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Buddha goes to Bayreuth

Ein Abend mit Musik von John Cage und einer Uraufführung von Robert Moran

Aufführungsdauer: ca. 2h (eine Pausen)

Uraufführung im Gasometer Oberhausen am 2. Oktober 2011

Logo: Ruhrtriennale 2011

Buddha kam nur bis Oberhausen

von Stefan Schmöe / Fotos von Paul Leclaire

Richard Wagner hat sich lange Jahre den Plan einer Buddha-Oper mit sich herumgetragen. Als Folge der Auseinandersetzung mit dem Werk Schopenhauers entstand 1856 ein Prosa-Entwurf einer Oper mit dem Titel Die Sieger, dessen weitere Ausarbeitung Wagner gedanklich bis zur Komposition des Parsifal beschäftigt haben dürfte. Die Wurzeln des Christentums sah Wagner eher im Buddhismus als im Judentum, und unter diesem Aspekt kann man den Parsifal als ein weniger christlich als vielmehr buddhistisch inspiriertes Ritual auffassen. Die Konzeption der Sieger war auch dadurch hinfällig.


Vergrößerung in neuem Fenster Julia Mihály und Rupert Huber

Im Rahmen der aktuellen Triennale-Programmatik, die Querverbindungen zwischen der westlich-christlichen Kultur und buddhistischen Gedanken aufspüren will, hat Intendant Willy Decker nicht den Parsifal, sondern Tristan und Isolde als eines der zentralen Werke dieser Triennale selbst inszeniert (unsere Rezension). Das Konzert des ChorWerk Ruhr im Oberhausener Gasometer mit einem Auftragswerk des amerikanischen Komponisten Robert Moran setzt diesen Dialog der Kulturen in entgegengesetzter Richtung fort, indem hier Material aus dem Parsifal in eine buddhistisch inspirierte Meditationsmusik transformiert wird. Der nicht eben seriös anmutende Titel Buddha goes to Bayreuth spielt genau darauf an. Das ist freilich in erster Linie Ausdruck eines sehr amerikanischen Zugangs, der die hehre Kunst aus dem Elfenbeinturm herab holt – auch die launige Werkeinführung durch den Komponisten unmittelbar vor der Uraufführung geht in diese Richtung.

Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein durch und durch seriöses Werk. Moran, geboren 1937 und Weggefährte von John Cage, hat 64 Akkorde aus dem Parsifal ausgewählt und mit Hilfe des I Ging und Zufallsoperationen neu organisiert. Das Ergebnis sind ruhige, sehr gemächlich sich abwechselnde Klangflächen für zwei Chöre. Der Höreindruck wird dabei maßgeblich bestimmt durch den extrem starken Nachhall im Oberhausener Gasometer. Jeder Klang erzeugt mit etwa einer Sekunde Verzögerung ein vergleichsweise klares Echo, darauf folgt ein diffuser, räumlich schwer zu ortender Mischklang von vielen Sekunden Dauer. Würde man es in christliche Metaphorik übersetzen wollen, könnte man von einem irdisch erzeugten Chorton und einer Antwort wie aus dem Himmel sprechen. Zu diesen beiden Klangsphären kommt noch eine dritte hinzu, nämlich die Umgebungsgeräusche, durch die Metallwände des Baus zu einem unregelmäßigen Rauschen verstärkt.


Vergrößerung in neuem Fenster Komponist Robert Moran

Es ergeben sich in der Tat die vom Komponisten intendierten Momente großer Schönheit. Auch ist in diesen rund 40 Minuten das Zeitgefühl weitgehend außer Kraft gesetzt. Alle Entwicklung ist aufgegeben, diese Klänge existieren nur noch in und für ihre unmittelbare Gegenwart. Unbequem auf den flachen Stufen in der Weite des festlich dunklen Gasometers sitzend kann man sich davon gefangen nehmen lassen. Der Methode allerdings haftet in ihrer durch den metaphysischen Überbau gerechtfertigten Schlichtheit aber auch etwas Kunstgewerblerisches an. Die Sängerinnen und Sänger des ChorWerk Ruhr sangen bemerkenswert sauber und mit geradezu puristisch schlankem Klang.

Das stärkere, nachhaltiger wirkende Werk war vor der Pause zu hören, eine Komposition von John Cage: Ryoanji for any 20 instruments, hier in einer Fassung für 20 Instrumente und die ausgezeichnete Sopransolistin Julia Mihály eingerichtet (die gleichzeitig auch Klangregie führt und einzelne Gesangssequenzen elektronisch zusteuert). Inspiriert von einem Zen-Garten in Kyoto hat Cage das Werk, das durch markante Glissandi geprägt wird, zwischen 1983 und 1985 komponiert und vergleichsweise streng organisiert – immerhin bedarf es eines Dirigenten (auch wenn dieser nach Art eines Verkehrspolizisten zu agieren hat, wie der hier mit großen Bewegungen dirigierende Rupert Huber in der Einführung äußerte). Angesichts der komplex versetzten Streichereinsätze hätte man sich an den wenigen Stellen, an denen offenbar ein gemeinsamer Einsatz erwünscht war, größere Geschlossenheit vom ansonsten überzeugenden Ensemble Resonanz gewünscht.

Freier in den Möglichkeiten der Realisierung sind jedenfalls die Song Books, die viele musikalische Parallelaktionen erlauben und auf die Autarkie der Ausführenden setzen – das sind hier 10 Sängerinnen und Sänger des Chores, die zwischen Singen, Sprechen und theatralischen Aktionen im Raum verteilt bravourös agieren. Heraus kommt eine Mischung aus Jahrmarkt und Welttheater, durch die merkwürdige Akustik noch einmal surreal verfremdet und nicht ohne Humor.


FAZIT

Nein, Buddha erreicht Bayreuth nicht; von so viel Experimentierfreude sind die Bayreuther Festspiele allen Inszenierungswirren zum Trotz dann doch weit entfernt. Vielmehr sind es solche Konzerte, die den Charme und die Einzigartigkeit der Ruhrtriennale ausmachen.




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Programm

John Cage:
Song Books
Ryoanji for any 20 instruments
in einer Realisation für 20 Streicher
und Sopran Solo

Robert Moran:
Buddha Goes to Bayreuth
für 2 Chöre und 2 Streichorchester
Auftragswerk für das ChorWerk Ruhr - Uraufführung

Ausführende

Julia Mihály, Sopran

ChorWerk Ruhr

Ensemble Resonanz

Musikalische Leitung:
Rupert Huber





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