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27.
Händel-Festspiele
in Karlsruhe

21. Februar bis 1. März 2004

Homepage des Badischen Staatstheaters Karlsruhe

Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)

Sonderausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe
"Uns ist in alten Mären ...
Das Nibelungenlied und seine Welt"

Von Gerhard Menzel / Fotos vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe

Parallel zu den diesjährigen Händel-Festspielen in Karlsruhe, war im Karlsruher Schloss eine Sonderausstellung unter dem Titel "Uns ist in alten Mären ... Das Nibelungenlied und seine Welt" zu sehen, bzw. zu erleben. Vom 13.12.2003 - 14.3.2004 präsentierte die Badische Landesbibliothek und das Badische Landesmuseum Karlsruhe in dieser Sonderausstellung die berühmte mittelalterliche Dichtung um Siegfried, Kriemhild, Hagen und den Nibelungenschatz. Kostbare Schätze, die sonst in Tresoren verborgen sind, wurden im Karlsruher Schloss dank des finanziellen Engagements der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Gezeigt wurden sowohl die bedeutendsten Handschriften des ,Nibelungenlieds' im Original als auch Objekte der höfischen und kirchlichen Kultur des Hochmittelalters.

Ein Höhepunkt der Ausstellung waren die drei überaus kostbaren Haupthandschriften der berühmten mittelalterlichen Dichtung, die erstmals gemeinsam zu sehen waren. Die Handschrift A ist eine Leihgabe der Bayerischen Staatsbibliothek München, die Handschrift B hat noch nie zuvor für eine Ausstellung die Klostermauern der Stiftsbibliothek St. Gallen verlassen. Das Juwel ist die Handschrift C aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Sie gilt als die älteste der drei berühmten Handschriften des "Nibelungenlieds" und wird ins zweite Viertel des 13. Jahrhunderts datiert. Der Verkauf dieser Handschrift durch das Haus Fürstenberg in Donaueschingen im Jahr 2001 erregte großes öffentliches Aufsehen. Durch den Einsatz insbesondere der LBBW war es damals möglich, das wertvolle Kulturgut in Baden-Württemberg zu halten.

Katalog

Katalog der Ausstellung


Badischen Landesmuseum Karlsruhe
www.landesmuseum.de
Badische Landesbibliothek Karlsruhe
www.blb-karlsruhe.de/
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Handschrift A
Bayerische Staatsbibliothek München

Neben den wertvollen, nur selten gezeigten Handschriften, Fragmenten und jüngsten Schriftfunden stand die Zeit um 1200, die Entstehungszeit des ,Nibelungenlieds', im Mittelpunkt der Ausstellung. Einzelne Stationen entführten die Besucher an die Schauplätze der Handlung von Worms, Xanten und Passau bis ins ungarische Gran (Esztergom) und nach Island. So konnte man die Geschichte um Kriemhild, Siegfried, Brünhild und Hagen unmittelbar nacherleben und wurde Zeuge des Schicksals der Nibelungen.

Vielfältige Exponate gaben anschaulich Einblick in die hochmittelalterliche Kultur und höfische Lebenswelt. Sie vermittelten nicht nur Vorstellungen von Rittertum und Tafelkultur, sondern auch von Mode, sakraler Kunst, Musik, Jagd und Schifffahrt, so dass ein lebendiges Bild des hohen Mittelalters entstehen konnte. Zu den außergewöhnlichen Objekten gehörte u.a. ein berühmtes Ritteraquamanile aus dem Universitätsmuseum Oslo, ein weltweit in nur wenigen Exemplaren erhaltener Topfhelm und ein Jagdhorn aus Elfenbein. Leihgeber waren namhafte Museen und Bibliotheken in Deutschland, der Schweiz, Tschechien, Ungarn, Österreich und Norwegen.

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Handschrift B
Stiftsbibliothek St. Gallen
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Handschrift C
Badische Landesbibliothek Karlsruhe



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Ritter-Aquamanile

Hildesheim, 2. Häfte 13. Jh.
Bronze, gegossen, ziseliert
H. 32,5 cm, L. 29 cm
Oslo, Universitetets kulturhistoriske museer,
Inv. Nr. C 592

Die Ausstellung beschäftigte sich auch mit der Wiederentdeckung des ,Nibelungenlieds' nach Jahrhunderten der Vergessenheit. Nachdem durch die Wiederauffindung der Handschrift C im 18. Jahrhundert die "moderne" Rezeption des ,Nibelungenlieds' begonnen hatte, wurde es zum deutschen Nationalepos schlechthin. Immer wieder missbrauchten es diverse Gruppen für ihre politischen Zwecke. Siegfried und Hagen gerieten zu Identifikationsfiguren, und die sogenannte "Nibelungentreue" wurde als besondere deutsche Tugend propagiert. Diese deutschnationale Mythenbildung fand in der Zeit des Nationalsozialismus ihren Höhepunkt. Originalaufnahmen aus einer Rede Hermann Görings dokumentierten dies in der Ausstellung.



Aquamanile - Gießgefäße - waren im 12. Jahrhundert als neuartiger Artikel mit der Kreuzzugsbewegung aus dem islamischen Bereich eingeführt worden und erfreuten sich größter Beliebtheit. Besonders anspruchsvolle Aquamanile wurden aus Bronze gefertigt.

Aquamanilen wurden zeremoniell eingesetzt, z.B. bei der Eucharistiefeier oder bei rituellen Händewaschungen beim Festmahl, wenn Rangniedere den Ranghöheren "das Wasser reichten", denn andersherum ging es nicht, wie es heute noch sprichwörtlich heißt. So war es nur zu verständlich, dass Ritter gerade in diesen Gefäßen der neusten Orient- und Kreuzzugs-Mode ihren herausgehobenen Stand ausdrückten.

Der Ritter in voller Rüstung, bekleidet mit Kettenhemd und Topfhelm, mit Schwert in der Rechten und (verlorenem) Schild in der Linken, ist zum Kampf bereit. Die Wendung seines Körpers deutet an, dass künstlerische Vorbilder für derartige Aquamanile in Reitersiegeln zu sehen sind (vgl. Kat. Nr. 216). Der Apfelschimmel mit den charakteristischen Flecken im Fell besitzt einen kostbaren Brustriemen, an dem einst wohl kleine Wappenschilde herabhingen, oder Schellen wie im ‚Nibelungenlied': Ir sätele wol gesteinet, ir furbüege vil smal saran sô hiengen schellen von liehtem golde rôt (C 409: Ihre Sättel waren reich mit Edelsteinen besetzt, an den schmalen Brustriemen hingen Schellen von glänzendem roten Gold).

Das ausgestellte Ritteraquamanile wird aufgrund seiner Verarbeitungstechnik im Hildesheim entstanden sein. Aus Helgeland in Mittelnorwegen gelangte es über Trondheim in die Osloer Sammlungen (vgl. Kat. Nr. 43, 112).


Bis in die Gegenwart dient der Nibelungen-Stoff als Inspirationsquelle für Theater, Film und Musik. Die bekannteste Bearbeitung ist wohl "Der Ring des Nibelungen" von Richard Wagner. Von der Operntetralogie bis hin zu Moritz Rinkes Theaterstück "Die Nibelungen" verfolgte die Ausstellung die moderne Rezeptionsgeschichte des mittelalterlichen Epos.

Aktionsflächen in der Ausstellung luden zum Erkunden und Ausprobieren ein. Im Skriptorium erfuhren die Besucher an einem mittelalterlichen Schreibpult mehr über den Beruf des Schreibers und Buchmalers. Im Familienraum probierten Kinder und Erwachsene Ritterrüstungen an, gestalteten Malbögen und tauchten durch Spiele und Bücher in die Welt der Ritter und Burgen ein.

Ein umfangreiches museumspädagogisches Programm sowie tägliche Führungen und zusätzliche Expertenführungen zu einzelnen Aspekten der Ausstellung, Konzerte, Theaterstücke und Filmvorführungen ergänzten die Ausstellung und gaben vielseitige und spannende Einblicke in die Welt der mittelalterlichen Sagen, des Rittertums, der tapferen Helden und starken Frauen.


Signalhörner spielten bei der mittelalterlichen Hetzjagd zu Fuß und vor allem zu Pferd eine wichtige Rolle. Für die großen Herren wurden sie aus Gold (C 959: von vil rôtem golde fuorter ein hêrlîchez horn) und vor allem aus Elfenbein hergestellt. Dieses immer beliebter werdende Material führte auch zum Namen Olifant (altfranzösisch für Elefant). Der Olifant gehörte zu den höchsten Wertstücken des Ritters, dessen Verlust als schimpflich galt, und war ein spezifisch königsjagdliches (kein volksjagdliches) Element.

Im frühen Mittelalter noch selten, wurden Olifanten namentlich um die Wende des 11. Jahrhunderts - wohl infolge der Kreuzzüge - häufiger. Sie sind aus dem unteren Teil eines Elefantenstoßzahnes gefertigt und mit Motiven vorwiegend aus der Tierwelt verziert.

Beim vorliegenden, im 11. Jahrhundert in Süditalien gefertigten Exemplar gleichen die flächig-rund und fast gedrungen modellierten Tiere eher Fabelwesen - ein typisches Kennzeichen islamischer Darstellungsweise. Pfau, Greif, Steinbock, Affe und Hirsch stehen in mit einander verschlungenen Kreisen. Insgesamt sind es sieben Reihen mit Tierdarstellungen, wobei nach der ersten und sechsten Reihe je ein vertiefter unbearbeiteter Streifen liegt, an dem wohl Metallringe angebracht waren, um die Kette zum Umhängen des Horns zu befestigen.



Topfhelm
Mitteleuropa, 13. Jh.
Eisen
H. 35 cm, B. 27 cm
Altena, Museum Burg Altena, Museum der
Grafschaft Mark, Inv.Nr. 4010



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Jagdhorn (Olifant)
Süditalien, 11. Jh.
Elefantenstoßzahn, geschnitzt
L. 49,2 cm, Dm. Oben ca. 7,85 cm,
unten ca. 3 cm
Hannover, Kestner-Museum,
Inv. Nr. 418 Cul.


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So genannter Siegfriedsarg
Buntsandstein, 2. V. 12. Jh.
L. 245 cm, B. 91-62 cm, H. 40 cm
Lorsch, Museumszentrum, o. Inv. Nr.

Der Karlsruher Handschrift C zufolge findet der Leichnam Siegfrieds nach seiner Überführung in das Kloster Lorsch in eime langen sarke (C 1164,4) seine letzte Ruhestätte, womit im übrigen nicht zwingend ein "langer Sarg", sondern unter Umständen ebenso auch ein ‚großer Schrein' gemeint sein könnte. Diese so in der gesamten Überlieferung des "Nibelungenlieds" nur in der Handschrift C anzutreffende Aussage von eime langen sarke - die späten Handschriften a und k sprechen nur von einem sarc, nicht aber von einem langen sarke! - war offensichtlich der Ansatzpunkt, einen der heute in Lorsch aufbewahrten mittelalterlichen Särge als so genannten Siegfriedsarg zu bezeichnen, was aber wohl erst in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschah.

Es handelt sich dabei um einen trapezförmigen Sarkophag aus Buntsandstein, der nach einem zeitgenössischen Protokoll im Jahre 1753 beim ehemaligen Kloster Hagen, das rund dreieinhalb Kilometer vom ehemaligen Reichskloster Lorsch entfernt liegt, aufgefunden worden ist. Die Innenseiten des Sarges weisen insgesamt vier lateinische Kreuze und sechs irminsulartige Motive auf. Die 1753 noch vorhandene inschriftlose Deckplatte ist verlorengegangen. Der Sarkophag enthielt zwei gegensätzlich gebettete Leichname, über deren genauere Identität man nichts weiß.

Ganz abgesehen davon, dass die Schauplätze und sonstigen Aussagen im "Nibelungenlied" zunächst einmal nur als literarische Fiktion und nicht per se auch als reale Wirklichkeit aufzufassen sind, kann der Sarkophag vom Kloster Hagen schon allein aufgrund seines Fundortes nicht der Sarg sein, der demjenigen, der die Passage von eime langen sarke in die Überlieferung des ‚Nibelungenlieds' eingebracht hat, vorgeschwebt haben muss.

Besonders hervorzuheben sind der vorzügliche Service, der nicht nur eine private Audioführung im Eintrittspreis beinhaltete, sondern auch bei den Gruppenführungen, Dank einer neuen technischen Errungenschaft, per Ohrhörer jedem Teilnehmer gute Sicht und optimale Hörqualität garantierte.

Im Grab von Hochfelden war eine 50-70 Jahre alte Frau bestattet worden. Möglicherweise war ihr Schädel leicht künstlich deformiert; die Langknochen zeigen an, dass sie häufig zu Pferd gesessen hat. Die Gewandspangen und die Blechappliken sprechen nach ihrer Form und Trageweise für östliche Herkunft. Ein ganz besonderes Indiz hierfür bildet der kleine Metallspiegel mit glatter Vorderseite, Rippen und Öse auf der Rückseite, der zu dem von den Hunnen nach Westen gebrachten Kulturgut zählt. Ausnahmsweise wurde dieser Spiegel unzerbrochen mitgegeben. Der reiche Edelmetallschmuck lässt auf die vornehme Abkunft der Frau schließen. In der Literatur wird sie meist den Goten zugerechnet. Hochfelden dürfte zwar südlich des "Wormser Burgunderreiches" liegen, das Grab einer Burgunderin von hohem gesellschaftlichen Status könnte ganz ähnlich ausgestattet gewesen sein.

Der im Primus-Verlag Darmstadt erschienene, sehr vorbildliche Katalog dokumentiert diese einzigartige Ausstellung auf 240 sehens- und lesenswerten Seiten und ist nicht nur eine ergiebige Wissensquelle, sondern auch ein lohnendes Sammlerstück, auch, aber nicht nur für Wagnerfans.

Eine phantastische Alternativveranstaltung zum
Programm der 27. Händel-Festspiele in Karlsruhe.
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Grabausstattung einer ostgermanischen Frau
Grabausstattung einer ostgermanischen Frau
Ostgermanisch, 1. H. 5. Jh.
Bodenfund aus Hochfelden, Dep. Bas-Rhin, Frankreich
a) Paar Ohrringe, Gold, Dm. 2 cm
b) Halskette aus geflochtenem Draht mit Anhänger, Gold, Gesamtl. 27 cm
c) Paar Gewandspangen, Silber, teilweise vergoldet, L. 8,2 cm
d) Ensemble von Goldplättchen, aufgenäht auf ein rekonstruiertes Kleidungsstück; Gold, Dm. 0,8-1,5 cm
e) Spiegel mit Öse, Silber oder Weißbronze, Dm. 5,2 cm
f) Becher, grünliches Glas, H. 7,7 cm
Strasbourg, Musée Archéologique, Inv. Nr. D. 11 976.1-8



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