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Faust-Szenen

Robert Schumann:
Szenen aus Goethes Faust


Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Jahrhunderthalle Bochum, 14. Juli 2004

Logo: RUHRtriennale

Bürgerliche Verklärung

Von Stefan Schmöe


Dem Faust-Mythos hat Intendant Gerard Mortier in seinem dritten Triennale-Jahr eine zentrale Rolle eingeräumt: Mit Berlioz' La Damnation de Faust (unser Bericht) in der spektakulären Sichtweise des spanischen Künstlerkollektivs La Fura dels Baus war die einzige Opernproduktion des Jahres 2004 darauf bezogen, und dieser französischen Sichtweise wurden Robert Schumanns selten gespielte Faust-Szenen entgegengestellt, leider nur konzertant – ein szenisches Experiment, so schwierig dies angesichts des oratorisch angelegten dritten Teiles sein mag, hätte gerade im Vergleich zu der sehr freien szenischen Deutung der Berlioz-Komposition aufschlussreich sein können. So blieb es dem Dirigenten beider Produktionen, Sylvain Cambreling, überlassen, Parallelen wie Widersprüche hörbar zu machen.

Hatte Cambreling bei Berlioz eine flächige, große Klangräume schaffende Interpretation geboten, so betont er bei Schumann die Traditionslinien zu Haydn, Beethoven und Weber, die sich in der Verwendung melodischer Floskeln und Stimmungsbilder zeigt - wobei Schumann weder Beethovens Durchführungskunst aufgreift, schon gar nicht dessen visionäre Kraft besitzt. Cambreling dirigiert dementsprechend kleingliedrig, hebt kurze Phrasen hervor und akzentuiert dadurch auch den an vielen Stellen fragmentarischen Charakter der Komposition. Das wieder einmal vorzügliche Orchester des SWR hat auch an den leisesten Stellen noch unerhörte Präsenz und schaltet zwischen Berlioz und Schumann auf einen wärmeren, erdverbundeneren Klang um. Passend dazu ist auch der (ausgezeichnete) Slowakische Philharmonische Chor dunkler im Klang als die Chöre bei den Berlioz-Kompositionen und singt mit mehr Vibrato. Zu dünn war in dieser Aufführung der Knabenchor der Chorakademie Dortmund.

Sichtlich und unüberhörbar von einer schweren Erkältung geplagt quälte Matthias Goerne sich durch die Partie des Faust – und trotz aller Einschränkungen, was die stimmlichen Möglichkeiten an diesem Abend betraf, war es eine bewegende, weil in jeder Silbe durchdacht gestaltete Interpretation. Goerne singt mit dem Gestus eines sehr genau deklamierenden Liedsängers, und das verleiht der Partie eine enorme Präsenz. Durchweg exzellent waren auch die anderen Solopartien besetzt, sowohl im Zusammenklang der Stimmen (etwa im Quartett von Sorge, Not, Schuld und Mangel) als auch in den solistischen Passagen, in denen jeder einzelne Sänger stets in den Gesamtklang eingebunden war – eine Aufführung auf ausgezeichnetem Niveau.

Es mag durchaus Cambrelings Intention gewesen sein, auch die Schwächen der Schumannschen Komposition nicht zu kaschieren – und da ist in erster Linie der allzu harmlos und naiv ausschwingende Schlusschor, der nie einen wirklichen Zielpunkt findet, zu nennen. Leicht und elegant musizierten Chor und Orchester dieses ausladende Finale, das, hat man etwa Mahlers pompöse Vertonung dieses Textes in der 8. Symphonie im Ohr, streckenweise wie ein Rückzug ins Kammermusikalische – aber auch ins Biedermeier – verstehen kann. Den „neuen Menschen“, den La Fura dels Baus bei Berlioz gegossen hat, sucht man hier vergebens. Das ewig Weibliche, das hier hinan zieht, trägt die Kleidung des wohlsituierten Bürgertums. Auch dieser Kontrast machte die Spannung der Aufführung aus.

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Programm:


Robert Schumann:
Szenen aus Goethes "Faust"
für Solostimmen, Chor und Orchester

Faust / Doctor Marianus
Matthias Goerne

Mephisto / Böser Geist / Pater Profundus
Frode Olsen

Gretchen / Una Poenitentium
Christiane Oelze

Ariel / Pater Estaticus
David Kuebler

Sorge
Susan Davis-Holmes

Not / Magna Peccatrix
Ofelia Sala

Marthe / Schuld / Maria Aegyptica /
Mater Gloriosa / Magna Peccatrix
Susanne Schaeffler

Mangel / Mulier Samaritana
Hannah Esther Minutillo

Pater Seraphicus / Vollendeter Engel 2
Markus Brück

Vollendeter Engel 1
Andreas Karasiak


Slowakischer Philharmonischer Chor
(Einstud.: Marian Vach)

Knabenchor der Chorakademie Dortmund
(Einstud.: Zeljo Davutovic)

Sinfonieorchester des SWR
Baden-Baden und Freiburg

Leitung: Sylvain Cambreling







Weitere Informationen
erhalten Sie von der
RuhrTriennale
(Homepage)




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