Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zum Festspiel-Index E-mail Impressum



Programmbuch 2000 "Alle Jahre wieder"
Eindrücke von den Münchner Opernfestspielen 2000

Text und Fotos von Gerhard Menzel


München 2000: Oper füe alle "Oper für alle" - "Regen für alle", so titulierte Staatsopernintendant Peter Jonas bei den Münchner Opernfestspielen 1999 die beiden Freiluftveranstaltungen, die das - trotz allem - begeisterte Publikum sprichwörtlich im Regen stehen ließen. Auch dieses Jahr sorgte das Wetter wieder für gedämpfte "Sommerfestspielatmosphäre".

Die Münchner Opern-Festspiele, die in diesem Jahr ihren 125. Geburtstag feiern konnten, begannen am 30. Juni 2000 mit der Einführungsmatinee zur Festspielpremiere von Verdis Don Carlo (Premiere: 1.7.1999) und gingen mit einer Aufführung von Wagners Die Meistersinger von Nürnberg am 31. Juli zu Ende. Sie präsentierten in über sechzig Vorstellungen sechzehn Opern, zwei Ballette, zahlreiche Konzerte, Liederabende und andere Veranstaltungen.


Unter dem Motto "Oper für alle" gab es auch dieses Jahr während der Festspiele wieder zwei Veranstaltungen bei freiem Eintritt auf dem Max-Joseph-Platz: eine audiovisuelle Live-Übertragung auf Groß-Videowand aus dem Nationaltheater und ein exklusives Live-Konzert auf der eigens dafür errichteten Bühne vor dem Nationaltheater mit dem Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Zubin Metha. Staatsintendant Peter Jonas bedankte sich auch dieses Jahr wieder herzlichst bei der BMW Niederlassung München, die diese beiden "Volksfest-Veranstaltungen" durch die Bereitstellung der Bühne und der umfangreichenTechnik möglich gemacht hatte und die auch in den kommenden Jahren dafür sorgen will, dass diese "Oper für alle" - Veranstaltungen stattfinden können.
München 2000: Programmbuch 'Don Carlo' Don Carlo im Regen
Die Live-Übertragung aus dem Nationaltheater präsentierte erstmals die Neuinszenierung der Festspiele, deren Premiere gerade einmal vier Tage zuvor stattgefunden hatte: Giuseppe Verdis Don Carlo in der fünfaktigen Fassung in italienischer Sprache. Jürgen Rose, der nicht nur die komplette Ausstattung (Bühne, Lichtgestaltung und Kostüme) schuf, sondern auch die Inszenierung des Werkes übernommen hatte, ließ das Stück, das eine der größten künstlerischen Herausforderungen in der Opernliteratur ist, in einem schwarzen Raum spielen, in das durch zahlreiche (Tür-)Öffnungen nur wenig Licht hineindrang, was für die Übertragung auf die Großleinwand natürlich denkbar ungünstig war. Da auch in diesem Jahr das sommerliche Wetter ausblieb und das Publikum auf dem Max-Joseph-Platz das viereinhalbstündige Werk im Regen erleben musste, blieb die allgemeine Stimmung ziemlich bedeckt, auch wenn die Solisten, die sich nach der Aufführung dem treuen, wettertrotzenden Publikum vor dem Portal des Nationaltheaters zeigten, von diesem stürmisch gefeiert wurden.

München 2000: Die Solisten nach der Aufführung Unter der musikalischen Leitung von Zubin Mehta sangen und spielten Sergej Larin die Titelpartie, Kallen Esperian die Elisabetta di Valois, Dolora Zajick die Prinzessin Eboli, Paolo Gavanelli den Marquis Posa, Paata Burchuladze den Großinquisitor und Roberto Scandiuzzi den König Philipp II. von Spanien.

Die Übertragungstechnik im Theater und auf dem Platz tat wieder ihr möglichstes, die Tonqualität der Musik, die über zwei riesige Lautsprechertürme den Platz erreichte, so gut es ging zu optimieren (akustische Probleme wird es bei solchen Freiluftveranstaltungen halt immer geben). Allein schon die Tatsache aber, dass es diese Veranstaltung gibt, ist nicht hoch genug zu bewerten.



München 2000: Programmbuch 'Faust'

Faust auf der Kirmes
Knallig bunt und mit großen Effekten wartete die Inszenierung des Faust in der Vertonung von Charles Gounod auf (Premiere: 28.2.2000). David Pountney machte aus diesem Schmuckstück der 'Opera comique' eine Art Musical-Parodie. Das Bühnenbild von Stefanos Lazaridis - der übrigens auch das Bühnenbild zur letztjährigen Neuinszenierung des Lohengrin in Bayreuth schuf - siedelte die Schauplätze zwischen Kirmes, Waschsalon und Irrenanstalt an. Die Kostüme von Marie-Jeanne Lecca und die Choreographie von Vivienne Newport sorgten ebenfalls für belebte Abwechslung, die durch die opulente Lichtgestaltung von Davy Cunningham effektvoll in Szene gesetzt wurde.

Gesungen wurde in französischer Sprache (mit deutschen Übertiteln). Die Dialoge allerdings kamen in deutscher Sprache - von Schauspielern gesprochen - aus dem 'Off' (Neubearbeitung von Nicola Raab). Dazu bevölkerten dann Puppen (Puppengestaltung Marie-Jeanne Lecca und Stefan Fichert) als Doubles der Protagonisten die Bühne und komplettierten damit den Eindruck eines "Jahrmarktsbudenspektakels" vollends.

Die musikalische Leitung lag in den Händen von Simone Young. Bei einer so auf den optischen Effekt ausgerichteten Inszenierung hatte sie nun wirklich keinen leichten Stand. Zum Glück konnte sie sich sowohl auf das Bayerische Staatsorchester, sowie auf die von Eduard Asimont bestens vorbereiteten Chöre verlassen, auch wenn der ganze Zauber von Gounods Musik nicht immer zur Geltung kam.

Somit wurde die Aufführung in erster Linie zu einem Sängerfest. Der Faust des Marcelo Alvarez braucht keine Konkurrenz zu scheuen. Eine ebenbürtige, traumhafte Marguerite gestaltete Angela-Maria Blasi. Die größte Wandlung - vom auftrumpfenden Charmeur zum resignierten Greis - hatte John Tomlinson als Méphistophélès zu bewerkstelligen. Einen phantastischen Siebel präsentierte Heidi Brunner, während Rodney Gilfry als Valentin - zumindest an diesem Tag - restlos enttäuschte.

Insgesamt blieb diese Produktion des Faust doch in recht zwiespältiger Erinnerung.



München 2000: Programmbuch 'Elektra'

Die ausgesperrte Elektra
Nicht viel besser war allerdings auch der Eindruck der Elektra. Für die Münchner Neuproduktion von 1997 war Herbert Wernicke sowohl für die Inszenierung, als auch für die Ausstattung (Bühne, Kostüme und Licht) verantwortlich. Dabei setzte er auf eine puristische Archaik ohne dramatische Gefühlsausbrüche: Figuren, die szenisch sehr viel Ruhe - aber das mit sehr viel Spannung - ausstrahlen sollten. Leider ging dieses Konzept - zumindest nach fast drei Jahren (Premiere am 27. Oktober 1997) - nicht mehr auf.

Die Bühne ist optisch einfach und abstrakt. Das ganze Bühnenportal wird von einer schwarzen Platte zugebaut, so dass nur ein paar Meter Spielfläche bis zum Orchestergraben übrigbleiben. Nur ein paar Mal kippt die schwarze "Palastmauer" nach hinten und gibt den Blick frei auf einen gleißenden Lichtraum in unterschiedlichen Farben: auf das Palastinnere, die eigentliche Opernbühne. Auch der rote Hauptvorhang des Nationaltheaters wird in die Ausstattung miteinbezogen: als Mantel des Agamemnon, der zunächst von Klytämnestra zur Machtdemonstration, später dann von Elektra und zuletzt von Orest, als neuem Herrscher getragen wird.

Unter der Leitung von Peter Schneider erklang dieses, durch seine äußerst umfangreiche und farbige Orchesterbesetzung und zu monumentalen Klangeffekten von ungeheurer Wirkung neigende Werk von Richard Strauss, das eines der meistgespielten Opern im Nationaltheater ist, erschreckend flach. Zwar sorgten Gabriele Schnaut in der Titelpartie, Marjana Lipovsek als Klytämnestra, Nadine Secunde als Chrysothemis und Monte Pederson als Orest für den einen und anderen mitreißenden Moment, aber der große dramatische Wurf wurde es trotzdem nicht.





München 2000: Wagnerkonzert'

Ein Wagnerfest der Superlative
Für einen ganz großen, eindrucksvollen Abend sorgte aber das "Oper für alle" - Live-Konzert mit dem Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Zubin Mehta und den Solisten Adrianne Pieczonka (Sopran), Peter Seiffert (Tenor) und Eike Wilm Schulte (Bariton). Brachte Eike Wilm Schulte nach der Tannhäuser-Ouvertüre mit Wolframs "Lied an den Abendstern" schon die Herzen des Publikums zum schmelzen, brachen nach der "Hallenarie" von Adrianne Pieczonka und deren Duett (Elisabeth-Tannhäuser aus dem II. Akt) mit Peter Seiffert beim Publikum alle Dämme. Nach der orchestralen "Pausenmusik" mit der Rienzi-Ouvertüre beglückten Adrianne Pieczonka und Peter Seiffert das Auditorium noch mit Elsas "Traumerzählung" und Lohengrins "Gralserzählung". Die letzten Programmpunkte waren dann noch Siegfrieds Rheinfahrt aus der Götterdämmerung, sowie Walters "Preislied" und das Vorspiel zu Die Meistersinger von Nürnberg, für das Peter Seiffert von Zubin Mehta den Taktstock in die Hand gedrückt bekam. Nachdem Seiffert die ersten Takte tatsächlich mit Bravour meisterte, übergab er den Taktstock wieder an Zubin Mehta. Als Zugaben und Vorausschau auf das Jahr 2002 ließ Peter Seiffert dann noch Siegmunds "Winterstürme" aus der Walküre erblühen, bevor der "Walkürenritt" den äußerst hörenswerten Abend - mit drei der weltbesten (Wagner-)Sänger - endgültig beendete.



Da capo al Fine

Homepage zurück e-mail Impressum

© 2000 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -