![]() ![]() 9. - 13. November 2005 FestspielberichtVon Gerhard Menzel
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30. TAGE ALTER MUSIK IN
HERNE vom 9. bis 13. November 2005
Auch die 30. Tage Alter Musik in
Herne wurden vom Westdeutschen Rundfunk wieder gemeinsam mit der Stadt Herne
veranstaltet (wobei allerdings der WDR nicht zum 30. Mal der Veranstalter ist,
wie es z.B. in der WDR-Hauszeitung WDR
print steht, sondern zum 26. Mal ! ). Das Gemeinsame bezieht sich
inzwischen jedoch nur noch auf den Festivalnamen “Tage Alter Musik in Herne”,
die 1976 vom damaligen Kulturdezernenten
der Stadt Herne Joachim Hengelhaupt ins
Leben gerufen wurde und die durch die engagierte Mitgestaltung des WDR durch
seine kompetent und umsichtig agierenden Redakteure Dr. Barbara Schwendowius
und Klaus L Neumann zu einem der bedeutendsten (und ältesten) Alte Musik
Festivals überhaupt avancierten.
![]() die Akademie Mont-Cenis Die so oft beschworene “Öffnung” des Festivals und der dadurch angestrebten Gewinnung eines “neuen” Publikums kommt über Lippenbekenntnisse eigentlich nicht hinaus. Im Gegenteil. Durch den Drang, auch noch neue Aufführungsräume mit in das Programm aufnehmen zu wollen, werden nicht nur langjährige Alte-Musik-Interessenten vergrault, sondern durch diese “Schnitzeljagd” durch Herne wird das gesamte Konzept des Festivals in Frage gestellt. Diese profilierungssüchtige und egoistische Programmplanung von Richard Lorber führte unter anderem auch dazu, dass zum Beispiel am Tag der Ausstellungseröffnung der Musikinstrumenten-Messe der Stadt Herne keine einzige Konzertveranstaltung im Kulturzentrum stattfand. Das bedeutete, dass sich dort so gut wie kein Publikum einfand und nicht nur die Instrumentenbauer und -aussteller verärgert waren, sondern auch die Verkäufer der Bücher - Noten und Schallplatten einen ganzen Tag als Verlust verzeichnen mussten. Und das kann doch wirklich nicht angehen ! ! ! Ansonsten boten die 11 Konzerte zum Teil wirklich interessante Musik, die allerdings auf sehr unterschiedliche Publikumsresonanz stieß. vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert Konzertreihe des Westdeutschen Rundfunks Köln und das Kulturpolitische Forum WDR 3 vom 9. bis 13. November Wie man wirklich neues Publikum gewinnen und für Alte Musik bzw. alte Instrumente begeistern kann, zeigte das von der Stadt Herne im Rahmen des Festivalthemas veranstaltete Konzert zum Symposium mit dem Amsterdam Loeki Stardust Quartett: Suites and Sweets - Ein Blockföten-Abenteuer für Jung und Alt. Nicht durch philosophieren und kluge Texte erreicht man das Publikum, sondern durch tatkräftige und engagierte Arbeit an der Basis. In dem sehr gut besuchten Nachmittagskonzert des Amsterdam Loeki Stardust Quartett bildeten Kinder und Jugendliche den Großteil des Publikums, die die vom Blockflötenquartett unternommene große Zeitreise vom Barock, über die Romantik bis hin zur Moderne mit aufmerksamen Ohren mitverfolgten. Hier erklangen im harmonischen und abwechslungsreichen Miteinander Werke von Matthew Locke (1630-1777), Anke Brouwer (*1976), Dmitri Shostakovich (1906-1975), Karel Steenhoven (*1958), Georg Freidrich Händel (1685-1759), Stefan Pohlitt (*1976), Franz Schubert (17797-1828) und Sören Sieg (*1966). Aber nicht nur durch seine unkonventionellen und ungewöhnlichen Konzertprogramme begeistert das Amsterdam Loeki Stardust Quartett (Daniel Brüggen, Daniel Koschitzki, Andrea Ritter und Karel van Steenhoven) immer wieder das Publikum, sondern auch durch sein sehr lebendiges Musizieren und den Einsatz einer großen Anzahl der verschiedensten Blockflöteninstrumente. Vom kleinsten Sopranino, bis zur ca. drei Meter langen Subkontrabassflöte reicht das Instrumentarium und bietet in den unterschiedlichten Kombinationen einen klanglichen Reichtum, den sich viele - unter dem Oberbegriff Blockflöte - überhaupt nicht vorstellen können. Leider war es während des Konzertes nicht möglich, diesen Variationsreichtum der Instrumente von Nahem zu bewundern, aber das konnte ja in der Musikinstrumenten-Ausstellung im Foyer des Kulturzentrums nachholt werden. »Holz- und Blechblasinstrumente« Das Besondere an der Musikinstrumenten-Messe im Rahmen der “Tage Alter Musik in Herne” ist schließlich seit jeher der direkte Kontakt zwischen den Instrumentenbauern, dem Fach- und Liebhaberpublikum (der thematisch jährlich wechselnden Instrumentenfamilie) und den Besuchern der Konzertreihe (die in den ersten Jahren ebenfalls Bezug auf das Festival-Thema nahm).
Das jährliche Symposium, das sich immer mit einem
ausgewählten Schwerpunk des Festivalthemas befasst, war dieses Mal der
Klarinette gewidmet. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Ahrens (Bochum) referierten und diskutierten wieder namhafte und international anerkannte Musikwissenschaftler, Intrumentenbauer und Musiker über die technische Entwicklung und die musikalische Nutzung der Klarinette im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts. Nach deren Erfindung um 1700, wurde sie als letztes Mitglied der Holzblasinstrumentengruppe ins Orchester aufgenommen. Aufgrund ihrer besonderen Klangeigenschaften avancierte sie aber schon vor 1750 zu einem der wichtigsten Soloinstrumente. Ihre universellen Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Kammer- wie der Orchestermusik inspirierten unzählige Komponisten zu speziellen Klarinettenwerken. Einen besonderen Klangreiz entfaltete sie im Zusammenwirken mit der menschlichen Stimme, sowohl als obligates Soloinstrument in der Oper, als auch als gleichberechtigte Partnerin in Klavier-Liedern, wie in Schuberts Lied “Auf dem Strom” (D 943) oder dessen, stilistisch einer Opern-Duettszene entsprechenden “Der Hirt auf dem Felsen” (D 065). Mit dieser Konzentration auf örtlich und thematisch konzentrierte Veranstaltungen, bewiesen die Verantwortlichen der Stadt Herne wieder einmal inhaltliche Kompetenz und organisatorische Erfahrung. Im Jahr 2006 finden die TAGE ALTER MUSIK IN HERNE vom 8. bis
12. November statt, mit dem thematischen Schwerpunk “Streich- und
Zupfinstrumente”. Das Symposium beschäftigt sich dann speziell mit “Laute und
Theorbe”, während der WDR seine Konzertreihe mit “Tradition als Innovation”
ankündigt. Für Spannung - welche interessanten bis fragwürdigen Erlebnisse das Publikum dann wieder erwartet - ist also gesorgt. |
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