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Das 1. Deutsche Bläserforum der World Association of Symphonic Bands and Ensembles

vom 27. bis 29.2.2004 im Dortmunder Konzerthaus


Von Markus Bruderreck
März 2004


Blasorchester - dieses Wort weckt Vorstellungen, die oft eher negativ besetzt sind. Wer denkt hier nicht an das etwas spießige Image der Marsch- und Militärmusik oder an Laienmusik auf Dorfkapellen-Niveau. Trotzdem ist die Szene, in der Blasmusik gemacht wird, natürlich äußerst lebendig, nicht nur auf Schützenfesten. Und wenn das Wort "sinfonisch" hinzutritt, verliert dieses Vorurteil oft gänzlich seine Berechtigung. Gerade bei sinfonischer Blasmusik, eine immer noch kaum bekannte Musikrichtung, spürt man nichts mehr von Muff und Spießigkeit. Bis auf den Kontrabass fehlen hier die Streichinstrumente, dafür aber kaum ein Blech- und Holzblasinstrument; das Schlagzeug ist reich besetzt.

Die Szene traf sich am letzten Februarwochenende im Dortmunder Konzerthaus zum "1. Deutschen Bläserforum" der WASBE (World Association of Symphonic Bands and Ensembles), einer organisation, die 1981 im britischen Manchester gegründet wurde. Ein Meisterkurs und ein Workshop standen auf dem Kongress-Programm, in der Vip-Lounge glänzten Hörner, Tuben und Trompeten in einer Ausstellung um die Wette. Mehrere Konzerte bildeten den Mittelpunkt: Das Orchester der Dortmunder Musikschule, Brass & Wind, gab eine Matinee; die Altmeister von German Brass widmeten sich vor allem Johann Sebastian Bach. Und in einer Gala bewies das Musikkorps der Bundeswehr, auf welch hohem Niveau es zu musizieren versteht. Das Ensemble bildet die Spitze der 22 Formationen, die in der Bundeswehr musikalisch aktiv sind. Der Unterhaltungsfaktor des Konzerts war hoch: Symphonische Blasmusik ist effektvoll und extrovertiert, wenn auch meist recht konservativ. Mit der Festmusik der Stadt Wien von Richard Strauss eröffnete Dirigent Oberstleutnant Walter Ratzek das Konzert und übergab dann den Taktstock an Thomas Doss, der seine Komposition Nyx leitete, ein Stück, das mit seiner Nähe zu bunten Filmmusik-Effekten und exotischem Dschungel-Geraune sehr nahe am Kitsch wohnt. Für die Bewältigung von Derek Bourgeois' Posaunenkonzert, einfach strukturiert, aber äußerst wirkungsvoll und virtuos, konnte man Solist Olaf Ott nur bewundern. Und während in der Uraufführung des Abends, Improvisation und Fugato von Marco Pütz, Dmitri Schostakowisch deutlich grüßt, hatte Rolf Rudins ...bis ins Unendliche... kompositorisch wohl das größte Format. Rudins Werk bot atmosphärische Musik mit schillernden Klangfeldern, die auch die Größe hat, den bereitstehenden Orchesterapparat nicht bis ins Letzte auszureizen.

Walter Ratzeck ist nicht nur der 1. Vorsitzende der WASBE, sondern auch der ständige Dirigent des Musikkorps der Bundeswehr. Vielleicht ist er aber auch so etwas wie der Don Quixote der Truppe: Wenn es um Musik für sinfonisches Blasorchester geht, kämpft er unverdrossen gegen die Windmühlen der Klischees, die immer wieder vor ihm aufragen. Mit Blasmusik, sei sie nun symphonisch oder nicht, assoziieren die meisten Menschen eben doch Märsche aus Großvaters Zeiten. "Das hängt uns nach wie vor an. Ich will nicht sagen, dass wir nicht marschieren. Ich will auch nicht sagen, dass wir keine Märsche spielen. Wir spielen auch Märsche, aber nicht zum überwiegenden Teil". Das Musikkorps der Bundeswehr schließlich hat einen Auftrag, der die veränderte Rolle der Streitkräfte in Deutschland spiegelt: Nicht mehr marschieren, sondern vor allem konzertieren steht auf dem Dienstplan.

Die WASBE wurde 1981 im britischen Manchester gegründet und zählt heute fast 2000 Mitglieder in über 50 Staaten der Welt. Blasmusik, und hier natürlich nicht nur die konzertante symphonischen Variante, ist auf der ganzen Welt zu finden. Geht man in exotische Länder, so stößt man dort jedoch immer wieder auf deutsche und europäische Vorbilder. "Es ist so, dass die europäischen Militärorchester die Militärmusik in vielen Ländern geprägt haben", so Walter Ratzeck. "Wie einzelne Sateliten, quasi. So hat zum Beispiel die deutsche Militärmusik die irische mit aufgebaut. Und da sind natürlich die deutschen Muster übertragen worden. Die europäische Kultur hat hier eine ganz große Strahlkraft gehabt.

Auf den großen Kongressen der WASBE, die im Zwei-Jahres-Rhythmus immer wieder in anderen Ländern organisiert und durchgeführt werden, herrscht die größtmögliche Vielfalt an nationalen Blasmusikstilen. Die WASBE, seit 1989 Mitglied der UNESCo, hat sich zum Ziel gesetzt, die Eigenart der Blasmusik jedes Landes zu erhalten. Walter Ratzek war mit seinem Orchester in Sachen symphonischer Blasmusik als musikalischer Botschafter schon oft unterwegs. "Das Musikkorps der Bundeswehr hat letztes Jahr in Schweden teilgenommen. Wir waren eines dieser 16 Orchester und haben quasi die deutsche Kultur präsentiert, auch mit deutschen Komponisten. Und so kann man also auf einer internationalen Konferenz die Kultur aus der ganzen Welt erleben. Jedes Orchester versucht landestypisch etwas Besonderes zu bieten". Zum nächsten Weltkongress reisen die teilnehmenden Ensembles im Jahr 2005 nach Singapur, in ein Land, in dem man Blasmusik erst seit rund 50 Jahren kennt. Die abendländische oder gar deutsche Tradition ist dagegen zwar vergleichsweise reich. Dennoch ist die Literatur für symphonische Blasmusik aber auch hier zu Lande so gut wie unbekannt geblieben.

Nähere Informationen zum Thema hält das Internet komprimiert auf den Seiten www.wasbe.de bereit.







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