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James Emery
Luminous Cycles



Schwere und doch leichte Musik

Das Kultursponsoring wird ja zunehmend auch von Firmen entdeckt, so heißt es jedenfalls immer. Man merkt es aber nur in den Mainstream-Sparten, die großes Renommee versprechen, und Spartenmusik, die von Firmen gesponsort wird, ist dann doch verdammt selten. Umso höher ist der "Deutsche Structured Finance" anzurechnen, dass sie praktisch neben dem Kerngeschäft ein eigenes kleines Avantgarde Jazz Label unterhält. "between the lines" heißt dieses und besteht seit etwa 1½ Jahren. Seit der ersten Veröffentlichung hat es schon viele Lorbeeren geerntet. Von Programm, Aufnahmequalität und künstlerischer Gestaltung her wurde es schon oft mit ECM verglichen, und dieser Vergleich ist vollauf gerechtfertigt.

Mit "Luminous Cycles", des James Emery Sextetts, der Nummer 15 der Veröffentlichungen, ist man keinen Schritt vom eingeschlagenen Weg abgewichen. Gitarrist James Emery (Mitbegründer des STRING TRIO OF NEW YORK) entwirft auf dieser Platte einen eigenen Mikrokosmos des akustischen Jazz. Und da gehört einiges dazu. In Zeiten, in denen E- oder wenigstens halbakustisch spielende Gitarristen das Feld des Jazz besetzen, scheint es wie ein Anachronismus, wenn sich ein Musiker der rein akustischen Gitarre zuwendet. Mit seinen Stücken, seinem Spiel und der Verwobenheit der Interaktion in einer kammermusikalischen Kollektiv-Improvisation setzt Emery Akzente im Feld der Jazz-Avantgarde. In seinem Sextett besticht vor allem die eigenwillige Klangfärbung der Stücke, die durch den Kontrast der Bläser, dem Marimbaphon und eben Emerys ausdrucksstarkes Gitarrenspiel entsteht. Emerys Kompositionen sind dabei höchst schwierige Kompositionen, die die Akteure an den Rand ihrer Fähigkeiten und Virtuosität drängen. Die Klasse der Platte macht aber aus, dass man von dieser Schwere nichts hört. Die extremen Lautstärkeunterschiede der Instrumente machen nur einen der vielen Reize dieser Einspielung aus. Zusammengehalten werden diese disparaten Klangflächen von Gerry Hemingway (Drums), Drew Gress (Bass) und Emery, die oft einen Rhythmusteppich bereiten, auf dem die Musik sich in Frage- und Antwortspielen solistisch bewegt. Überhaupt ist der Rhythmus bei aller solistischen Brillanz ein entscheidender Faktor. Die rhythmischen Figuren stehen den melodischen Parts als Fundament bei, wodurch sich eine Fülle neuer Klangbilder ergeben. Dabei zeigt sich auch die Fähigkeit Emerys, genau auf ihm bekannte Musiker abgestimmte Musik zu schreiben. Für ihn ist es wichtig, die Musiker zu kennen, für die er komponiert, und so schreibt er laut eigener Aussage nicht für Altsaxophon, sondern für Marty Ehrlich.

Schon der Opener de Platte "Luminous Cycles", besticht durch seinen erdigen Groove mit Marimba, Bass und Schlagzeug, auf dem sich die Musiker schon bei der Vorstellung des Themas frei bewegen können. Das wohl konventionellste (wenn man das überhaupt so sagen kann) Stück der CD "Beyond Words", besticht durch seine Anklänge an moderne Jazz-Balladen ebenso wie durch das pointilierte Klarinetten-Spiel Chris Speeds, das genauso an Walzer und Klezmer erinnert. Dabei bleibt Emery dezent im Hintergrund und spielt schönes Comping. In "En Rapport" weist dagegen Drew Gress' markantes Bassspiel durch ein Labyrinth von verspielten und gebrochenen Melodielinien. Das letzte Stück zeigt denn auch noch einmal die Klasse des Gitarristen und die Liebe zu Musikern, die sich die Seele aus dem Leib spielen. Mit Freude interpretiert und verformt Emery hier die Helden seiner Jugend. Das waren vor allem Bluesgitarristen, die Emery abstrahiert, bis sie wie Charles Mingus' Blues-Themen klingen, und bindet sie dann doch in seine eigene Kompositionsart ein. Emerys Erlernen der Congas findet dabei auch noch Eingang in die Musik. Die Blues- und Mingus-Studie wird von einem kubanisch-amerikanischen Groove untermalt, den die Rhythmus Gruppe bis in ihre Einzelteile zerlegt und für ihre Zwecke neu zusammensetzt.

Dies ist nun nicht gerade die Musik für den klassischen Jazz-Fan oder die überall wachende Jazz-Polizei, zu eingängig schimmern die Melodien aus den Improvisationen heraus. Für den Klassik-Fan natürlich auch keine leichten Häppchen. Man muss offene Ohren haben, um die Musik James Emerys zu hören und auch die Feinheiten und Wohlklänge (welch schlimmes Wort) zu erkennen. Im Grenzbereich zwischen Klassik und Jazz ist seine CD auf jeden Fall eine der besten, die seit langem veröffentlicht wurde. Man kann Emery nur wünschen, dass viele die offenen Ohren haben, um neben der Virtuosität auch die Verbindlichkeit und den Appeal seiner Musik zu hören.





Von Andreas Höflich








James Emery: "Luminous Cycles"


Label: between the lines 015
©2000 between the lines/EFA
Order per mail: between the lines

All compositions by James Emery (Jamem Pub. Co., ASCAP)
Recorded at Hazelwood Studio, Frankfurt am Main, 27-28 October 2000
Artistic Director: Franz Kogleman

James Emery Sextet:
James Emery: acoustic guitar
Marty Ehrlich: alto saxophone (2,3,7), soprano saxophone (8), clarinet (1 left-channel,6), flute (5)
Chris Speed: tenor saxophone (2,7,6), clarinet (1 right-channel,5,3,6,8)
Drew Gress: bass
Gerry Hemingway: drums, glockenspiel
Kevin Norton: marimba, vibes, tympani, bowed tam-tam




Track Listing:

1. Luminous Cycles
2. One Red Thread
3. Beyond Words
4. En Rapport
5. Exit To Nowhere
6. Across The Water
7. Cardinal Points
8. Violet Into The Blue



Da capo al Fine

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