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Händel-Festspiele in Halle 2007
31. Mai bis 10. Juni 2007

"Triumph von Zeit und Wahrheit"
Mythos und Allegorie bei Händel

Von Gerhard Menzel


Die 48. Händel-Festspiele in Halle standen unter dem Motto „Triumph von Zeit und Wahrheit - Mythos und Allegorie bei Händel“. Das in der wissenschaftlichen Konferenz ausgiebig behandelte Thema prägte auch das wieder einmal  umfangreiche und weitgefächerte musikalische Programm der Festspiele.
Homepage: Händel-Festspiele in Halle
Händel-Festspiele in Halle

Stadthaus-Halle
Bläserbegrüßung auf dem Balkon
des Stadthauses


Den Höhepunkt des die Festspiele eröffnenden Festaktes bildete die Anwesenheit und die Festansprache der diesjährigen Schirmherrin Principessa Claudia Ruspoli, wodurch die Veranstaltung zumindest kurzzeitig internationale Bedeutung und Glanz erhielt. Immerhin ist die Principessa Nachfahrin des Fürsten Francesco Maria Ruspoli, der ein maßgeblicher Mäzen Händels während dessen Aufenthalts in Italien war. So komponierte Händel für das Haus Ruspoli zahlreiche Werke, wobei er sich – wie die Literatur und bildende Kunst - nicht selten der antiken Götter- und Heldensagen bedient hat, die zu seiner Zeit noch zum Allgemeingut der gehobenen Bildungsschicht gehörten.
Aus Interesse und um Traditionen zu bewahren, initiierte die
Principessa in der Sommerresidenz der Familie Ruspoli in Viterbo das „Festival Barocco“.

Das eigentliche Festkonzert mit einer Kurzfassung von Georg Friedrich Händels Oratorium „L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato“ (HWV 55) war dagegen eine  wirkliche Katastrophe. Wie schon bei der instrumentalen Eröffnung des Abends (Concerto [a due Cori] F-Dur für 2 Bläserchöre und Streicher HWV 333) erwies sich der orchestrale Beitrag zu diesem Konzert als reinstes „Schwimmfest“. Unter dem wilden und durch Turnübungen auf seinem Stuhl bereicherten Dirigat von Federico Maria Sardelli, war das Händelfestspielorchester der Staatskapelle Halle im ständigen Kampf um die richtigen Noten und um ein annähernd gemeinsames Zusammenspiel. Anscheinend war Federico Maria Sardelli dieser Situation in keinster Weise gewachsen, da er sowohl die ausgezeichneten Solisten Kirsten Blaise (Sopran), Charles Daniels (Tenor) und Michael Nagy (Bass) sowie das Immortal-Bach-Ensemble weitestgehend überhaupt nicht beachtete. Deren Chorleiter Morten Schuldt-Jensen übersah er beim Schlussbeifall dann noch geflissentlich (er war wohl zu sehr mit seiner eigenen Inszenierung und dem richtigen Schwung seiner Haarpracht beschäftigt) und auch die Solisten blickten nur noch erstaunt und ratlos umher. Es war – glücklicher Weise – mit Abstand das kürzeste „Festkonzert“ in der Geschichte der Händel-Festspiele in Halle, aber auch das schlechteste.

 
Die dadurch geschürten Befürchtungen für die diesjährige Opern-Neuproduktion des „Ariodante“, die musikalisch ebenfalls in der Verantwortung von Federico Maria Sardelli stand, traten dann allerdings – erfreulicher Weise – nicht gänzlich ein.

 
Die szenisch aufgeführten Opern bei den Händel-Festspiele in Halle 2007.

Ein wirkliches „Festkonzert“ konnten die Besucher der Georg-Friedrich-Händel-Halle dagegen bei der konzertanten Aufführung von Händels „Riccardo I., Re d’Inghilterra“ erleben. Vor dem Beginn wurde allerdings erst einmal der diesjährige Händel-Preis an Paul Goodwin überreicht, der mit dieser Aufführung seine Ehrung eindrucksvoll rechtfertigen konnte.

Engagiert, vital und  zupackend ließ Paul Goodwin die abwechslungsreich und farbig instrumentierte Musik Händels (mit Oboe, Quer- und Blockflöten, Horn sowie bis zu 3 Trompeten und Pauken), in all seinen Facetten und Affekten erklingen.

Das exquisite Solistenensemble wurde angeführt von Lawrence Zazzo in der Titelpartie des Riccardo I. (König von England /„Löwenherz“). Mit seiner nicht heldisch herausstechenden, sondern eher warm und gedeckt klingenden Altstimme, die er aber auch feurig und temperamentvoll einsetzte, verkörperte er den glücklichen, jungen, dynamischen und erfolgreichen Helden.
Riccardos Verlobte,  Costanza, wurde von der entzückenden Nuria Rial gesungen, deren warmer und  technisch perfekt geführter Sopran jugendliche Frische ausstrahlte und herrlich leuchtend feinste Nuancierungen hören ließ. Das  Liebesduett mit ihren beiden auf das innigste verschmelzenden Stimmen war einer der ganz großen Momente der Aufführung.

Andrew Foster-Williams als Isacio, Herrscher von Zypern (Bass), Geraldine McGreevy als dessen – schon etwas reifere Tochter – Pulcheria (Sopran), Tim Mead als deren Verlobter Oronte (mit sehr geschmeidiger mit flexibler Altstimme) und James Gilchrist als Berardo, Diener Riccardos (Bass) komplettierten das großartige Ensemble, das behutsam und sensibel von Paul Goodwin und dem auf „historischen“ Instrumenten musizierenden Kammerorchester Basel begleitet wurde. Aber auch die dramatischen Szenen der Oper konnten sie musikalisch adäquat gestalten und sorgten so für eine packende Wiederaufführung dieser 2. Fassung von 1727, die bei den diesjährigen Händel Festspiele in Halle erstmals nach der neuen Edition der Hallischen Händel-Ausgabe aufgeführt wurde.


Händel-Preis für Paul Goodwin
Georg-Friedrich-Händel-Halle
Überreichung des Händel-Preises
an Paul Goodwin


Riccardo I., Re d’Inghilterra
Georg-Friedrich-Händel-Halle
„Riccardo I., Re d’Inghilterra“

Giove in Argo
Freylinghausensaal der Franckeschen Stiftungen
„Giove in Argo“

Eine weitere konzertante Opernaufführung erlebten die Besucher im Freylinghausensaal der Franckeschen Stiftungen. Als Co-Produktion der Händel-Festspiele Halle mit den Göttinger Händel-Festspielen und den Festwochen Herrenhausen war hier Händels Pasticcio  „Giove in Argo“ (HWV A 14)  zu erleben. Alan Curtis, sein Ensemble Il Complesso Barocco sowie die Solisten Zachary Stains (Arete), Mary-Ellen Nesi (Iside), Vito Priante ( Erasto), Laura Cherici (Calisto), Theodora Baka (Diana) und Luigi De Donato (Licaone) sorgten auch hier, wie schon kurz zuvor bei den Göttinger Händel Festspielen für einen mitreißenden und temperamentvollen Abend, der das Publikum spür- und hörbar begeisterte.

Mehr zu „Giove in Argo“ im Bericht über die Göttinger Händel Festspiele 2007.

Ein besonderes Konzert erwartete die Besucher der Konzerthalle Ulrichskirche bei der Aufführung von Händels Oratorium „L'Allegro, il Penseroso ed il Moderato“. Es war ein Preisträgerkonzert, bei dem der Landesjugendchor Sachsen-Anhalt für die Erarbeitung und Aufführung dieses Oratoriums mit dem „enviaM-Förderpreis“ geehrt wurde.

Der Landesjugendchor Sachsen-Anhalt ist der Auswahl-Jugendchor des Bundeslandes, dem Sängerinnen und Sänger der Gymnasien und Hochschulen Sachsen-Anhalts angehören. Der Chor findet sich als Projektchor dreimal im Jahr zusammen, um in acht- bis zehntägigen Arbeitsphasen seine Programme zu erarbeiten. Er trat 1995 erstmals öffentlich auf, unternahm Auslandsreisen und trat bereits mehrfach bei den Händel-Festspielen in Halle auf. Künstlerischer Leiter des Landesjugendchores ist seit 2001 Wolfgang Kupke, der zusammen mit dem Halleschen Consort und den Solisten Gudrun Sidonie Otto (Sopran), Susanne Krumbiegel (Alt), Tobias Hunger (Tenor) und Johannes G. Schmidt (Bass) Händels Oratorium mit Übersicht und leichter Hand  präsentierte. Die den philosophischen Disput zwischen den verschiedenen Temperamenten, dem „Fröhlichen“, dem „Gedankenvollen“ und dem „Maßvollen“ erläuternden bzw. kommentierenden Chöre wurden vom Landesjugendchor Sachsen-Anhalt aufmerksam und mit ihren frischen und jugendlichen Stimmen erfreulich homogen gestaltet.

 

Weitere Werke, die im thematischen Kontext von Mythos und Allegorie standen und zum programmatischen Schwerpunkt der Händel-Festspiele 2007 gehörten, waren u.a. „Semele“, Apollo e Dafne“ und Monteverdis „L'Orfeo“.    

  

Obligatorische Programmpunkte der Festspiele waren wie immer eine Aufführung von Händels „Messiah“, der Begegnungsabend im Hof des Händel-Hauses („Zu Gast bei Händel“) mit Besuchern und Künstlern der Festspiele sowie die beiden Open-air-Veranstaltungen „Bridges to Classics“ (mit Feuerwerk) und das „Abschlusskonzert“ mit Feuerwerk zu Händels „Music for the Royal Fireworks“ in der atmosphärischen Galgenbergschlucht. 

 

Eine sehenswerte Ausstellung mit dem Titel "I will still proceed to publish more" war in den Räumen des Händel-Hauses zu sehen, die an Hand eindrucksvoller Zeugnisse die Verbreitung der Musik Händels in frühen Notendrucken und Abschriften präsentierte.

 

Die Händel-Festspiele im Jahr 2008 stehen unter dem Motto „Geistliche Musik im profanen Raum - Von La Resurrezione zum Messiah“.

 

enviaM-Förderpreis
Konzerthalle Ulrichskirche
L'Allegro, il Penseroso ed il Moderato“
Übereichung des „enviaM-Förderpreis“
an den Landesjugendchor Sachsen-Anhalt




Händel-Drucke
Händel-Haus
"I will still proceed to publish more"
Die Musik Händels in frühen
Notendrucken und Abschriften


Händel-Drucke




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