Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum



Susanna
Oratorio in three acts, HWV 66
von Georg Friedrich Händel

In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 ¼ Std. (eine Pause)

Aufführung am 27.02.2008
im Opernhaus des Badischen Staatstheaters Karlsruhe


Homepage des Badischen Staatstheaters Karlsruhe

Badisches Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)

Schönes Werk, farb- und kontrastschwach vermittelt

Von Bernhard Drobig

Dass die Leitung der Karlsruher Händel-Festspiele heuer neben die Inszenierung von Händels beliebtester und meistgespielter Oper "Giulio Cesare" die konzertante Wiedergabe seines nicht minder wertvollen, doch stets im Schatten verbliebenen dreiaktigen Oratoriums "Susanna" von 1748 gesetzt hat, ist allen Lobes wert, zumal hierfür werkgerecht die Deutschen Händel-Solisten zum Einsatz kamen. Händels "Susanna" mit dem englischsprachigen Libretto unbekannter Feder nach einem apokryphen Zusatz zum Buch Daniel verdient in der Tat eine besonders liebevolle Zuwendung, mag in der Literatur auch noch so sehr auf die Disparität der Chöre und Solopartien abgehoben werden und außer Betracht bleiben, dass die zumeist mehrgliedrigen Chöre neben aller szenographischen und kommentierenden Funktion entscheidende Mittel sind, die inhärente Spannung zu beleben und dramaturgisch effektive Kontraste zu bilden, ja überhaupt die zentrale Idee des Werks zu thematisieren. Von der Sehnsucht nach dem Ende der babylonischen Gefangenschaft handeln sie, von der Zuversicht, dass Jahwe grundsätzlich Unrecht ahndet; von der Strafe für Ehebruch und von des Himmels Schutz für eheliche Treue; vom Schuldspruch über Susanna und vom Wunsch nach Aufdeckung der Wahrheit; vom beglückenden Freispruch und von der sich darin bestätigenden Zuversicht auf Jahwes Gerechtigkeit.

Exemplifiziert wird diese immer wieder ins Bewusstsein gehobene fundamentale Bedeutung von Recht und Gerechtigkeit an dem durch Amtsmissbrauch gestörten Frieden der Eheleute Joachim und Susanna sowie ihres Vaters Chelsias. In zunächst drei Zyklen je dreier Arien bekunden diese ihr Gottvertrauen wie ihre Treue zu- und Sorge füreinander, während zwei Rechtsvertreter einander ihre Geilheit bekennen und mit Susanna zu befriedigen suchen. Und zwar bei deren Bad, in dessen anmutiges Szenario sie kompromittierend eindringen und die sich lauthals Wehrende im Angesicht Herbeieilender brüsk des Ehebruchs bezichtigen, um sich selbst zu salvieren. Der verleumdeten Susanna bleibt angesichts der zu erwartenden Todesstrafe nur Gottergebenheit und die Hoffnung, den Lohn für ihre Unschuld im Jenseits zu erhalten. Doch den findet sie bereits hienieden, da der junge Daniel das Recht erhält, die Lügner zu verhören, er sie des Widerspruchs überführen kann und Susanna erlöst, zu Freude und neuem Familienglück.

Händel hat den vielen für die Handlung konstitutiven Gegensätzen von wahrer und korrupter Rechtsprechung, ehelicher Treue und abartiger Lüsternheit, Schmerzen und Freuden der Liebe, beseligender Idylle und skurriler Arroganz in 25 Arien, zwei Duetten und einem Terzett ein fein austariertes, facettenreiches Klanggeschehen zugedacht und es meisterlich mit der Monumentalität der neun vom Recht handelnden Chöre gerahmt und durchsetzt. Unter Christian Curnyn's musikalischer Leitung freilich kam dies kaum über die Rampe, nicht etwa, weil er neben zwei Rezitativhälften insgesamt fünf Arien und ein Dacapo sowie einen Chor ausgespart hat, sondern weil er den Eindruck erweckte, als habe er ein opernähnliches Darstellen der Affekte soweit eben möglich vermeiden wollen. Indes spürte man je länger je deutlicher, dass espritvollere Spritzigkeit, sensiblere Zeichnung der vielen subtilen Gefühlsschattierungen und markanter differenzierte Agogik den Farbenreichtum des Werkes wesentlich sinnfälliger hätten werden lassen können. Statt dessen schienen Soli und Orchester weitestgehend geglättet, klangen sie eindrucksvoll gefällig, aber letztendlich zu schön, um wahr zu sein, weil viel zu emotionslos, während der grosso modo ziemlich kernig anmutende Chamber Choir of Europe, von Nicol Matt gut einstudiert, einem anderen Klangideal zugetan schien.

Und die Solisten? Sie sangen insgesamt bis in die elegant gebundenen Koloraturen hinein schön und exakt, wirkten im Interpretatorischen aber wie auf sich allein gestellt, was nicht zuletzt auch darin deutlich wurde, dass Pausen in den Rezitativen kaum Beachtung fanden. So gab denn die im vollen Ambitus kraftvolle Mezzosopranistin Silvia Hablowitz eine eher distanziert herbe Susanna und hätte doch schon bei wenig mehr Beseelung selbst diese Deutung noch viel gewinnender darstellen können, bot der lupenrein klare Countertenor David Allsopp mehr berückendes Belcanto als verinnerlichte Empfindungen und verlieh der wuchtige, doch geschmeidige Bass dem Vater der Titelheldin sonore Würde, wennschon er im Aufruf zur Freude allzu massiv ausbrach. Benjamin Bruns hätte, wenn nicht erst kurzfristig eingesprungen, mit seinem weichen lyrischen Tenor dem schamhaft triebkranken ersten Ältesten sicher noch überzeugenderes Profil angedeihen lassen, so wie es der profunde Bass Mika Kares der kompromisslosen Selbstgerechtigkeit des zweiten Ältesten zuteil werden ließ. Diana Tomsche schließlich stellte den jungen Daniel mit ihrem entzückend hellen Sopran eher engelgleich als von puerilem Eifer besessen dar. Schade auch, dass man sich nur auf verschwindend wenige Verzierungen verstand und oftmals Ritardandi Kadenzen ersetzten.
Gleichwohl, das Publikum applaudierte herzlich.


FAZIT

Bei dem nicht zuletzt durch mehrere Konzertmeister und Ensembleleiter mitgetragenen hohen Niveau der Deutschen Händel-Solisten und den aufgebotenen Vokalqualitäten hätte eine allgemein tiefer greifende und stärker beseelte Auslotung der von Händel meisterlich gezeichneten Charaktere dem fein geschliffenen Juwel "Susanna" mehr an funkelnder Strahlkraft abgewinnen können.

Mehr von den 31. Händel-Festspielen in Karlsruhe




Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Christian Curnyn

Einstudierung des Chores
Nicol Matt



Chamber Choir of Europe

Deutsche Händel-Solisten
Konzertmeisterin: Andrea Keller


Solisten

Susanna
Silvia Hablowetz (MS)

Joacim
David Allsopp (CT)

Chelsias
Simon Bailey (B)

1st Elder
Benjamin Bruns (T)

2nd Elder
Mika Kares (B)

Daniel
Diana Tomsche (S)


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Badischen Staatstheater Karlsruhe
(Homepage)




Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum

© 2008 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -