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Barocker Glanz mit Charme und Witz
Von Gerhard Menzel
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Fotos von Dorothea Heise
Händels Oper „Orlando“ kam in
Göttingen zwar schon im Jahr 1980 zur Aufführung, damals allerdings in
deutscher Sprache. Daher gab es in diesem Jahr zum ersten Mal (sechs!) Aufführungen in
der italienischen Originalfassung. William Towers (Orlando)
Den auf Ludovico Ariosts „Orlando furioso“ (Der rasende Roland/1516) basierenden Stoff hatte ein unbekannter Bearbeiter nach dem Libretto von Carlo Sigismondo Capece (Rom 1711) erstellt und eine ganze Reihe Veränderungen vorgenommen, die Händels Oper zu einer seiner originellsten Londoner Opern werden ließ. Diana Moore (Sesto) und Susanne Rydén (Dorinda))
Außer,
dass er mit Dorinda eine gänzlich neue Rolle eingeführt hat (und die zu
einer ganz zentralen Figur des Stückes wird), bricht das
Stück mit vielen Konventionen der opera seria seiner Zeit. So eröffnet
nicht
der „Held“ die Oper, sondern eine Nebenfigur, der Magier Zoroastro, der
zudem
noch von einem Bass gesungen wird, wobei dieser Stimmgattung bis dahin
sonst nur
kleine Partien (oft Diener) vorbehalten waren. Gar eine „Frechheit“ war
es
demzufolge auch, dass er dieses dann auch noch mit einer heroischen
Arie macht.
Der Grund dafür war, dass Händel zu dieser Zeit der herausragende und
gefeierte
Bassist Antonio Montagnana zur Verfügung stand (diesem war letztes Jahr
bei den
Händel-Festspielen in Göttingen 2007 sogar ein eigenes Konzert
gewidmet). Hier
hatte diese Partie der stimmgewaltige und spielfreudige Wolf Matthias
Friedrich
übernommen, der allerdings so vordergründig „witzig“ agierte, dass er
weniger den
Eindruck eines weisen Magiers und bedachten Lenkers der Geschehnisse hinterließ, als den eines aufgeblasenen
Wichtigtuers. Dabei ist gerade er der „moderne“ Charakter des Stückes, dessen Ansichten
ihn als Vertreter der Aufklärung und des damals aufkommenden Freimaurertums
ausweisen. Dominique Labelle (Angelica)
Komische Szenen und Figuren
enthält diese Oper wahrlich in reichem Maße. Alleine der Titelheld sorgt für
genügend Stoff, um sich zu amüsieren, was der Altus William Towers allerdings
nur eingeschränkt umsetzen konnte. Zwar steigerte er sich im Laufe des Dominique Labelle (Angelica) und Diana Moore (Medoro)
Die Partie der Angelica ist die
einer wirklichen Prima donna und Dominique Labelle blieb dieser in keiner
Beziehung etwas schuldig. Ungewöhnlicher Weise ist die Prima donna dieses
Stückes gar nicht in den Primo uomo (Orlando) verliebt, sondern in den „rangniederen“
Medoro, der von Diana Moore mit ihrer herrlich strömenden und klangschönen
Stimme formvollendet gestaltet wurde.
Eigentlich eine neapolitanische Buffa-Nebenrolle, wurde die Schäferin Dorinda zur zentralen Figur des Stückes, die Dank der mannigfaltigen sängerischen und spielerischen Möglichkeiten von Susanne Rydén zum eigentlichen Star der Aufführung avancierte. Ihr gemeinsames Trio gehörte zu einer der musikalisch schönsten und bewegendsten Momente der Oper.
Dominique Labelle (Angelica),
Dass die pastorale Klangwelt dieser
Oper auch optisch so wunderbar mit Händels Musik korrespondierte, ist der auf
historische Aufführungspraktiken spezialisierte Choreographin und
Regisseurin Catherine Turocy zu danken. Sie war
dabei nicht darauf aus, eine Lehrstunde zu zelebrieren, sondern sie fand für
diese nur im Freien spielende Oper genau die richtige Mischung von Ernst und
Komik, die sie – zumindest bei den drei Damen – in historisch nachempfundenen
Gesten und Bewegungen der Protagonisten umzusetzen verstand.
Wolf Matthias Friedrich (Zoroastro) und
Perfektion in Technik und Darstellung boten die Mitglieder der von Catherine Turocy geleiteten New
York Baroque Dance Company, die als Feuergeist/Prinzessin,
Luftgeist/Proserpina und Feuersalamander die Szene durch die
Leichtigkeit und Grazie ihrer Bewegungen wunderbar bereicherten.
Akzentuiert wurde das optische Geschehen durch die herrlichen Kostüme von Bonnie Kruger und die sich schnell wandelnden, pastoralen Bühnenbilder von Scott Blake. Die visuellen Höhepunkte der Aufführung waren der zischend und Funken sprühend durch die Luft fliegende Feuerwagen des Zoroastro, mit dem dieser Orlando aus der einstürzenden Grotte rettete und der stattliche Wüstenbussard, der als Adler aus dem obersten Rang auf die Bühne schwebte und Zoroastro die zur Heilung Orlandos nötige Medizin brachte.
Wolf Matthias Friedrich (Zoroastro) mit William Towers (Orlando)
Alles im Griff und unter
Kontrolle, versprühte Nicholas McGegan am Pult des FestspielOrchester Göttingen aus dem Graben heraus wieder allerhand
Energie und instrumentale Pracht. Obwohl ihm dabei immer wieder wunderbar
empfindsame Stellen und dramatisch zugespitzte Orchestertutti gelangen, blieb
die instrumentale Seite dieser Aufführung – wohl auch der großen Präsenz des
unglaublich guten Damentrios wegen – über weite Strecken eher unauffällig.
Ein barockes Fest für Auge und Ohr.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungNicholas McGegan
Regie
Bühne
Kostüme
Beleuchtung The New York Baroque Solisten
Orlando
Zoroastro
Angelica
Medoro
Dorinda
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- Fine -