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Salzburger Festspiele 2011

Le Rossignol
Lyrisches Märchen in drei Akten
Text von Igor Strawinsky und Stepan Stepanowitsch Mitusow
nach dem Märchen Die Nachtigall von Hans Christian Andersen
Musik von Igor Strawinsky


Iolante
Lyrische Oper in einem Akt
Text von Modest Iljitsch Tschaikowski
nach dem Schauspiel König Renés Tochter von Henrik Hertz
Musik von Peter Iljitsch Tschaikowski


In russischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)


Konzertante Aufführung am 15. August 2011 im Großes Festspielhaus

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Salzburger Festspiele
(Homepage)

Ein Fest der Stimmen

Von Stefan Schmöe / Fotos von den Salzburger Festspielen, © Wolfgang Lienbacher

Einen besonderen Liebling unter den vielen Stars vor Ort haben die Salzburger Festspiele seit langem: Anna Netrebko. Hier startete sie als Donna Anna in Martin Kusejs Don Giovanni zu einer Karriere durch, die sie an die Spitze der weltweiten Klassikszene trug, mit deren Vermarktungsmechanismen die Russin, die zur österreichischen Staatsbürgerin wurde, perfekt umzugehen weiß. Ihre 2002 noch fast mädchenhafte Donna Anna war eine Sensation! Für die von Willy Decker TV-gerecht inszenierte Traviata an der Seite von Rolando Villazon und als Susanna in Claus Guths und Nicolaus Harnoncourts Figaro im Mozartjahr 2006 war sie die Wunderwaffe (um nicht Zugpferd zu sagen) für einen bis dahin in Salzburg nie dagewesenen Medienrummel. Nach ihrer Babypause und einer Julia (in der Mantel- und-Degen-Version von Charles Gounods Romeo et Juliette in der Felsenreitschule) war sie in diesem Jahr, gemeinsam mit ihrem smarten Latino-Lebenspartner (und aktuellem Figaro und Leporello) Erwin Schrott, im Festspielbezirk nicht nur das bevorzugte Objekt für Promijäger jeder Art, sondern mit effektvoll in Szene gesetzten konzertanten Auftritten auch wieder eine gefeierte Protagonistin.

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Anna Neterbko und Piotr Beczala (Foto: © Wolfgang Lienbacher)

Dabei begeisterte sie vor allem in zwei Vorstellungen als blinde Prinzessin Iolante, die in Tschaikowskis selten gespieltem Einakter gleichen Namens durch die Macht der Liebe sehend wird. Dass man seinem Liebling dabei huldigen konnte, ohne sich mit einer szenischen Deutung auseinandersetzen zu müssen, mag zu der außergewöhnlichen Begeisterung beigetragen haben, mit der das Publikum diese Iolante bejubelte. Dieses Ressentiment gegenüber Inszenierungen bestimmt nämlich nach wie vor einen großen Teil der Pausengespräche. Im Falle von Tschaikowskis letzter Oper kann man sich allerdings eine Inszenierung auch nur recht schwer vorstellen. Es ist schon ein ziemlicher Schmachtfetzen, dessen romantisches Pathos geradezu zu Tränen rühren will und kann. Noch dazu, wenn es mit einem so handverlesenen Ensemble wie in Salzburg präsentiert wird.

Eine kleine Inszenierung gab es natürlich doch. Hinter dem Dirigenten stand eine Vase mit roten und weißen Rosen, von deren Farbigkeit Iolante zunächst nichts weiß. Lebt sie doch in einer Welt ohne Licht. König René hat seine blinde Tochter in einem abgelegenen und zur Außenwelt hermetisch abgeschlossenen Garten aufwachsen lassen. Sie weiß nichts von ihrer Blindheit und damit auch nichts von Licht und Farben. Niemand darf es ihr sagen, kein Fremder den Garten betreten. Der arabische Arzt des Königs Ibn Hakia (Evgeny Nikitin) rät dem König, seiner Tochter die Wahrheit zu sagen, weil sie nur eine Chance habe, ihr Augenlicht zu erlangen, wenn sie es unbedingt will. Als der Herzog von Burgund (der vor langer Zeit mit Iolante verlobt wurde, aber inzwischen eine andere Frau liebt) und sein Freund, der burgundische Ritter Graf Vaudémont, trotz des strengen Verbotes in die Abgeschiedenheit des Gartens eindringen, passiert, was passieren muss: Der Graf trifft auf die Prinzessin, verliebt sich in sie. Durch ihn erfährt sie freilich auch zum ersten Mal von ihrer Blindheit. Der König ist empört, der Arzt wiederholt seinen Therapievorschlag und die angedrohte Hinrichtung des Ritters setzt in Iolante solche Willenskräfte frei, dass sie tatsächlich sehend wird. Was folgt ist ein Happyend im XL-Format: Der kluge arabische Arzt hat Recht behalten, die Verlobung des Herzogs wird zur allseitigen Zufriedenheit gelöst, der Ritter kriegt die Königstochter und alle loben den Herrn.


Vergrößerung in neuem Fenster Ensemble (Foto: © Wolfgang Lienbacher)

Das kommt bei Tschaikowski auch musikalisch so dicke, wie es hier klingt. Anna Netrebko hat allerdings auch tatsächlich jenes Charisma, das die innere Erleuchtung durch die Kraft der Liebe in der ganzen Bandbreite von ausbrechendem Furor und zarter Poesie glaubhaft zu vermitteln versteht. Und weil Piotr Beczala (mit dem sie gemeinsam schon im vergangenen Jahr ihre Rückkehr auf die Bühne als Juliette feierte) ein so sicher strahlender und geschmeidiger Tenor ist, wird das Liebesduett der beiden zu einem Fest der Stimmen und der emotionalen Kraft der Musik. Da braucht es dann für die Lovestory keine Zutaten, als die Rosen hinter dem Dirigenten. Was nicht zuletzt dem insgesamt phänomenalen Ensemble zu danken ist. Alexey Markov etwa räumte als Herzog Robert regelrecht ab. Ivor Bolten und das Mozarteumorchester traten bei so viel vokaler Schlagkraft fast von selbst in die zweite Reihe zurück, steuerten eher bei, als das sie die Vorstellung trugen.

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Julia Novikova, Ivor Bolton (Foto: © Wolfgang Lienbacher)

Da Iolante für sich genommen, zu kurz geraten ist, war ihr Igor Strawinskys Rossignol vorgeschaltet. Auch hier war es vor allem der Aufmarsch schöner Stimmen, der das Unternehmen lohnend machte. Julia Novikovas betörend zwitschernde Nachtigall etwa. Oder die erst 21 jährige Julia Lezhneva (die am Ende der vergangen Spielzeit gerade in Brüssel als Urbain in den Hugenotten - siehe unsere Rezension - Aufsehen erregt hatte) mit ihrem wunderbaren warmen Timbre als Köchin, oder bei den Männern der italienische Tenor Antonio Poli machten auch diesen Teil zu einem Fest der Stimmen, der auf das Eigentliche angemessen einstimmte, aber auch für sich genommen Festspielniveau bot.


FAZIT

Wegen der vokalen Qualitäten und der emotionalen Wucht, die beide Stücke auch vom Konzertpodium aus entfalteten, gehört dieser Doppelabend ganz eindeutig auf die Habenseite der diesjährigen Opernbilanz der Salzburger Festspiele.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Ivor Bolton

Chöre
Jörn H. Andresen



Konzertvereinigung
Wiener Staatsopernchor

Mozarteumorchester Salzburg


Solisten

Le Rossignol

Die Nachtigall
Julia Novikova

Die Köchin
Julia Lezhneva

Der Fischer
Antonio Poli

Der Kaiser von China
Andrei Bondarenko

Der Kammerherr
Andrè Schuen

Der Bonze
Yuri Vorobiev

Der Tod
Maria Radner

Sopran solo
Claudia Galli

Alt solo
Theresa Holzhauser

Drei Japanische Gesandte
Andrew Owens
Derek Welton
Elliot Madore

Iolante

Iolanta, König Renés blinde Tochter
Anna Netrebko

Graf Vaudémont, ein burgundischer Ritter
Piotr Beczala

René, König der Provence
John Relyea

Ibn-Hakia, ein maurischer Arzt
Evgeny Nikitin

Robert, Herzog von Burgund
Alexey Markov,

Alméric, König Renés Waffenträger
Antonio Poli

Bertrand, Pförtner des Schlosses
Yuri Vorobiev

Martha, Bertrands Frau, Iolantas Amme
Maria Radner

Brigitta, Freundin Iolantas
Julia Lezhneva

Laura, Freundin Iolantas
Rachel Frenkel


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