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Musikfestspiele
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Vergrößerung Styx
Musiktheater über Georg Friedrich Händel
Nach einem Libretto von Elisabeth Gutjahr
Musik von Franz Hummel
Aufführungsdauer: ca. 1 Std. 30' (keine Pause)

Uraufführung am 23. Februar 2001
im Großen Haus des Badischen Staatstheaters Karlsruhe


Logo: Badisches Staatstheater Karlsruhe

Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)

Händel am Ende des Weges

Von Gerhard Menzel / Fotos von Jochen Klenk

Mit Spannung wurde die Uraufführung der vom Badischen Staatstheater in Auftrag gegebenen Oper Styx von Franz Hummel erwartet. Hummel, der schon zahlreiche Werke über große Persönlichkeiten aus der Geschichte und der Kunst vertont hat (Gorbatschow, Gesualdo, Beuys), machte zuletzt Schlagzeilen mit seinem Musical Ludwig II - Sehnsucht nach dem Paradies in dem eigens dafür gebauten Theater in Füssen. Nun konnte man gespannt sein, was einem bei diesem, von Hummel als „Szenisches Adagio über Georg Friedrich Händel" bezeichneten Werk, erwartete.

Szenenfoto Eines der lebhaften Zwischenspiele der Schauspieler

Franz Hummel komprimierte das auf drei Akte angelegte Libretto von Elisabeth Gutjahr - dankenswerter Weise - auf einen Akt, den er in sechs musikalische Teile und vier eingefügte Schauspielszenen gliederte. Das Stück ist keine inszenierte Händelbiografie oder bebilderte Anekdotensammlung, sondern zeigt Georg Friedrich Händel am Ende seines Lebens am Grenzfluss Styx, wo er nach vielen, von schweren Krankheiten geprägten, doch äußerst erlebnisreichen Jahren, seinem Tod entgegensieht. Dabei werden in den Schauspielszenen Fragmente exponierter Situationen aus seinem Leben ein- und ausgeblendet: schmerzhafte Ablehnungen, Brüche, Enttäuschungen, Äußerungen von Freunden oder Feinden Händels.

Klangbeispiel Klangbeispiel
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Im Grunde ist Styx ein Ein-Personenstück, in dem neben Händel nur noch drei weitere Personen und der Chor auftreten: sein Diener, Helfer, Verwalter und Freund John Smith, der ihn mit liebevoll-einfühlsamen Abstand begleitet, Eurydice, als "Idealbild", die in ihrer Körperlosigkeit Liebes- und Todessehnsucht verkörpert, und Charon, der die wenigen, scheinbar einfachen Schritte zum Tod vorbereitet ("Ich bin der Fährmann, damit der Fluss eine Brücke und die Reise ein Ankommen hat."). Der Chor übernimmt in diesem Stück eine vielfältige, ständig wechselnde Rolle als Vermittler sowohl höfischer Rituale als auch Äusserungen des Schattenreiches.

Szenenfoto Händel (Johannes M. Kösters) schleppt sich, begleitet von seinem treuen Diener John Smith (Klaus Schneider) zum Cembalo

Die zentrale Szene des Werkes, die sich im Verlauf mehrfach wiederholt, ist Händels beschwerlicher Gang (über die nach rechts ansteigende Bühne) hinauf zum dekorativ platzierten Cembalo. Dabei nimmt er unter Mühen ein auf dem Weg liegendes, zerknülltes Notenblatt auf, um es sofort wieder fallen zu lassen. Ist es gar das erst kürzlich in London gefundene "Gloria"? Sein treuer Begleiter Smith assistiert ihm und weicht ihm nicht von der Seite. Nach vielen Monologen sieht der blinde Komponist schließlich das Licht der Erlösung, der Chor singt „Das Licht ist endlos“ und die Musik verklingt in einem ausgehaltenen C-dur-Schlussakkord im vierfachen Pianissimo. Lieto fine!



Szenenfoto John Smith (Klaus Schneider) und Händel (Johannes M. Kösters) sinnieren vor dem zusammengeknüllten Notenblatt zu ihren Füßen

Die Partitur Hummels ist für ein normales klassisch-romantisches Orchester geschrieben. Ergänzend hinzu kommt ein Cembalo auf der Bühne, an dem die Cembalistin Magdalena Broks - als Stellvertreterin für Händel - mit einem schier aberwitzigen Perpetuum mobile in durchgehenden 32tel-Läufen brillierte. Ansonsten entspricht die Musik dem angekündigten „szenischen Adagio“, das nur durch die lebhaften Schauspieleinlagen unterbrochen wird.

Rainer Mühlbach, dem die musikalische Leitung dieser Uraufführung übertragen war, leistete vorzügliche Arbeit. Seine Einstudierung mit der Badischen Staatskapelle ließ die Musik Hummels - der nur ein Zitat aus Händels Messiah (Chor: „Durch seine Wunden...“) in seine Partitur aufnahm - sowohl transparent, als auch klangprächtig musizieren. Johannes M. Kösters in der Titelpartie tat sein Möglichstes, die Person Händels glaubwürdig werden zu lassen. Als Wegbegleiter assistierten ihm Klaus Schneider (John Smith), Ruxanda Voda (Eurydice) und Gregory Frank (Charon).

Szenenfoto Händel (Johannes M. Kösters) erscheint die ferne Eurydice (Ruxanda Voda)

Leider waren große Teile des Textes, vor allem der Eurydice und des Chores - auch auf Grund der ungünstigen Platzierung auf der Bühne - nicht zu verstehen, was dem ohnehin zähen Fortgang des Stückes noch zusätzlich hinderlich war. Dafür waren die Schauspieler, die ohnehin wohl gut zu verstehen gewesen wären, mit Mikrofonen verstärkt.

Auch sonst konnte die Inszenierung von Rosamund Gilmore in der Ausstattung von Christian Floeren nur bedingt überzeugen. Die vierzehn von Hummel angeführten „Erinnerungspersonen“ wurden von den sechs Schauspielern zwar unterhaltsam gestaltet, aber die direkte Beziehung zu Händel konnten sie nur unzureichend herstellen. Es wird wohl kaum jemand die jeweils zitierten Persönlichkeiten und die Zusammenhänge mit Händel erkannt haben, seien es die Königin Karoline, die Prinzessin Anne, die Sängerin Francesca Cuzzoni, der Kastraten Farinelli oder Wilhelm von Oranien.


FAZIT
Ein interessanter Ansatz, der in einer anderen Inszenierung vielleicht mehr anspricht. In diesem Fall blieb eher die Frage „Was gehet uns das an?“
Ein Auftragswerk für die 24. Händel-Festspiele in Karlsruhe 2001, dem wohl keine Zukunft auf den Bühnen beschieden ist.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Rainer Mühlbach

Inszenierung
Rosamund Gilmore

Ausstattung
Christian Floeren

Choreinstudierung
Carl Robert Helg

Dramaturgie
Zsolt Horpácsy

Klanginstallation
Stefan Raebel / Gunter Eßig



Badische Staatsopernchor

Badische Staatskapelle

Cembalistin: Magdalena Broks


Solisten

Händel
Johannes M. Kösters

John Smith
Klaus Schneider

Eurydice
Ruxanda Voda

Charon
Gregory Frank

"Schauspieler"
Sonja Gerlach, Ilka Kern,
Susanne Schellin, Harald Heinz,
Ralf Novak, Günter Nowak


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Badischen Staatstheaters Karlsruhe
(Homepage)




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