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Musikfestspiele
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Pfingstfestspiele 2011

Salome
Musikdrama in einem Aufzug
Text
vom Komponisten nach dem gleichnamigen Drama von Oscar Wilde (1894) in der Übersetzung von Hedwig Lachmann
Musik von Richard Strauss

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 ¾ Stunden (keine Pause)

Premiere am 10. Juni 2011
Besuchte (3.) Aufführung am 16.Juni 2011


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Festspielhaus Baden-Baden
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Pfingstfestspiele 2011

Raubtier Salome

Von Christoph Wurzel / Foto von Andrea Kremper

Welch lange Reihe großer Namen von Sängerinnen der Titelpartie prägt doch die Aufführungsgeschichte dieser Oper! Angefangen von Marie Wittich, die in der Uraufführung zwar nur sang und sich beim Schleiertanz doubeln ließ, dennoch aber am triumphalen Erfolg der Oper sicher nicht unschuldig war, enthält die Liste legendäre Sopranistinnen wie Emmy Destinn, Ljuba Welitsch, Birgit Nilsson, Leonie Rysanek oder Hildegard Behrens. Seit ihrem erfolgreichen Rollendebut in München vor 5 Jahren (unsere Rezension) ist Angela Denoke gegenwärtig wohl die gefragteste Darstellerin dieser mörderischen Partie, die sängerische Kondition bis zum Schluss verlangt, wo nach mehr als 1 ½ Stunden Bühnenpräsenz samt Tanz und Ansingen gegen meist üppigen Orchesterklang noch lyrische Töne der Verzückung ( „Ich habe deinen Mund geküsst“) gefragt sind. Doch die Denoke bewältigt dies in schier unglaublicher Perfektion. Sie verfügt genau über die für diese Rolle nötige Wandlungsfähigkeit, welche alle Spielarten der Berechnung vereint: Naivität, Trotz, sirenenhaftes Locken, extrovertiertes Verlangen und unerbittliches Fordern bis hin zur erlösenden Entspannung, wenn sie endlich mit der Präsentation von Jochanaans Kopf auf der silbernen Schale ans Ziel ihrer Wünsche gelangt ist. Denoke singt diese Facetten eines neurotischen Rollen-Charakters eindrucksvoll stimmig und technisch souverän, wie sie die Stimme der Situation anpasst und alle Sprünge und harmonischen Brüche der Musik expressiv aussingt.

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Am Ziel: Salome (Angela Denoke) mit dem Kopf des Jochanaan (Pappmasché)

Enorm ist die Bühnenpräsenz von Angela Denoke. Sie spielt das grenzenlose, dekadente Verlangen dieser Figur  wie ein angespanntes Raubtier, das seine Beute umschleicht, einkreist und dann in der Erwartung des Sieges einen haltlosen Tanz vollführt, um ganz am Schluss ihren Sieg zu genießen. In diesem Bogen zwischen nervöser Ziellosigkeit, zügellosem Verlangen und narzisstischem Triumph hält Angela Denoke die Spannung über den Abend intensiv aufrecht. So führt der Schleiertanz denn auch in dieser Inszenierung weniger eine erotisch affizierte Klimax vor, sondern das fast schon selbstvergessene Ritual einer Jägerin, die sich ihrer Beute schon gewiss ist. Erotisch ist dieser Tanz wohl eher in den Augen des ältlichen Herodes, der seine Stieftochter lüstern begehrt. Dieser in jeder Inszenierung mit Spannung erwartete Schleiertanz mag zur Enttäuschung vieler hier in Nikolaus Lehnhoffs Regie  und der Choreografie von Denni Sayers unspektakulär erschienen sein, in der Logik dieses Regieansatzes jedoch ist er stimmig.


Vergrößerung in neuem FensterBerechnende Anschmiegsamkeit: Angela Denoke (Salome) und Kim Begley (Herodes)

Nikolaus Lehnhoff lässt die Handlung in einem schon demonstrativ hässlichen, kalten Ambiente spielen. Man sieht beschädigte Betonwände mit Treppen und Absätzen, unter denen sich Müll angesammelt hat. In einer oberen Nische steht ein Sportwagen als Symbol des Luxus, wie auch die Kostüme des Hofstaats geschmacklose Luxussucht verraten. Es ist also eine heruntergekommene Gesellschaft, die diese Zügellosigkeit der Handlung hervorbringt. So ganz neu ist freilich dieser Gedanke nicht, zu dem Lehnhoff noch durch die Gestalt von Jochanaans Henker, einen muskulösen Lustknaben im Ledertanga aus unverkennbar homoerotischem Milieu, einen durchaus entbehrlichen Fingerzeig hinzufügt.
Jedenfalls sind die Figuren prägnant gezeichnet. Jochanaan erscheint als weltfremder Guru mit teilrasiertem Schädel. Alan Held singt ihn mit dröhnender Stimme aus dem Verließ und im  Prophetenton entsprechend pathetisch. Kim Begley ist ein nervös getriebener Herodes, gehetzt in seiner Fixierung auf Salomes Gunst. Nicht immer bleibt er über dem Orchester hörbar. Doris Soffel zeigt Herodias als hysterische Hexe, verzerrt im Spiel wie im Singen. Reine Karikatur ist das Judenquintett in seiner albernen Hektik ebenso wie die Nazarener, deren Erscheinungsbild von kitschig-katholischen Heiligenbildchen abgeschaut ist.


Vergrößerung in neuem Fenster Kaputte Gesellschaft, kaputte Welt: Doris Soffel (stehend) als Herodias

Stefan Soltesz lässt im Orchester alle Farben der Partitur aufs Reinste erstrahlen: wunderbar der Schleiertanz! Das sind die schönsten Momente der Aufführung. Die andere Seite ist eine bisweilen die Schmerzgrenze erreichende Klangexplosion in rein orchestralen Passagen. Doch dann, wenn gesungen wird, lässt Soltesz die Sänger durchkommen, so dass sogar der Text gut verständlich ist.


FAZIT

Alles in allem zeigt die Szene professionelle Routine, doch nur wenig Inspiration. Das Orchester bringt die Partitur zum Leuchten. Die Besetzung ist prächtig, Angela Denokes Salome exorbitant.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Stefan Soltesz

Inszenierung
Nikolaus Lehnhoff

Bühnenbild
Hans-Martin Scholder

Kostüme
Bettina Walter

Licht
Duana Schuler

Tanz-Choreografie
Denni Sayers 


Deutsches Symphonie-Orchester Berlin 


Solisten

Salome
Angela Denoke

Herodes
Kim Begley

Herodias
Doris Soffel

Jochanaan
Alan Held

Narraboth
Marcel Reijans

Page der Herodias
Jurgita Adamonytè

Fünf Juden
Jeffrey Francio
Benjamin Hulett
Timothy Robinson
Pascal Pittie
Reinhard Dorn

Zwei Nazarener
Steven Humes
Roman Grübner

Zwei Soldaten
David Jerusalem
Artur Grywatzik


Ein Cappadocier
Roman Grübner

Ein Page
Iwona Sakowicz

Naaman
Patrick Büttner
 


Weitere Informationen
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