Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Homepage Festspiele-Hauptseite E-Mail Impressum



Bayreuther Festspiele 2007

Parsifal


Premiere der Neuproduktion am 25.7.2004
Rezensierte Aufführung: 2. August 2007



Den Skandal mit Begeisterung verabschiedet

Von Meike Nordmeyer / Fotos: © Bayreuther Festspiele GmbH


Jeder Skandal hat mal ein Ende. 2007 gab es die letzte Aufführungsreihe von Christoph Schlingensiefs Bayreuther Parsifal. Die Aufregung um die Inszenierung ist längst abgeklungen und die Produktion weitgehend als Erfolg anerkannt. Und so erhielt sie in ihrem letzten Festival-Sommer neben einigen Buhs doch vor allem kräftigen Applaus und einen lautstarken Chor an Bravo-Rufen.

Auch der Regisseur zog Bilanz. Er habe Bayreuth mit seiner Regiearbeit verändert, so lautet sein Urteil. Es sieht ganz danach aus. Denn mit der Inszenierung, die zunächst so viel Empörung hervorrief, hat man sich tapfer angefreundet. Sie gilt nun als das, was sie von Anfang an erwarten ließ: als die längst fällige Verstörung des Gewohnten im fränkischen Festspielhaus. Und sie hatte eindrucksvolle und kluge Irritation zu bieten. Die riesengroße Projektion eines verwesenden Hasen etwa vergisst sicherlich niemand mehr, der sie am Ende dieser finsteren, überbordenden und mitunter zerfaserten Inszenierung erlebt hat. Es ist ein überwältigendes Bild zu den Klängen Wagners, das Rezeptionsgeschichte geschrieben hat, so wie die gesamte Produktion. So viel neues, beziehungsreiches wie auch flüchtiges Material, so ein großes Assoziationsangebot bei so wenig Struktur und Deutung war noch nie.

Vergrößerung

Zeit für eine packende Begegnung am Rand der Drehbühne (von links): Alfons Eberz als Parsifal, Evelyn Herlitzius als Kundry und Jukka Rasilainen als Amfortas.

Anerkennend wurde bereits im Jahr 2006 festgestellt, dass Schlingensief den Werkstattcharakter von Bayreuth ernst genommen hat, wie sonst kaum einer. Hatte er doch von Jahr zu Jahr an der Umsetzung seines Parsifals weitergearbeitet. Die undurchschaubare Vielfalt auf der von zuckenden Projektionen überlagerten Drehbühne wurde mit der Zeit durchaus etwas entschlackt, die Szenerie zeigte sich mit jedem Sommer ein wenig heller. Aber auch Kursänderungen ließen sich verzeichnen: Nachdem der Regisseur im Vorjahr den Hinweis auf den Islam verstärkt hatte, nahm er diesen in der Saison 2007 wieder zurück. Kundry war in diesem Festivalsommer schließlich ebenso im weißen Gewand wie Parsifal und Amfortas. Zudem setzte sich der wohltuende Trend in Richtung Personenregie fort.

So boten Alfons Eberz als Parsifal und Evelyn Herlitzius als Kundry im zweiten Aufzug eine packende Darstellung. Hier lieferten zwei Sänger höchste Präsenz und stimmliche Strahlkraft und konnten damit die Inszenierung für einige Zeit auf den vorderen Rand der Drehbühne konzentrieren. Es war unmittelbar zu spüren, wie sehr sich die beiden Künstler mit dieser Produktion identifizierten und enorme Kräfte und Kreativität entwickelten, um sie mit szenischen Gehalt spannungsreich aufzuladen. Ein Glücksfall für Regisseur und Publikum. Wenngleich bei Herlitzius das Vibrato mitunter deutlich flackerte und sie an einigen Stellen feine Schattierungen vermissen ließ, vermochte sie doch die Aufführung mit ihrem eindringlichen Gesang entscheidend zu tragen.

Auch Jukka Rasilainen sorgte für Intensität, er sang den Amfortas markant und klangvoll. Karsten Mewes überzeugte als stimmlich düsterer Klingsor. Robert Holl erklang sonor als Gurnemanz, erwies sich jedoch mitunter als etwas behäbig und ließ schließlich an Kraft nach. Insgesamt trumpfte die Aufführung mit einem anspruchsvollem Ensemble und bestens einstudiertem Chor auf. Adam Fischer entwickelte ein stimmiges Dirigat. Im zweiten Jahr seiner planmäßigen Übernahme der musikalischen Leitung von Pierre Boulez hatte sich Fischer nun vollends auf die Besonderheiten der Inszenierung eingestellt und wusste sie aufmerksam und anspruchsvoll mit Musik zu füllen und durchaus zu umklammern. Eine entscheidende Leistung für die Produktion. So konnte sich diese noch einmal in Bestform zeigen und ihre ganze verstörende Kraft entfalten. Diese Parsifal-Inszenierung bedeutete einen mutigen Kraftakt für den gesamten Festspielbetrieb, für Regisseur, Musiker, Publikum und Kritiker. Eine Zumutung, die sich gelohnt hat.


FAZIT

Der Parsifal von Schlingensief hat seit seinem Start im Sommer 2004 für viel Aufregung gesorgt. Nun ist die Produktion zum Erfolg gereift und wurde in ihrem letzten Aufführungsjahr begeistert gefeiert. Entscheidend dafür war auch die hochwertige musikalische Ausführung.


Weitere Rezensionen von den Bayreuther Festspielen 2007


Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Bayreuther Festspiele 2007 / Übersicht


Produktionsteam

Musikalische Leitung
Adam Fischer

Inszenierung
Christoph Schlingensief

Bühnenbild
Daniel Angermayr
Thomas Goerge

Kostüme
Tabea Braun

Lichtdesign
Voxi Bärenklau

Video
Meika Dresenkamp

Dramaturgische Mitarbeit
Carl Hegemann

Choreinstudierung
Eberhard Friedrich

Statisterie, Chor und Orchester
der Bayreuther Festspiele


Solisten

Amfortas
Jukka Rasilainen

Gurnemanz
Robert Holl

Parsifal
Alfons Eberz

Klingsor
Karsten Mewes

Kundry
Evelyn Herlitzius

Titurel
Artur Korn

Ritter
Clemens Bieber
Samuel Youn

Knappen
Julia Borchert
Atala Schöck
Norbert Ernst
Miljenko Turk

Klingsors Zaubermädchen
Julia Borchert
Martina Rüping
Carola Guber
Anna Korondi
Jutta Maria Böhnert
Atala Schöck

Altsolo
Simone Schröder


Homepage der
Bayreuther Festspiele



unsere Rezension des Parsifal
von den Bayreuther Festspielen
2004, 2005 und 2006



Da capo al Fine

Homepage Festspiele-Hauptseite E-Mail Impressum

© 2007 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: festspiele@omm.de

- Fine -