiert, das man besonders im Forte erst einmal überhören muss - in manchen Passagen schwingt die Stimme so weit aus, dass die Vokallinie nicht unerheblich gestört wird und man ängstlich im Klavierauszug nachschaut, ob Wagner nicht vielleicht doch Triller vorgesehen hatte, ohne dass man es bisher bemerkt hätte. Dazu kommen jede Menge schriller, gepresster Töne, Menschen mit absolutem Gehör würden vermutlich auch bemerken, dass die Amerikanerin mitunter ein bisschen zu tief singt, und auch die Textverständlichkeit ist nicht die allerbeste. Bookletautor Michael Lewin sieht das natürlich ganz anders und bescheinigt Frau Polaski vollmundig, aber meines Erachtens zu Unrecht "eine ideale Einheit von Darstellung und Gesang" und bezeichnet sie als Künstlerin, "die an Ehrlichkeit, Ausstrahlung und Faszination bald Vorbild für nachfolgende Generationen wurde und kraft ihrer Persönlichkeit und Kunst neue Facetten und unverwechselbare Interpretationen den altbekannten Figuren abgewinnt, wie es nur den ganz großen Interpreten der Operngeschichte gelingt". Vieles vom Letztgenannten mag zutreffen, wenn man die Sopranistin, die nach ihrem Debüt als Senta in Gelsenkirchen und nach diversen Engagements an kleineren und mittleren deutschen Häusern 1988 ihren Durchbruch als - damals durchaus kontrovers aufgenommene - Brünnhilde in Harry Kupfers Ring-Inszenierung in Bayreuth hatte, auf der Bühne oder in Bild-Ton-Dokumenten erlebt - auf das rein Akustische reduziert überwiegen die Schwächen vor den Stärken.

Mit Heidi Brunner hat man eine Brangäne engagiert, die heller klingt als ihre Herrin, was ja keine schlechte Lösung ist (sympathisch, dass nicht direkt nach Isoldes Fluch ausgeblendet wird, sondern die Kollegin Zeit hat, sich in der Passage danach ebenfalls zu profilieren; sie sang die Partie auch bei Polaskis Hausdebüt als Isolde in Barcelona). So recht traut man diesem schlanken, sopranigen Mezzo die intendierte Hinwendung zu dramatischeren Partien noch nicht zu, wobei als Beispiele auch "nur" Octavian und Komponist genannt werden.

Bertrand de Billy ist seit Herbst 2002 Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Radio-Symphonieorchesters Wien, an dessen Pult er durch eine unpathetisch-flüssige Wiedergabe der drei Vorspiele einnimmt, nicht auf idiosynkratische, möglichst originelle Tempi setzt, die Höhepunkte angemessen herausarbeitet und so eine Menge Spannung entwickelt, die auch den beiden Solistinnen entgegenkommt.


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Cover

Richard Wagner:
Tristan und Isolde
(Highlights)


Deborah Polaski - Isolde
Heidi Brunner - Brangäne

Radio-Symphonieorchester Wien
Dirigent: Bertrand de Billy

Aufnahme:
ORF Wien, Dezember 2003
(Alternativangabe: Februar 2004)

OEHMS Classics OC 602









Da capo al Fine

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