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Im Zeichen des Elefanten: Von Wuppertal in die Welt der Improvisation

Mit "free elephant" gründeten Gunda Gottschalk und Dirk Peters ein CD-Label für improvisierte Musik


Von Meike Nordmeyer
Februar 2004


Sein Terminkalender war weit im Voraus vollgeschrieben, zahlreiche Konzerte und Treffen mit Musikern hatte er geplant - als der Jazz-Kontrabassist Peter Kowald im September 2002 während eines Aufenthalts in New York starb, wurde er völlig unerwartet mitten aus einem schaffensreichen Musikerleben gerissen. In seiner Heimatstadt Wuppertal hatte er kurz zuvor noch mit Freunden an einem Projekt gearbeitet: an einem CD-Label für improvisierte Musik. Knapp anderthalb Jahre nach Kowalds Tod findet das ambitionierte Projekt jetzt seine Verwirklichung. Die Geigerin Gunda Gottschalk, die viele Jahre mit Kowald musizierte, und der Tontechniker Dirk Peters haben das Label gegründet und eine Start-Edition von drei hochwertigen CDs vorgelegt. "Freunde und Angehörige von Kowald haben uns zu diesem Schritt ermutigt", sagt Gunda Gottschalk. Es ist natürlich kein einfaches Unterfangen. Den beiden Produzenten ist bewusst, dass es kein breites Publikum für diese Art von Musik gibt. Daher erfordert das Projekt viel Idealismus und Engagement. Immerhin gute Unterstützung gibt es: Gefördert wird die Edition vom Kulturbüro Wuppertal, der Kunststiftung NRW und dem Kultursekretariat NRW. Gottschalk und Peters verhandeln nun bereits mit CD-Vertrieben in mehr als 20 Ländern.

"free elephant" - der Titel des Labels war noch gemeinsam mit Kowald festgelegt worden, so erzählt Gottschalk. Mit dem Namen wollte Kowald, der Musiker mit internationalem Renomee und Kontakten, eine Reverenz an seine Heimat bieten. Der Elefant verweist auf Wuppertal, denn dort sorgte einst ein Dickhäuter für Furore und sein Name ging um die Welt: Die Elefantendame Tuffi war als Zirkusattraktion auf Webefahrt mit der Schwebebahn unterwegs, als es ihr in dem schwankenden Verkehrsmittel mulmig wurde. Mit aller Kraft stemmte sich das Tier gegen die Türen des am Gerüst schaukelnden Wagens, die Türen gaben nach, und nach einem beherzten Sprung landete Tuffi bis auf ein paar Kratzer unverletzt in der Wupper.

Der Regionalbezug ist ein erklärtes Ziel der neuen CD-Edition. "Wir wollen Künstlern in NRW mit diesem Label eine Möglichkeit zur Veröffentlichung geben", sagt Gottschalk. Dabei betrifft die Förderung nicht nur Musiker, die ihre Improvisationen auf Tonträger präsentierten können, sondern auch bildende Künstler, denn auf jeder CD soll das Cover künstlerisch gestaltet sein. Die ersten drei CDs machen es vor mit einer Farbzeichnung von Peter Kowald, einem Aquarell von Sigrid Tanghe und einem expressivem Werk von Andreas Junge. Sorgsam durchgestaltet präsentieren sich die CDs sehr gelungen als kleine Gesamtkunstwerke.

Wichtig beim Projekt "free elephant" ist aber ebenso der internationale Bezug. Die Kontakte zu Musikern aus aller Welt, die Kowald auf seinen vielen Reisen knüpfte, sollen fortgeführt werden. Kowalds Musikerkollegen, die Partner seiner Improvisations-Konzerte, sollen mit der Edition ein Forum, eine Heimat finden. So startet die CD-Reihe mit dem Titel "global village". Kowald verwendete den Begriff "global village" seit den siebziger Jahren als Synonym für "eine flexibel besetzte Gruppe mit einem festen Kern". Aufnahmen aus diesem Work in progress finden sich auf der ersten CD. Da spielt das "global village trio" mit Kowald am Kontrabass, Gottschalk an der Geige und Xu Feng Xia mit dem Instrument Ghuzeng. Hinzu treten jeweils in verschiedenen Stücken weitere Musiker: der japanische DJ Otomo Yoshihide, die koreanische Komungo-Spielerin Jin Hi Kim und die amerikanische Sängerin Pamela Z.

Auf "wassermonde", der zweiten CD von "free elephant", stellt Gunda Gottschalk ihre solistische Arbeit mit Violine und Viola vor. In ihren Improvisationen gestaltet die Geigerin vielfältigste Klangvariationen unter Einsatz von Saiten und Bogen, Holz und Fingern. Die kleinen Stücke ziehen in den Bann, denn sie blühen von gestalterischer Fantasie. Sie entwickeln sich versponnen zart, aber auch impulsiv ausgespielt und sind dabei stets unerhört virtuos. Die dritte CD "deep blue" bietet zwei Kontrabass-Duos, beides Konzertaufnahmen mit Peter Kowald. Der Wuppertaler Bassist musiziert mit William Parker (live im Goethe House, New York im März 2000) und mit Peter Jacquemyn (live auf dem WIM Festival in Antwerpen, August 2001). Bereits in den 70ern spielte Kowald mit dem New Yorker Bassisten William Parker. Damals gehörten sie zu den ersten Musikern, die "schwarzen" amerikanischen Jazz und europäischen Free-Jazz kombinierten. Beim Zusammenspiel mit Jacquemyn trifft Kowald auf die Generation, die er maßgeblich beeinflusst hat. Die CD hält diese die Jazz-Geschichte umspannenden Begegnungen fest und ist dabei nicht nur von dokumentarischen Wert, sondern auch hochspannend anzuhören.

Noch weitere Aufnahmen von Kowald schlummern in den Archiven, die mit der Elefanten-Edition nach und nach zugänglich gemacht werden sollen. Aber freilich geht es nicht nur um die Kowaldiana. Auf neue Begegnungen mit experimentierfreudigen Musikern in Wuppertal, NRW und der Welt freuen sich Gunda Gottschalk und Dirk Peters. Vier CDs im Jahr wollen sie produzieren und sehen ihre Edition dabei als den Ausgangspunkt eines Weges an, auf den sie selbst sehr gespannt sind.



Zu beziehen sind die CDs unter post@free-elephant.de
Weitere Informationen: www.free-elephant.de






Cover


Peter Kowald: global village.
Titelbild: Peter Kowald.
free elephant 001
15 Euro


Cover


Gunda Gottschalk: wassermonde.
Titelbild: Sigrid Tanghe.
free elephant 002
15 Euro


Cover


Peter Kowald, Peter Jacquemyn, William Parker: deep music.
Titelbild: Andreas Junge.
free elephant 003
15 Euro







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