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Musikfestspiele
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Orlando
Oper in drei Akten (HWV 31)
von Georg Friedrich Händel

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Premiere am 2. Mai 2008
im Deutschen Theater Göttingen
Weitere Aufführungen: 4., 6., 8., 10. und 12. Mai 2008


Barocker Glanz mit Charme und Witz 

Von Gerhard Menzel / Fotos von Dorothea Heise

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Händels Oper „Orlando“ kam in Göttingen zwar schon im Jahr 1980 zur Aufführung, damals allerdings in deutscher Sprache. Daher gab es in diesem Jahr zum ersten Mal (sechs!) Aufführungen in der italienischen Originalfassung. 


William Towers (Orlando)


Den auf Ludovico Ariosts „Orlando furioso“ (Der rasende Roland/1516) basierenden Stoff hatte ein unbekannter Bearbeiter nach dem Libretto von Carlo Sigismondo Capece (Rom 1711) erstellt und eine ganze Reihe Veränderungen vorgenommen, die Händels Oper zu einer seiner originellsten Londoner Opern  werden ließ.


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Diana Moore (Sesto) und
Susanne Rydén  (Dorinda))

Außer, dass er mit Dorinda eine gänzlich neue Rolle eingeführt hat (und die zu einer ganz zentralen Figur des Stückes wird), bricht das Stück mit vielen Konventionen der opera seria seiner Zeit. So eröffnet nicht der „Held“ die Oper, sondern eine Nebenfigur, der Magier Zoroastro, der zudem noch von einem Bass gesungen wird, wobei dieser Stimmgattung bis dahin sonst nur kleine Partien (oft Diener) vorbehalten waren. Gar eine „Frechheit“ war es demzufolge auch, dass er dieses dann auch noch mit einer heroischen Arie macht. Der Grund dafür war, dass Händel zu dieser Zeit der herausragende und gefeierte Bassist Antonio Montagnana zur Verfügung stand (diesem war letztes Jahr bei den Händel-Festspielen in Göttingen 2007 sogar ein eigenes Konzert gewidmet). Hier hatte diese Partie der stimmgewaltige und spielfreudige Wolf Matthias Friedrich übernommen, der allerdings so vordergründig „witzig“ agierte, dass er weniger den Eindruck eines weisen Magiers und bedachten Lenkers der Geschehnisse hinterließ, als den eines aufgeblasenen Wichtigtuers. Dabei ist gerade er der „moderne“ Charakter des Stückes, dessen Ansichten ihn als Vertreter der Aufklärung und des damals aufkommenden Freimaurertums ausweisen.


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Dominique Labelle (Angelica)
und William Towers (Orlando)

Komische Szenen und Figuren enthält diese Oper wahrlich in reichem Maße. Alleine der Titelheld sorgt für genügend Stoff, um sich zu amüsieren, was der Altus William Towers allerdings nur eingeschränkt umsetzen konnte. Zwar steigerte er sich im Laufe des Abends – entsprechend der Anlage der Partie – bis zur Wahnsinnsszene im zweiten Akt (Wahnsinnige dienten damals oft der Unterhaltung), doch blieb seine Stimme eher blass und eindimensional, wodurch er sowohl stimmlich als auch darstellerisch nicht an die Qualitäten der drei dominierenden Damen heranreichen konnte.


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Dominique Labelle (Angelica)
und
Diana Moore (Medoro)

Die Partie der Angelica ist die einer wirklichen Prima donna und Dominique Labelle blieb dieser in keiner Beziehung etwas schuldig. Ungewöhnlicher Weise ist die Prima donna dieses Stückes gar nicht in den Primo uomo (Orlando) verliebt, sondern in den „rangniederen“ Medoro, der von Diana Moore mit ihrer herrlich strömenden und klangschönen Stimme formvollendet gestaltet wurde.
Eigentlich eine neapolitanische Buffa-Nebenrolle, wurde die Schäferin Dorinda zur zentralen Figur des Stückes, die Dank der mannigfaltigen sängerischen und spielerischen Möglichkeiten von Susanne Rydén zum eigentlichen Star der Aufführung avancierte. Ihr gemeinsames Trio gehörte zu einer der musikalisch schönsten und bewegendsten Momente der Oper.
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Dominique Labelle (Angelica),
Susanne Rydén  (Dorinda)
und Diana Moore (Medoro)
 

Dass die pastorale Klangwelt dieser Oper auch optisch so wunderbar mit Händels Musik korrespondierte, ist der auf historische Aufführungspraktiken spezialisierte Choreographin und Regisseurin Catherine Turocy zu danken. Sie war dabei nicht darauf aus, eine Lehrstunde zu zelebrieren, sondern sie fand für diese nur im Freien spielende Oper genau die richtige Mischung von Ernst und Komik, die sie – zumindest bei den drei Damen – in historisch nachempfundenen Gesten und Bewegungen der Protagonisten umzusetzen verstand.

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Wolf Matthias Friedrich (Zoroastro) und
The New York Baroque Dance Company


Perfektion in Technik und Darstellung boten die Mitglieder der von Catherine Turocy geleiteten New York Baroque Dance Company, die als Feuergeist/Prinzessin, Luftgeist/Proserpina und Feuersalamander die Szene durch die Leichtigkeit und Grazie ihrer Bewegungen wunderbar bereicherten.

Akzentuiert wurde das optische Geschehen durch die herrlichen Kostüme von Bonnie Kruger und die sich schnell wandelnden, pastoralen Bühnenbilder von Scott Blake. Die visuellen Höhepunkte der Aufführung waren der zischend und Funken sprühend durch die Luft fliegende Feuerwagen des Zoroastro, mit dem dieser Orlando aus der einstürzenden Grotte rettete und der stattliche Wüstenbussard, der als Adler aus dem obersten Rang auf die Bühne schwebte und Zoroastro die zur Heilung Orlandos nötige Medizin brachte.

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Wolf Matthias Friedrich (Zoroastro)
mit
William Towers (Orlando)


Alles im Griff und unter Kontrolle, versprühte Nicholas McGegan am Pult des FestspielOrchester Göttingen aus dem Graben heraus wieder allerhand Energie und instrumentale Pracht. Obwohl ihm dabei immer wieder wunderbar empfindsame Stellen und dramatisch zugespitzte Orchestertutti gelangen, blieb die instrumentale Seite dieser Aufführung – wohl auch der großen Präsenz des unglaublich guten Damentrios wegen – über weite Strecken eher unauffällig.


FAZIT

Ein barockes Fest für Auge und Ohr.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Nicholas McGegan

Regie
Catherine Turocy

Bühne
Scott Blake

Kostüme
Bonnie Kruger

Beleuchtung
Pierre Dupouey

The New York Baroque
Dance Company

Caroline Copeland
Sarah Edgar
Alan Jones
Jason Melms


FestspielOrchester Göttingen

Solisten

Orlando
William Towers

Zoroastro
Wolf Matthias Friedrich

Angelica
Dominique Labelle

Medoro
Diana Moore

Dorinda
Susanne Rydén


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Göttinger Händel Festspielen
(Homepage)




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