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Wexford Mad HouseVon Thomas Molke / Foto von Paula Malone Carty
Zuzana Markova bei der berühmten Wahnsinnsarie aus Donizettis Lucia di Lammermoor. So wird auf einer Leinwand hinter der Bühne der künstlerische Direktor des Festivals, David Agler, als leitender Arzt des "Wexford Mad House" präsentiert, der in dieser Irrenanstalt den wahnwitzigen Versuch unternehmen soll, die von der Oper geschädigten Insassen von ihren Macken zu heilen. Dabei werden in weiteren Projektionen bei den einzelnen Solisten die Macken vorgestellt, die in den meisten Fällen Bezug zu ihren Rollen nehmen, die sie in den großen Opernproduktionen des Festivals verkörpern. Lucia Cirillo leidet beispielsweise darunter, dass sie als Mezzo häufig Hosenrollen singen muss, so auch in Gianni di Parigi, und zweifelt damit an ihrer geschlechtlichen Identität. Zuzana Markova, die in Gianni di Parigi die Prinzessin von Navarra spielt, hat das kapriziöse Verhalten einer Königstochter übernommen und will den Fußboden nur noch auf einem weichen Kissen betreten. Daria Masiero, die die Titelrolle in Statkowskis Maria singt, fühlt sich nun als trauernde polnische Gräfin, die stets einen imaginären Hund spazieren führt. Nacheinander treten diese ganzen Figuren nun in zu ihrem Tick passenden Kostümen (Kostüme: Kate Guinness) auf und werden dabei von zwei Pflegern in Schach gehalten. Das Bühnenbild von Kate Guinness besteht dabei aus weißen Stühlen und Hockern, die auch zu einem Bett oder Tisch zusammengeschoben werden können, und suggeriert die Sterilität einer Klinik. In diesem Ambiente feuern die Solisten nun nacheinander Bravourarien und Duette ab, die zwar untereinander in der Regel in keinem Zusammenhang stehen, was man von Patienten in einer Anstalt aber auch wirklich nicht erwarten kann. Dabei wird im Anschluss an die jeweiligen Musikstücke der Titel der Oper kurz im Hintergrund eingeblendet, wobei in sehr amüsanten Kurzfassungen auch der Inhalt des jeweiligen Werkes eingeblendet wird. Den Anfang macht Edgardo Rocha mit der berühmten Arie "Ah, mes amis" aus La Fille du Regiment von Gaetano Donizetti. Mit sehr leichtem Tenor meistert er spielerisch die Klippen dieser mörderischen Partie und intoniert auch die zahlreichen Höhen scheinbar ohne Probleme. Alessandro Spina folgt mit Basilios "La calunnia e un venticello" aus Rossinis Il Barbiere di Siviglia und fügt seinem sehr düsteren Bass auch eine sehr finstere Mimik hinzui. Im weiteren Verlauf amüsiert er vor allem dadurch, dass er sich als Torero Escamillo fühlt und die anderen Sänger wie einen Stier anvisiert, den es zu bekämpfen gilt. Danach haben die beiden Sopranistinnen ihren Auftritt und führen den in Sängerkreisen berüchtigten Zickenkrieg. Während Zuzana Markova glaubt, dass das Bett für ihre Präsentation der Violetta aufgestellt worden ist, wird sie recht barsch von Daria Masiero vertrieben, die im Anschluss ein herzzerreißendes "Addio del passato" aus La Traviata präsentiert. Dennoch setzt sich Markova durch und präsentiert im Anschluss "Sempre libera", wobei sie auch noch in einen Wettstreit mit Rocha als Alfredo tritt, der sie mit seinen gesanglichen Einwürfen doch eher zu stören scheint. Wer tags zuvor das Gala Concert besucht hat, wird einige der nachfolgenden Szenen wieder erkannt haben. So präsentieren Alessandro Luongo und Alessandro Spina erneut das berühmte Duett aus dem dritten Akt zwischen Malatesta und Don Pasquale "Cheti cheti imantinente" aus Donizettis Oper. Dennoch schafft das Ambiente der Irrenanstalt einen ganz anderen Blickwinkel auf dieses Duett, weil es bei den wie aus einem Maschinengewehr abgefeuerten Silben der beiden Sänger durchaus nachvollziehbar ist, dass die Pfleger mit zwei Spritzen erscheinen, um die Sänger zu beruhigen. Wie schon tags zuvor begeistern sowohl Luongo und Spina als auch Rosetta Cucchi am Klavier durch perfekt aufeinander abgestimmte Tempi. Auch das "Flower Duet" aus Delibes' Lakmé mit einer Fortsetzung des Zickenkrieges zwischen Markova und Masiero wurde ins Gala Concert übernommen, wobei Rochas Auftritt als Gondoliere, der Markova ihren als Blumen fungierenden Staubwedel raubt, um damit eine imaginäre Gondel zu lenken, in der die beiden Frauen sitzen, in diesem Ambiente nachvollziehbarer wird als tags zuvor. Zwischen diesen beiden Präsentationen stellt Lucia Cirillo mit der großen Arie des Romeo aus Bellinis I Capuleti e i Montecchi ihr musikalisches Können unter Beweis, bevor sie dann als Zerlina wieder ihre weibliche Gestalt annehmen darf und Alessandro Spinas Einladung als Don Giovanni folgen kann. So weit kommt es aber nicht, da sich zwischen Rocha und Luongo, die zunächst nur als Träger einer Eingangstür fungieren, während des Duettes selbst ein Flirt entspinnt, der die beiden Männer Einzug ins Schloss halten lässt, während Cirillo und Spina als Träger der Tür zurückbleiben. Auch das Duett zwischen Gilda (Zuzana Markova) und dem Herzog (Edgardo Rocha) aus dem zweiten Akt und Rigolettos (Alessandro Luongo) anschließende Verfluchung der Höflinge rufen beim Publikum große Begeisterung hervor. Dann ist es endlich soweit, und es folgen zwei große Wahnsinnsarien. Zunächst präsentiert Zuzana Markova die wohl berühmteste Wahnsinnsarie "Il dolce suono" aus Donizettis Lucia di Lammermoor. Das weiße Kissen, das sie die ganze Zeit bei sich hatte, wird dazu gegen ein mit Blut beschmiertes Kissen ausgetauscht, um den vorausgegangenen Mord anzudeuten. Mit sehr klarem Sopran leuchtet Markova die Höhen dieser Partie strahlend aus, setzt jeden Ton sauber an und gibt so ein sehr eindringliches Rollenportrait. Daria Masiero folgt mit der großen Arie der Anna Bolena aus Donizettis gleichnamiger Oper, in der sie sich kurz vor ihrer Hinrichtung noch einmal an die glücklichen Jahre mit dem König erinnert. Masiero gestaltet diese Arie ebenfalls sehr eindringlich mit recht dramatischem Sopran, der auch in den Höhen stets sicher ist und nicht flackert. Zum Abschluss gibt es noch zwei Ensembles, in denen die Sänger ihr ganzes komödiantisches Talent zur Schau stellen können. Es beginnt mit "Questo e un nodo avviluppato" aus Rossinis La Cenerentola und endet mit dem Finale des 1. Aktes aus Rossinis L'Italiana in Algeri. Großer Applaus für alle Beteiligten, die neben ihren hervorragenden Stimmen auch über ungeheure Spielfreude verfügen.
FAZIT Auch dieses Short Work sollte man sich beim Wexford Festival Opera nicht entgehen lassen, da es die Möglichkeit gibt, weitere Facetten der Künstler kennen zu lernen und einen sehr unterhaltsamen Nachmittag zu erleben.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2011 |
ProduktionsteamRegie und BegleitungRosetta Cucchi Bühne und Kostüme Licht Dramaturgie
Solisten
Sopran
Mezzosopran
Tenor
Bariton
Bass
|
- Fine -