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Musikfestspiele
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Mouvement - Musik im 21. Jahrhundert


Das Festival für zeitgenössische Musik des Saarländischen Rundfunks


Bericht vom Festival-Wochenende 19. bis 23. Mai 2004


Von Sebastian Hanusa

Unerwartet lebendig fiel das diesjährige Festival "Musik im 21. Jahrhundert" des Saarländischen Rundfunks aus. Dabei schien nach drastischen Etatkürzungen und den blassen Programmen der letzten Jahre das Ende nahe. Aber jede Krise ist zugleich Chance zum Neuanfang. Endlich hatte man den Großteil der Veranstaltungen vom abgelegenen Funkhaus auf dem Halberg in die Innenstadt verlegt und auch von dem Konzept, für die Programm-Planung einen externen künstlerischen Leiter einzuladen, hatte man sich verabschiedet. Die Konzeption lag dieses Jahr in der Verantwortung von Musikredakteur Wolfgang Korb, der mit Vinko Globokar einen "Composer in residence" ins Zentrum des Festivals stellte.

Dessen Discours IV für drei Klarinetten erklang im "Prolog" des Festivals, grandios interpretiert von Studierenden der Musikhochschule. Das Ensemble Recherche präsentierte zusammen mit Tenor Hubert Mayer und Sopranistin Gerri Galyean eine vorbildliche Interpretation seiner Brief-Trilogie und im Abschlusskonzert brachte das RSO des Saarländischen Rundfunks neben Masse, Macht und Individuum und Xenakis' Antikhthon Globokars Les chemins de la liberté für Orchester ohne Dirigenten zur Uraufführung. Weggefährte Jean-Pierre Drouet gab ein fulminantes Solo-Rezital, und im Anschluss gab es mit Globokar, Drouet und Michel Portal ein Fast-Revival von New Phonic Art - an Stelle Alsinas war der "Live-Painter" Helge Leiberg getreten.

Jenseits der Nostalgie warf das Festival eine zentrale Frage auf. Welche Aktualität hat heute noch Globokars Musik, was ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts von der Vision einer qua ihrer Form politisch engagierten Musik geblieben? Niemand ist mehr schockiert, wenn der Posaunist sein Instrument über den Steinboden schleift oder sie als Sense benutzt. Jean-Pierre Drouets Kampf mit dem Drum-Computer in Ombre wirkt im MTV-Zeitalter fast beschaulich und die schrille Blechbläser-Prozession Crocs-en-jambe, mit der Studierende der Musikhochschule das Publikum von einem Spielort zum nächsten geleiteten, hat auf ihrer Oberfläche einiges an Patina angesetzt.

Doch öffnet sich mit nachlassender Novität zugleich der Blick auf die tieferen und hochaktuellen Schichten von Globokars Kunst. Es erscheint eine engagierte Musik, die durch außermusikalische Fragestellungen motiviert ist, diese aber ausreichend allgemein zu fassen vermag, um sich nicht im Tagesgeschehen zu verlieren. Ihre verstörende Wirkung beruht auf der Fähigkeit zu abstrakter Interventionen in die Realität, ihre Energie bezieht sie aus dem Abrieb avancierten kompositorischen Materials an der erlebten Wirklichkeit.

Zugleich war Globokars Musik Prüfstein für die im Programm vertretene junge Komponistengeneration. Im Rahmen der vierten Saarbrücker Komponistenwerkstatt waren fünf Studenten deutscher Musikhochschulen ausgewählt worden, ihre Orchesterwerke zusammen mit dem RSO zu erarbeiten, im "Prolog" gab es neben Globokar, Berio und Xenakis Werke von vier Studentinnen aus der Kompositions-Klasse Theo Brandmüllers, an Urska Pompe, Sergej Newski und Samir Odeh-Tamimi hatte der SR Kompositions-Aufträge vergeben.

Den stärksten Akzent setze Sergej Newskis Folia für Akkordeon und Kontrabass. Ein Stück, dass verhinderten Klang mit einem außerordentlichen Reichtum an Klangfarbe und Differenzierung zu verbinden vermag und dass in der Reduktion den Eindruck gestauter Energie vermittelt. Eine Kraft, zu der Odeh-Tamimis Rathaá für die selbe Besetzung trotz zusätzlichem Einsatz von Eisen-Spirale und Gong nicht fand, während Pompes Momentum für Akkordeon und Gitarre eher blass blieb.

Sowohl in der Komponisten-Werkstatt als auch im "Prolog" fiel das ungemein hohe technische Niveau auf. So bestach das Ensemble-Stück Lin Lang von Lin Wang durch großen klangfarblichen Reichtum, Zeynep Gedizlioglus Streichquartett überzeugte mit temperamentvoll-geistreicher Kombination heterogener Strukturen. Von den Orchesterstücken hinterließen Sascha Lemkes spektral inspiriertes …comme une berceuse… und Gordon Kampes High Noon Moskitos II den stärksten Eindruck, da trotz formaler Schwächen zu erahnen war, dass über die Beherrschung kompositorischen Handwerks hinaus Musik eine ästhetische Position zu beziehen vermag.



FAZIT

Eine rundum gelungene Veranstaltung!






Da capo al Fine

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