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Kulinarisches Tanztheater

Eine Rezeptur zu Marguerite Donlons Choreographien BeBob und Chocolate (Bittersweet)


Von Angela Mense
Juni 2003


Kein Künstler drückt sich gerne selbst ein Label auf. Er würde sich damit in eine Schublade katapultieren; seine Kunst wäre gewissermaßen tot. Kein Wunder also, dass auch Marguerite Donlon, Ballettdirektorin am Saarbrücker Staatstheater, für unbelehrbare Journalisten, die trotzdem danach fragen, nur einen entsetzten Blick übrig hat. Also suchen diese selbst nach passenden Worten für etwas, das eigentlich gar nicht beschreibbar ist: das Tanztheater. Marguerite Donlon gibt für ihre Kunst nützliche Hinweise: Wenn die gebürtige Irin über ihre Choreographien BeBob und Chocolate (Bittersweet) spricht, die am 6. Juni in der Saarbrücker Feuerwache zur Aufführung kommen, dann fällt oft das Wort "flavour” für Würze, Aroma. Vielleicht ein roter Faden? Ohne jegliches Schubladendenken, versteht sich.

Da ist zum einen Chocolate (Bittersweet), zu dessen Kreation sich Marguerite Donlon spontan entschlossen hatte, als die Choreographin Helena Waldmann im Frühjahr ihr Engagement für den zweiten Teil des Saarbrückener Abends absagte. In ihrem Stück gehe es allerdings nicht nur um den Geschmacks-Sinn, wie Donlon richtig stellt: "Manche Mensche schließen die Augen, wenn sie ein Stück Schokolade in den Mund nehmen. Für einen Moment sind sie nicht mehr von dieser Welt. Um diesen Moment geht es mir in dem Sück.”

In einem dieser Momente bestöhnt beispielsweise das französische Skandal-Duo Serge Gainsbourg und Jane Birkin mit "Je t’aime, moi non plus” die Szenerie. Denn Marguerite Donlon will alles andere als nur die Schokoladenseite des Genussmittels zeigen: "Man kann viel mit Schokolade assoziieren. Mich interessiert, woran man am wenigsten denkt: die dunkle Seite, das Schwarze und Bitter-Süße. Das ist die Herausforderung, die ich suche.” So gibt es in Chocolate (Bittersweet) neben Donlons berühmt pikanter Komik auch agressive Bewegungsmechanismen. Kein Handlungsballett also, sondern Augenblicke und Erinnerungen, assoziativ aneinander gereiht, werden dem Zuschauer zur Uraufführung serviert.

Gleiches Rezept auch bei BeBob, das Donlons im Februar 2002 für die Kompanie des berühmten Nederlands Danse Theater in Den Haag kreierte. Das Thema, das eine Reihe choreographischer Bilder zusammen hält, ist diesmal die Anziehung des Mainstream, der Marken-Kult. Jeder will Bob sein, denn Bob ist ein Star. "Er ist eine Projektionsfläche unserer Wünsche”, erklärt die Choreographin, "aber dieser Bob entzieht sich uns, denn er ist ein Phantom, eine Phantasmagorie, ein Trugbild. Wir können nicht sein wie er. So werden wir zurückgeworfen auf das, was wir sind.”

Die Balletdirektorin kann von Glück sagen, dass jeder ihrer Tänzer/innen so ist, wie er/sie ist. Denn beim Choreographieren entwirft sie kein einheitliches Corps de ballet, sondern spielt mit der persönlichen Ausstrahlung der Tänzer, so z.B. in improvisierten Teilen: "Ich gebe eine Basis-Struktur vor, um die der Tänzer sich beim Improvisieren mit dem je eigenen Ausdruck seines Körpers bewegt. Das bringt dem Ganzen viel Würze."

Auch wenn "BeBob” ursprünglich für eine andere Kompanie bestimmt war, musste Marguerite Donlon für die Saarbrücker Aufführung nicht viel ändern. "Schon beim Choreographieren in Den Haag habe ich an meine Tänzer in Saarbrücken gedacht und ihre Bewegungsschemata gleich miteingebaut." Neu ist das ein oder andere absurde Element, eine Prise Beckett, zu dessen Verehrern sie sich zählt. "In Den Haag hatte ich nur einen kleinen weiblichen Bob. Jetzt gibt es zwei Bobs, die einen wirklich sehr schlechten Witz über einen Fisch erzählen. Der erste redet englisch und sein Zwilling übersetzt es – auf japanisch. Das ist einfach nur absurd.”

Stolz ist Marguerite Donlon auch auf die Zusammenarbeit mit den beiden Komponisten Sam Auinger und Claas Willeke. "Gemeinsam beraten wir, welche Stimmung, welches "Aroma" wir einem Stück geben wollen. Choreographie und elektronische Klangstruktur entstehen quasi gleichzeitig." Dabei kann die Musik – gewissermaßen als Klangtapete – eine ganz bestimmte Atmosphäre schaffen. Manchmal spielt Donlon aber auch mit der rhythmischen Synchronisation zwischen Musik und Tanz. Und nicht zuletzt gewährt sie auch dem Zuschauer, seinen Senf dazu zu geben: "Ich habe eine sehr klare Meinung. Aber meine Aufgabe ist es, dem Publikum davon nur ein paar Hinweise zu geben. Darüber hinaus hat jeder die Freiheit, sich eigene Gedanken zu machen oder die Vorstellung auch einfach nur zu genießen.”


Im Rahmen des Festivals Perspectives nouvelles haben Chocolate (Bittersweet) und BeBop am 6. Juni in der Saarbrücker "Alten Feuerwache" Premiere.


Weitere Informationen:
Saarländisches Staatstheater Saabrücken



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