Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage CDs
Rock - Pop
Zur OMM-Homepage Rock-Pop-Startseite E-Mail Impressum



Leonard Cohen
old ideas



Intime Monologe voller Melancholie

Von Stefan Schmöe

Der Titel old ideas zeigt es schon ganz richtig an – um musikalische Neuheiten geht es dem inzwischen 77-jährigen Leonard Cohen mit diesem (seinem nunmehr zwölften) Studioalbum nicht. Cohen bleibt sich stilistisch treu, und manches auf diesem Album darf man als Reminiszenz an die guten alten Erfolgszeiten auffassen: So etwa die introvertierte Gitarrenbegleitung in Crazy to love you, von Cohen selbst gespielt, die nicht unironischen Sythesizer-Arrangements, die den 70er-Jahre-Sound jaulender Hammond-Orgeln heraufbeschwören oder die famosen Background-Vocals von Sharon Robinson und den Webb Sisters. Alles wieder da, möchte man meinen, und doch hat Cohen eine raffinierte Mischung zwischen doppelbödigem Selbstzitat und abgeklärter Souveränität gefunden. Der spezifische Cohen-Sound wird nicht einfach wiederaufgewärmt, sondern in eine sehr gelassene, vom Tonfall des Blues grundierte Form gegossen. Ein bisschen (na ja: ziemlich viel) Nostalgie ist natürlich dabei und bei seinen Fans sicher auch erwünscht. Aber in der Summe präsentieren sich diese "alten Ideen" durchaus frisch.

Natürlich setzt Cohen ganz auf seine charismatische Stimme, die ja ohnehin nie sehr weit über den Sprechgesang hinaus ging ; Alterungserscheinungen spielen da keine Rolle, im Gegenteil: Eine gehörige Portion an Altersweisheit wird allein schon über den Klang transportiert. In ihrem charakteristischen rauchigen Bass-Timbre kann sie von überwältigender Zärtlichkeit sein. Nicht nur dadurch ist das Album von einer durchgehenden Melancholie unterlegt; auch der fast durchweg sehr gemäßigte Pulsschlag der Musik gibt der Musik etwas fast Elegisches. Und so vielfältig die Instrumentation auch ist, so klar stellt sie den Sänger ins Zentrum. Es ist ein sehr intimes Album geworden.

In den Texten, allesamt von ihm selbst verfasst, beschäftigt sich Cohen oft mit der eigenen Person, oder genauer: mit der eigenen Rolle,. dem Bild, das er in seiner Karriere von sich aufgebaut hat. „I love to speak with Leonard / He's a sportsman and a shepherd“, so beginnt die CD. Cohen als der „(gute) Hirte“? Natürlich liegt die pseudoreligiöse Assoziation nahe, mit der Cohen seit je gerne gespielt hat - „Jesus was a sailor“, hieß es 1965 in „Suzanne“, dem Song, mit dem er populär wurde. Ein Titel wie „Amen“ verweist unmittelbar auf das oft gecoverte „Hallelujah“ (1984). Das darf man wohl nicht nur als Fortsetzung, sondern auch als selbstironische Brechung verstehen. Die Cohen-typische Verbindung von Liebe und Spiritualität bestimmt auch in old ideas inhaltlich die Songs. Wenn das Album dann mit different sides („We find ourselves on different lines / Of a line that nobody drew“) verhalten kämpferisch schließt, ist das eher Einsicht in das Unabänderbare als Resignation.

Musikalisch sind die Songs - fünf davon komponiert von Cohen selbst, vier von Patrick Leonard und von einer Anjani Thomas, auf konstant hohem Niveau und halten dem Vergleich auch mit den besseren der früheren Alben Stand. Neben dem Blues prägt vor allem Folk die Musik. Amen, von Cohen komponiert und mit mehr als 7 Minuten der mit Abstand längste Titel, reicht mit seinem verträumt-schleppenden Beats und entrückten Instrumentalsoli an die besten Cohen-Songs heran. Show me the place (Komposition: Patrick Leonard) überrascht durch die starke melodische Prägung, die durch Cohens Sprechgesang natürlich sofort relativiert wird, was dem Stück eine eigentümliche Spannung gibt, Come healing (P. Leonard), das im Gestus an ein Kirchenlied erinnert, hat eine ähnliche Wirkung. Anyhow (ebenfalls P. Leonard) ist ein fast vollständig reduziertes Duett zwischen Cohen und Dana Glover; das bereits erwähnte Crazy to love you (A. Thomas) beschränkt sich sogar gänzlich auf die Akustik-Gitarre als Begleitinstrument. Mit (sanften) Marschklängen beschließt different sides (Cohen) ein bei aller Abwechslung immer stilsicheres Album. So ist old ideas ein durch und durch starkes Stück geworden.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)





Leonard Cohen
old ideas


Track List:

1. Going Home 3:51
2. Amen 7:35
3. Show Me The Place 4:09
4. Darkness 4:29
5. Anyhow 3:08
6. Crazy To Love You 3:05
7. Come Healing 2:52
8. Banjo 3:22
9. Lullaby 4:45
10. Different Sides 4:05

Gesamtspielzeit: 41:27

2011 Columbia 1644770


Weitere Informationen unter:
www.sonymusic.de
www.leonardcohen.com




Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Rock-Pop-Startseite E-Mail Impressum

© 2012 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: cds@omm.de

- Fine -