Herbie Hancock
Future2Future
Ist das wirklich neu?
Von Andreas Höflich
Herbie Hancock hat auf viele Arten die Musik weitergebracht. Schon in der Band von Miles
Davis hat er als ganz junger Spunt das Klavierspiel revolutioniert. Was wäre das Jazz-Piano heute ohne
Herbie? Mit seinen Headhunters hat er versucht, den Funk mit seiner Art des elektronischen Jazz zu
verbinden. Was ihm bravourös gelungen ist. Die Hit-Qualitäten von "Rockit" von 1983 sind da nur
konsequent weitergedacht. Freilich wurde Hancock von der Jazzpolizei dafür geradezu hingerichtet. Schon
1983 hat er mit Bill Laswell zusammengearbeitet. Auch für "Future2Future" sind sie nun wieder
vereint. Mit Namen wie Nils Petter Molvaer, Bugge Wesseltofft und Erik Truffaz ist Laswell wohl einer
derjenigen, die zwischen allen Stühlen sitzen.
Schon der Titel der CD zeigt Richtung und Anspruch an. Dabei lehnt man sich natürlich
weit aus dem Fenster. Diente der Jazz lange Zeit nur als Steinbruch für die elektronische Musik, so will
Hancock - so scheint es - diese Situation umkehren. Mit allerlei Künstlern aus der europäischen
Elektronik-Szene versucht er, den Jazz von der anderen Seite her aufzupeppeln, seine Vision eines Jazz der
Zukunft zu gestalten. Carl Craig, Rob Swift, A Guy Called Gerald oder Karsh Kale steuern ihre Beats oder
Turntable-Eskapaden bei. Nicht von ungefähr ist die elektronische Fraktion nur von europäischen
Protagonisten besetzt. Der Jazz in den USA hat sicherlich sehr traditionelle und konservative Tendenzen.
Wynton Marsalis ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Aber auch in den USA scheint man umzudenken.
Erstaunlich ist ja auch, dass das ehrwürdige Verve Label Künstler wie Medeski, Martin and Wood unter
Vertrag genommen hat, und diese nicht nur in europäischen Gefilden gemessen an Jazz-Standards gute
Verkaufszahlen vorweisen können. Die anderen Mitspieler auf "Future2Future" sind die Recken
aus alten Tagen. Tony Williams, Wayne Shorter - womit fast das ganze Miles Davis Quintett der Mitte 60er
wieder zusammen ist. In den besten Passagen spielen die Jungs dann auch mit einer Klasse auf wie in den erwähnten alten
Tagen. Das Stück "Tony Williams" ist das beste Beispiel für die Innovationsfreude dieser
"alten Männer". Wenn Tony Williams spielt, braucht es keine Break-Beats und Samples aus der
Elektronikkiste, er macht das ganz "altmodisch" alles selbst auf seinem Drum-Set. Beim
Durchhören der CD stellt sich mir immer wieder die Frage, ob das Elektronik-Gefrickel im Hinter- oder
auch Vordergrund überhaupt sein muss. Die Musiker auf dieser CD sind alle so gut, dass sie ihre Version
der Future auch ohne Elektronik realisieren können. Da zeigt sich dem langjährigen Jazz-Fan dann
doch, dass (Achtung, eine nicht gern gehörte These) eine "richtige" Ausbildung an einem
Instrument (gemeint sind hier Instrumente in altmodischen Sinn) die ganze Elektronik-Chose überflüssig
macht. Reicht es wirklich, möglichst abgehackte Beats und Turntable-Einsätze als Hintergrund zu nehmen und
dann möglichst coole und relaxte Jazzlines drüber zu spielen? Somit ist "Future2Future" sicher nur
eine Facette im Schaffen eines Herbie Hancock, ob es der einzige Weg ist, der in die Zukunft führt, ist
fraglich. Die oft eingewendete Kritik, dass habe man irgendwo schon mal gehört und zwar besser, greift hier
nur bedingt. Natürlich hat man sich allein schon durch den Titel eine hohes Ziel gesetzt und macht sich
dadurch angreifbar. Aber was die Fähigkeit angeht, solistisch oder auch in der gesamten Anlage eines Songs
an einen Take heranzugehen, so muss auch ein Nils Petter Molvaer noch einiges lernen. Hancock kann da schon
auf eine bedeutende Karriere und einen Erfahrungsschatz zurückblicken. Er war eben ganz oft schon viel
früher dort, wo viele andere jetzt wieder hin wollen.
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(Veröffentlichung vorbehalten)
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Herbie Hancock: "Future2Future"
©2001 Columbia
COL 505211 2
produced by Bill Laswell and Herbie Hancock
Herbie Hancock: Keyboards
with collective personnel:
Jack DeJohnette: Drums
Wayne Shorter: Saxes
Bill Laswell: Bass
Chaka Khan: Vocals
Carl Craig: Beats, Programming
Karsh Kale: Drums, Beats
A Guy Called Gerald: Beats, Programming
Track Listing:
1. |
Hebero Part 1
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2. |
Wisdom
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3. |
The Essence
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4. |
This is Rob Swift
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5. |
Black Gravity
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6. |
Tony Williams
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7. |
Be Still
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8. |
Ionosphere
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9. |
Hebero Part 2
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10. |
Alphabeta
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11. |
Virtual Hornets
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