Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum



Herbert von Karajan
Pfingstfestspiele 2005

Joseph Haydn
"Die Jahreszeiten"

20. Mai 2005
Festspielhaus Baden-Baden

Homepage

Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)
Aus dem Füllhorn der Phantasie

Von Christoph Wurzel (Bericht und Foto)

Stumme Andacht, Staunen und lauter Enthusiasmus wechselten bei den Zuhörern ab; denn die unermessliche Fülle glücklicher Ideen überraschte und überwältigte die kühnste Einbildung. - So oder ähnlich könnte auch der Eindruck beschrieben werden, der im Baden-Badener Festspielhaus nach Haydns "Jahreszeiten" zurückblieb. Hier handelt es sich allerdings um eine Kritik der Uraufführung von Haydns zweitem Oratorium aus dem Jahre 1801.

Nichts von bieder beschaulicher Behäbigkeit hatte die Interpretation durch René Jacobs und die um ihn gescharten überaus engagierten Musikanten, als sie den musikalischen Reigen der Jahreszeiten durchstreiften. Freilich ist der Text des Barons van Swieten gespickt mit idealisierenden Klischees und naiven Binsenweisheiten. Aber was der 69jährige Joseph Haydn an musikalischen Einfällen aus seinem kompositorischen Füllhorn ausschüttet, ist beeindruckend. In der Art historisch informierter Interpretation, wie Jacobs sie mit dem Freiburger Barockorchester und dem RIAS-Kammerchor, Berlin bei den Pfingstfestspielen bot, wurde dieses kraft- und phantasievolle Alterswerk Haydns zu einem lebendig erfrischenden großen Konzertereignis. Die "Jahreszeiten" wurden aus der Ecke einer belächelten geistigen Schlichtheit befreit und waren als ein lebenspralles Stück Musik zu erleben.

Mit demselben Orchester und Chor hatte Jacobs vor Jahresfrist eine prämierte CD - Einspielung dieses Werkes vorgelegt (die übrigens ausdrücklich zu empfehlen ist ) - die Aufführung auf dem Konzertpodium bereicherte das unmittelbare Erleben einer überaus vitalen musikalischen Realisierung noch zusätzlich mit dem optischen Eindruck einer vor Spielfreude schier platzenden Musikercrew. In gestischer Klangrede spielten alle die vier Teile dieses Gemäldes in Musik durch. Angefangen von den eloquent begleiteten Rezitativen, über die energiegeladenen Chorpartien und die swingende Orchesterbegleitung bis hinein in die Arien pulsierte Haydns motivischer Erfindungsreichtum durch das Werk - sein musikalischer Witz ebenso wie die plastisch unmittelbare Malerei von Stimmungen. Alle Beteiligten warfen sich mit sichtbarer Freude in das bäuerliche Geschehen. Haydns Empathie mit der Natur nahm konkrete Gestalt an, man hörte förmlich den rieselnden Tau im Frühling, das Gesurre der Insekten im Sommer, die mitreißend schmetternden Hörner im Herbst und die eisige Starre des Winters. In dieser Welt ist es für die Menschen natürlich eine Lust zu leben und das gipfelt in einem beschwipsten Dorftanz und im ausgelassenen Chor der Landleute und Jäger. Nur mit Mühe hielt es einen dabei im Parkett in den Sitzen.

Mit von der ausgelassenen Partie waren die Solisten. Camilla Nylund war kurzfristig für die erkrankte Rachel Harnisch, die Pamina der Vorabende, eingesprungen und lieh ihren flexibel geführten, ausdrucksstarken Sopran der Rolle der Hanne. Rudolf Rosen sang die Baritonpartien mit großer Einfühlung und schöner Phrasierung. Der schlanke, klare und farbenreiche Tenor von Topi Lehtipuu fügte sich ideal in die Stimmpalette ein.

Spannend bis zur Schlussfuge konnte hier ein Höhepunkt der Ensemblekunst erlebt werden mit einem Werk, das Geist und Gemüt erfrischt. Ein Jammer, dass Haydn sein drittes geplantes Oratorium über das Jüngste Gericht mehr verwirklichen konnte.

Die Pfingstfestspiele 2005



Foto
Festspielhaus Baden-Baden
Foto: Christoph Wurzel


Joseph Haydn
"Die Jahreszeiten"
Oratorium in 4 Teilen
Text nach J. Thomsons gleichnamiger
Dichtung von G. van Swieten

Camilla Nylund, Sopran
Topi Lehtipuu, Tenor
Rudolf Rosen, Bariton

RIAS - Kammerchor, Berlin

Freiburger Barockorchester

Leitung: René Jacobs





Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum

© 2005 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -