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Probleme vor und in der EheVon Thomas Molke / Fotos vom Paula Malone Carty
Ben (Byron Jackson) findet keine Gelegenheit, Lucy (Laurie Ashworth) einen Heiratsantrag zu machen, da sie ständig telefoniert. So rahmt der Regisseur Michael Shell die beiden Stücke auch in das Betrachten eines Kinofilms ein. Während Sam und Dinah am Ende der Oper ins Kino gehen, um sich den Film Trouble in Tahiti anzusehen und somit einem Gespräch über ihre Probleme aus dem Weg zu gehen, beginnt The Telephone damit, dass Lucy und Ben aus dem Kino kommen und gerade am Anfang einer glücklichen Beziehung stehen, in der sie noch schüchtern verliebt am Strohhalm ihrer Colaflasche ziehen. Ihr Glück scheint perfekt zu sein, und mit wenigen Mitteln ist der Kinosaal durch drei Tänzer (Michael Cooney, Michael Doyle und Lorcan O'Neill) in ein trautes Heim umgewandelt (Bühnenbild: Kate Guinness). Doch bevor Ben seiner Lucy den ersehnten Heiratsantrag machen kann, begeht er einen gewaltigen Fehler, indem er seiner Angebeteten in einer riesigen Schachtel ein knallrotes Telefon schenkt. Damit ist die Möglichkeit für jedes weitere Gespräch vorbei, da immer, wenn er mit seinem Antrag beginnen will, entweder das Telefon klingelt und Lucy in ein längeres Gespräch am Telefon verwickelt wird oder sie selbst noch schnell jemanden anrufen muss, um wichtige Unklarheiten zu klären. Die Musiksprache Menottis ist dabei sehr lautmalerisch. So schafft es Adam Burnette am Piano mit leichtem Klimpern das unaufhörliche Plappern am Telefon nachzustellen. Laurie Ashworth überzeugt als niedliche Lucy mit sehr zartem Sopran und singt die Koloraturen am Telefon präzise aus. In ihrem Spiel gibt sie sich mädchenhaft und macht deutlich, dass sie sehr wohl auf den Antrag wartet, aber vielleicht auch ein wenig Angst hat, dass Ben davor zurückschrecken könnte. Deswegen sucht sie immer wieder den Kontakt zum Telefon. Byron Jackson gibt den Ben mit kräftigem Bariton und komödiantischem Spiel. Witzig ist, wie er sich während Lucys Telefonaten immer wieder in der Schnur des Telefons verheddert, bis er schließlich nur noch einen Ausweg sieht. Er muss Lucy selbst anrufen und ihr den Antrag über das Telefon machen, um endlich ungestört mit Lucy reden zu können. So zeigt auch das gemeinsame Telefongespräch musikalisch die innigsten Momente, die auf der Leinwand mit einem großen Herz gekrönt werden, indem sich die beiden nach Lucys Ja-Wort dann auch wiederfinden. Ironisch ist Lucys Ansinnen, dass das Wichtigste, was Ben sich von ihr merken soll, ihre Telefonnummer ist. So funktioniert dann auch über den Telefonhörer der Übergang zum zweiten Einakter. Ein Gesangstrio (Hannah Sawle, Christopher Carroll und Jamie Rock) malt in einer Eingangsnummer mit Show-Choreographie (Paula O'Reilly) die Welt von einem glücklichen und perfekten amerikanischen Leben in der Vorstadt. Unterstützt wird diese Nummer von zahlreichen Videoeinspielungen, die dieses Musterleben aus den amerikanischen Vorstädten der Mitte des 20. Jahrhunderts auch wirklich suggerieren. In diesem Gefühl lassen sich auch Sam und Dinah zu ihrem gemeinsamen Frühstück nieder. Doch sobald der Song verklungen ist, platzt auch der Traum vom gemeinsamen Glück. Sam und Dinah haben sich nichts mehr zu sagen. Jeder Versuch eines Gespräches endet in einem Streit, selbst wenn es nur darum geht, um den Toast zu bitten. Sam flüchtet sich in seinen Job und in eine Affäre mit seiner Sekretärin. Dinah verbringt ihre Zeit beim Psychiater, um ihre Probleme aufzuarbeiten. Dinah (Martha Bredin) erzählt beim Psychiater von ihrem Traum, in dem sie aus einem Garten keinen Ausgang findet. Dabei gelingen Bernstein sehr melancholische Melodien, wenn beispielsweise Dinah beim Psychiater von dem Garten erzählt, aus dem sie im Traum keinen Ausgang findet oder wenn Sam seine Ablenkung beim Sport sucht. Den tragischsten Moment erreicht das Stück, wenn sich die beiden in der Mittagspause auf der Straße begegnen und gegenseitig anlügen, leider keine Zeit zu haben, um mit dem anderen gemeinsam Essen zu gehen, und sie eine wichtige Verabredung vorschieben. Dinah geht stattdessen ins Kino, um sich den Film Trouble in Tahiti anzusehen, den sie allerdings völlig wütend verlässt, da sie den Kitsch und die heile Welt, die ihr im Film vorgegaukelt wird, mit Blick auf die eigene Situation nicht ertragen kann. Beim gemeinsamen Abendessen starten beide doch noch einmal den Versuch, ein Gespräch zu beginnen, bringen aber die Kraft nicht auf, sich ihren gemeinsamen Problemen zu stellen, und beschließen, sich stattdessen lieber die heile Welt im Kinofilm anzusehen. So endet Shells Inszenierung da, wo sie begonnen hat: mit einem Pärchen in zwei Kinosesseln, wobei am Ende der Film allerdings erst beginnt. Adam Burnette gelingt es, auch Bernsteins vielschichtige Musik in allen Facetten am Piano zu durchleuchten. So klingen die Nummern des gut aufgelegten Trios Hannah Sawle, Christopher Carroll und Jamie Rock stets fröhlich und nach heiler Welt, während der Tonfall bei Sam und Dinah wesentlich melancholischer ist. Toby Girling gibt den frustrierten Sam mit kräftigem Bariton und versucht seine Leere hinter Macho-Allüren zu verbergen. Martha Bredin zeichnet mit sehr warmem Mezzo das Portrait der gebrochenen Ehefrau Dinah, die den Glauben an die Rettung ihrer Beziehung aufgegeben hat. Großer Applaus für ein gut aufgelegtes Ensemble und eine Inszenierung, die zwar zumindest am Anfang zahlreiche komische Momente hat, den Zuschauer aber doch eher nachdenklich entlässt.
FAZIT Eine gelungene Kombination von zwei musikalisch völlig unterschiedlichen Werken, die dennoch eine gemeinsame Botschaft vermitteln.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2011 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungAdam Burnette Regie Bühne und Kostüme Licht Choreographie Dramaturgie
SolistenThe Telephone
Lucy
Ben
Trouble in Tahiti
Sam
Dinah
1st Trio Member
2nd Trio Member
3rd Trio Member
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- Fine -