Text und Fotos von Gerhard Menzel
Die Münchner Opern-Festspiele, die in diesem Jahr ihren 125. Geburtstag feiern konnten, begannen am 30. Juni 2000 mit der Einführungsmatinee zur Festspielpremiere von Verdis Don Carlo (Premiere: 1.7.1999) und gingen mit einer Aufführung von Wagners Die Meistersinger von Nürnberg am 31. Juli zu Ende. Sie präsentierten in über sechzig Vorstellungen sechzehn Opern, zwei Ballette, zahlreiche Konzerte, Liederabende und andere Veranstaltungen.
Unter der musikalischen Leitung von Zubin Mehta sangen und spielten Sergej Larin die Titelpartie, Kallen Esperian die Elisabetta di Valois, Dolora Zajick die Prinzessin Eboli, Paolo Gavanelli den Marquis Posa, Paata Burchuladze den Großinquisitor und Roberto Scandiuzzi den König Philipp II. von Spanien.
Die Übertragungstechnik im Theater und auf dem Platz tat wieder ihr möglichstes, die Tonqualität der Musik, die über zwei riesige Lautsprechertürme den Platz erreichte, so gut es ging zu optimieren (akustische Probleme wird es bei solchen Freiluftveranstaltungen halt immer geben). Allein schon die Tatsache aber, dass es diese Veranstaltung gibt, ist nicht hoch genug zu bewerten.
Gesungen wurde in französischer Sprache (mit deutschen Übertiteln). Die Dialoge allerdings kamen in deutscher Sprache - von Schauspielern gesprochen - aus dem 'Off' (Neubearbeitung von Nicola Raab). Dazu bevölkerten dann Puppen (Puppengestaltung Marie-Jeanne Lecca und Stefan Fichert) als Doubles der Protagonisten die Bühne und komplettierten damit den Eindruck eines "Jahrmarktsbudenspektakels" vollends.
Die musikalische Leitung lag in den Händen von Simone Young. Bei einer so auf den optischen Effekt ausgerichteten Inszenierung hatte sie nun wirklich keinen leichten Stand. Zum Glück konnte sie sich sowohl auf das Bayerische Staatsorchester, sowie auf die von Eduard Asimont bestens vorbereiteten Chöre verlassen, auch wenn der ganze Zauber von Gounods Musik nicht immer zur Geltung kam.
Somit wurde die Aufführung in erster Linie zu einem Sängerfest. Der Faust des Marcelo Alvarez braucht keine Konkurrenz zu scheuen. Eine ebenbürtige, traumhafte Marguerite gestaltete Angela-Maria Blasi. Die größte Wandlung - vom auftrumpfenden Charmeur zum resignierten Greis - hatte John Tomlinson als Méphistophélès zu bewerkstelligen. Einen phantastischen Siebel präsentierte Heidi Brunner, während Rodney Gilfry als Valentin - zumindest an diesem Tag - restlos enttäuschte.
Insgesamt blieb diese Produktion des Faust doch in recht zwiespältiger Erinnerung.
Die Bühne ist optisch einfach und abstrakt. Das ganze Bühnenportal wird von einer schwarzen Platte zugebaut, so dass nur ein paar Meter Spielfläche bis zum Orchestergraben übrigbleiben. Nur ein paar Mal kippt die schwarze "Palastmauer" nach hinten und gibt den Blick frei auf einen gleißenden Lichtraum in unterschiedlichen Farben: auf das Palastinnere, die eigentliche Opernbühne. Auch der rote Hauptvorhang des Nationaltheaters wird in die Ausstattung miteinbezogen: als Mantel des Agamemnon, der zunächst von Klytämnestra zur Machtdemonstration, später dann von Elektra und zuletzt von Orest, als neuem Herrscher getragen wird.
Unter der Leitung von Peter Schneider erklang dieses, durch seine äußerst umfangreiche und farbige Orchesterbesetzung und zu monumentalen Klangeffekten von ungeheurer Wirkung neigende Werk von Richard Strauss, das eines der meistgespielten Opern im Nationaltheater ist, erschreckend flach. Zwar sorgten Gabriele Schnaut in der Titelpartie, Marjana Lipovsek als Klytämnestra, Nadine Secunde als Chrysothemis und Monte Pederson als Orest für den einen und anderen mitreißenden Moment, aber der große dramatische Wurf wurde es trotzdem nicht.