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Wexford Festival Opera
21.10.2011 - 05.11.2011


La Cour de Célimène

Opéra comique in zwei Akten
Libretto von Joseph-Bernard Rosier
Musik von Ambroise Thomas

In französischer Sprache mit englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30' (eine Pause)

Premiere im O'Reilly Theatre im Wexford Opera House am 21. Oktober 2011
(rezensierte Aufführung: 27.10.2011)



 

 

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Opernrarität in historischen Kostümen

Von Thomas Molke / Fotos von Paula Malone Carty


Da man in diesem Jahr in Wexford mit dem 60. Geburtstag des Festivals und dem 100. Geburtstag des Festival-Gründers Dr. Thomas Walsh gleich mehrere Jubiläen zu feiern hat, mag es vielleicht auch der Anlass gewesen sein, das diesjährige Festival mit einem Komponisten zu beginnen, der ebenfalls einen runden Geburtstag feiert: Ambroise Thomas. Der vor 200 Jahren geborene Thomas ist dem heutigen Opernpublikum in der Regel nur noch durch seine beiden Opern Mignon und Hamlet ein Begriff. Dabei gehörte er im 19. Jahrhundert zu den erfolgreichsten Vertretern der opéra comique. Seine 1855 uraufgeführte Oper La Cour de Célimène verschwand allerdings nach nur 19 Aufführungen im Jahr 1855 bis heute vollständig von den Spielplänen, was jedoch nicht mangelnder Qualität der Musik oder des Librettos angelastet werden kann. Vielmehr war zur damaligen Zeit die opéra comique ein Genre der Unterhaltung, das mit heutigen Kinofilmen verglichen werden kann. Wenn ein Film heutzutage einmal im Kino gelaufen ist, verschwindet er auch aus den Kinos, weil neue Filme gesendet werden. Vielleicht war aber auch die Handlung der Oper für das damalige Publikum ein bisschen zu gewagt, da die Comtesse mit ihrem doch recht emanzipierten Verhalten dem männlichen Geschlecht gegenüber den Töchtern der angesehenen Familien, die man gerne ins Theater zu führen pflegte, Flausen in den Kopf setzen konnte, die zur damaligen Zeit doch sehr unerwünscht waren. Da letztere Sorge heute nicht mehr besteht, steht einer Wiederentdeckung dieses mit anspruchsvollen Koloraturen gespickten Werkes nichts mehr im Wege.

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Der Chevalier de Mérac (Luigi Boccia, Mitte) macht der Comtesse Célimène (Claudia Boyle, links) den Hof. Der Commandeur (John Molloy, rechts) und die Baroness (Nathalie Paulin, rechts) beobachten die Szene.

Die Oper erzählt von der jungen verwitweten Comtesse Célimène, die aufgrund ihres bezaubernden Aussehens und des ansehnlichen Vermögens eine ganze Schar von Verehrern hat, die ihr den Hof machen. Da ihr verstorbener Mann sich aber wohl vor allem durch mangelnde Treue ausgezeichnet hat, beschließt Célimène, es den Männern heimzuzahlen und nur mit ihnen zu spielen. Ihrer Schwester, der Baroness, ist dieses kapriziöse Verhalten fremd. Auch sie ist verwitwet, hat aber den Glauben an die wahre Liebe noch nicht verloren. Während der Commandeur de Beaupré um Célimène des Vermögens wegen wirbt und diese bereit ist, ihn sogar zu erhören, wenn er ihr ihre Freiheiten lässt, macht der Chevalier de Mérac der Comtesse aus Liebe den Hof. Es kommt zum Duell zwischen den beiden Verehrern, in dem der Commandeur dem Chevalier unterliegt. Célimène ist nun schweren Herzens bereit, den Chevalier zu ehelichen, doch dieser hat inzwischen seine Liebe zu der wesentlich ehrlicheren Baroness entdeckt. So heiratet der Chevalier am Ende die Baroness, und der Commandeur bekommt doch noch Célimène. Enttäuscht zurück bleiben nur die 12 weiteren Verehrer.

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Der Commandeur (John Molloy, Mitte) berichtet vor Célimène (Claudia Boyle, rechts daneben), der Baroness (Nathalie Paulin, rechts) und den übrigen Verehrern (Chor) von seiner Niederlage gegen den Chevalier.

Das Regie-Team um Stephen Barlow verzichtet in seiner Inszenierung auf irgendwelche das Stück verfremdende Regiemätzchen und trägt damit der Unbekanntheit des Werkes Rechnung.  So zeigt das Bühnenbild von Paul Edwards während der Ouvertüre zunächst einen riesigen goldenen Bilderrahmen auf der Bühne, der auf einem weißen Prospekt einen jungen Mann abbildet, der eine vornehme Dame umwirbt. Der Text auf dem Prospekt "Elle regne sur tous les coeurs" deutet bereits an, welche Macht die Comtesse Célimène über das männliche Geschlecht besitzt. Auch steht der Bilderrahmen nicht gerade auf der Bühne sondern schief, was zum einen die Schieflage der Situation andeutet, indem eine ganze Schar von Verehrern um eine einzige Frau wirbt, zum anderen aber auch die Frau in eine leicht erhöhte Position versetzt. In diesem Bilderrahmen lässt Barlow im Folgenden die komplette Geschichte spielen. Dabei wird der Prospekt hochgezogen und gibt den Blick auf einen kreisrunden Park frei, der von einer grünen Hecke mit bogenförmigen Eingängen eingerahmt wird. In der Mitte steht ein Baum an dem als Krone ein überdimensionales Herz aus Rosenblüten prangt, das von einem noch größeren Liebespfeil durchbohrt ist. Der Boden besteht aus einem Schachbrettmuster und deutet damit zum einen das Spiel an, das Célimène mit den Männern treibt, zum anderen aber auch den Kampf, den die Verehrer um die Comtesse führen. Die aufwendigen Rokoko-Kostüme und Perücken, für die ebenfalls Paul Edwards verantwortlich zeichnet, lassen die Oper zur Zeit der Handlung spielen. Auch an dieser Stelle wird dankenswerter Weise auf eine platte Aktualisierung verzichtet.

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Nachdem der Commandeur (John Molloy) nun auf die Comtesse (Claudia Boyle, links) verzichten muss, macht er der Baroness (Nathalie Paulin, rechts) den Hof. Célimène ist davon nicht begeistert.

Eine besondere Rolle übernimmt der Chor, der die zwölf Verehrer darstellt. Er besteht aus vier Frauenstimmen (Sopran und Mezzo), vier Tenören und vier Bässen, die verschiedene Altersgruppen der Bewerber um die Gunst der Comtesse darstellen. Dabei übernehmen die Choristen bisweilen auch kleinere Solopassagen. Gavin Carr hat den eigens für das Festival zusammengestellten Chor sehr gut für diese anspruchsvolle Partie vorbereitet, so dass die Choristen sowohl in den kleinen Solopassagen als auch durch homogenen Klang in den Ensembles überzeugen. Hinzu kommt eine große Spielfreude, die sie auch mit den Solisten teilen. Die Titelrolle entpuppt sich für Claudia Boyle als regelrechte Paraderolle. Mit großem Spielwitz und punktgenauen Koloraturen spielt sie die Arroganz und Oberflächlichkeit der Titelpartie aus. Schon ihr erster Auftritt ist sehr kapriziös, wenn sie auf einer Schaukel, die mit Rosengirlanden verziert ist, aus dem Schnürboden herabgelassen wird und mit den Verehrern kokettiert. Nathalie Paulin gibt als ihre Schwester, die Baroness, einen perfekten Gegenpart ab. Während im ersten Akt ihre aufwendigen Kleider sich zumindest im Farbton noch ähneln, Célimènes Kleid in hellem Rosa im Gegensatz zum Kleid der Baroness, das fast Lila ist, wird der Farbkontrast im zweiten Akt noch größer, wenn Célimène, passend zu ihrer Perücke, ein weißes Kleid trägt und die Baroness entsprechend ihrer dunklen Perücke ein schwarzes Kleid. Damit wird die Ernsthaftigkeit der Baroness im Gegensatz zur Flatterhaftigkeit der Comtesse recht augenscheinlich kontrastiert. Auch stimmlich weiß Paulin, mit einem sehr warmem Sopran zu überzeugen, der wesentlich bodenständiger klingt als die halsbrecherischen Koloraturen der Titelfigur.

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Célimène (Claudia Boyle) will auch nach ihrer Vermählung mit dem Commandeur ihren Verehrern (Chor) weiter ihre Gunst beweisen.

John Molloy stellt mit kräftigem Bass und großem komischem Talent einen überzeugenden Commandeur dar, der deutlich macht, dass es ihm mehr um das Vermögen der beiden Schwestern als um aufrichtige Liebe geht. Ganz anders präsentiert sich dagegen der Chevalier. Mit lyrischem Tenor zeichnet Luigi Boccia diesen emotional angelegten Traumtänzer, dem in den Höhen noch ein bisschen Strahlkraft fehlt, der die Rolle ansonsten aber auch darstellerisch überzeugend anlegt. Besonders gelungen ist das Duell zu Beginn des zweiten Aktes, das als Schattenspiel hinter dem herabgelassenen weißen Prospekt gezeigt wird. Nach der Pause ist die Handlung ins Innere des Schlosses verlegt. Dabei befinden sich in den bogenförmigen Heckeneingängen Spiegel als Eingangstüren zu Célimènes Zimmer. In der Mitte steht jetzt ein kreisrundes Bett. In einer grandiosen Arie zeigt Claudia Boyle nun die ganze Bandbreite ihrer Stimme. In einer mit Koloraturen gespickten Arie gibt sie ihr Credo ab, dass es sinnvoller ist, geliebt zu werden als selbst zu lieben. Aus diesen Worten scheint eine im tiefsten Innern ihres Herzens doch sehr verletzte junge Frau zu sprechen. Dennoch ist diese Arie alles andere als melancholisch. So präsentiert Boyle mit großem komödiantischem Talent und unglaublicher Stimme diese Bravourarie mit viel Spaß und scheut sich dabei auch nicht, zu Beginn mit vollem Mund zu singen, um den komischen Charakter noch zu unterstützen. Sehr eindringlich gelingt das Duett zwischen Paulin und Boccia, indem sich die Baroness und der Chevalier ihre Liebe zueinander gestehen.

Die Zwischentexte werden ebenfalls auf Französisch gesprochen, was eine etwas umfangreichere Übertitelung erfordert als bei den gesungenen Passagen. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, die Sprechtexte auf Englisch zu präsentieren, damit man gerade bei den gesprochenen Passagen dem Spiel der Solisten besser hätte folgen können. Die Solisten meistern aber auch das gesprochene Französisch sehr fließend, so dass auch die Sprechtexte natürlich wirken und somit dem Original näher sind, als wenn zwischen den französischen Arien englische Texte eingefügt worden wären. Carlos Izcaray durchleuchtet mit dem Orchester des Wexford Festival Opera die sehr spritzige Partitur, die stellenweise stark an Jacques Offenbach erinnert, präzise und rundet mit den hervorragend aufgelegten Solisten den Abend zu einem regelrechten musikalischen Feuerwerk der komischen Oper ab. So gibt es am Ende lang anhaltenden und verdienten Applaus für alle Beteiligten.

FAZIT

Eine durchaus lohnenswerte Wiederentdeckung einer vergessenen komischen Oper, für deren Aufführung man vier herausragende Sängerdarsteller benötigt, die man in Wexford durchaus antreffen kann.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Carlos Izcaray

Regie
Stephen Barlow

Bühne und Kostüme
Paul Edwards

Licht
Declan Randall

Chorleitung
Gavin Carr

Dramaturgie
Kimberly S. Prescott



Chor und Orchester des
Wexford Festival Opera


Solisten

La Comtesse
Claudia Boyle

La Baronne
Nathalie Paulin

Le Commandeur de Beaupré
John Molloy

Le Chevalier de Mérac
Luigi Boccia

Bretonne
Claire Egan

 


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