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Musikfestspiele
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Händel-Festspiele 2012 in Halle (Saale)

31.05.2012 - 10.06.2012

Poro, Re dell' Indie

Oper in drei Akten (HWV 28)
Libretto von einem unbekannten Bearbeiter nach Alessandro nell' Indie von Pietro Metastasio, Rom 1730, zur Musik von Leonardo Vinci
Musik von Georg Friedrich Händel

in italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3 h 45' (zwei Pausen)

Konzertante Aufführung in der Georg-Friedrich-Händel-Halle am 2. Juni 2012

 

 

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Arienfeuerwerk in der Händel-Halle

Von Thomas Molke / Fotos von Reese (© Händel-Festspiele Halle)

Nachdem Georg Friedrich Händel mit seinen beiden Opern Lotario und Partenope nicht an seine früheren Erfolge in London hatte anknüpfen können, gelang es ihm mit seiner 21. Oper Poro, Re dell' Indie in der Auftaktsaison der zweiten Royal Academy of Music ein weiteres Mal, die Begeisterung des Publikums für die italienische Oper zu wecken, was nicht nur zahlreiche Wiederaufnahmen in London belegten, sondern auch die Übernahme auf deutsche Bühnen nach sich zog. So lief das Werk beispielsweise ab 1732 fünf Jahre lang erfolgreich unter der Leitung von Georg Philipp Telemann an der Hamburger Gänsemarkt-Oper. Auch am Braunschweiger Hof erfreute sich das Werk großer Beliebtheit. In Braunschweig feierte das Werk dann auch 1928 unter dem Titel König Porus mit deutschem Text von Hans Dütschke seine erste Wiederaufführung, nachdem Händels Opernwerke nahezu 150 Jahre von den Spielplänen verschwunden waren. Nach der szenischen Präsentation bei den Festspielen 1998 in italienischer Originalsprache gab es bei den diesjährigen Festspielen eine konzertante Aufführung in der Georg-Friedrich-Händel-Halle mit einem hochkarätigen Ensemble zu erleben.

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Von links: Timagene (David Wilson-Johnson), Alessandro (James Gilchrist), Enrico Onofri (Dirigent) und Poro (Franco Fagioli) mit dem kammerorchesterbasel

Die Oper erzählt von der Eroberung Indiens durch Alexander den Großen (Alessandro) und von seiner Auseinandersetzung mit dem indischen König Poro. Zwischen den beiden Kontrahenten steht Cleofide, die ebenfalls über ein indisches Teilreich herrscht und einerseits Poros Geliebte ist, andererseits in ihren politischen Verhandlungen mit dem tugendhaften Alessandro wesentlich erfolgreicher als der stets nach Konfrontation strebende Poro ist, nicht zuletzt, weil auch Alessandro ihren weiblichen Reizen nicht abgeneigt ist. So muss sie stets aufs Neue dem eifersüchtigen Poro ihre Treue beweisen und kann ihn schlussendlich nur dadurch von ihrer Liebe zu ihm überzeugen, dass sie bereit ist, dem Geliebten Poro in den Tod zu folgen. Die Verwicklungen werden noch ergänzt durch den indischen Hauptmann Gandarte, der Poros Schwester Erissena liebt und sich für Poro ausgibt, um seinen König vor der Gewalt der Makedonier zu bewahren, und Timagene, einen Gefolgsmann Alessandros, der aus Liebe zu Erissena bereit ist, Alessandro zu hintergehen und die Inder zu unterstützen.

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Cleofide (Veronica Cangemi) und Poro (Franco Fagioli) (links: Enrico Onofri mit dem kammerorchesterbasel, rechts hinten: Gandarte (Kristina Hammarström) und Erissena (Sonia Prina))

Musikalisch jagt in dieser Oper eine Bravourarie die nächste, so dass der Abend wahrscheinlich auch deshalb so lange dauert, weil das Publikum nach jeder Arie seiner Begeisterung mit teils frenetischem Applaus freien Lauf lässt, zu Recht, da die Solisten mit ihren Darbietungen ein regelrechtes Barockfeuerwerk abschießen. Da ist zunächst einmal Franco Fagioli in der Titelpartie zu nennen, der den Poro mit seinem in jeder Höhenlage beweglichen Countertenor äußerst viril ausstattet. Seine Stimme reicht von beinahe schon baritonalen Tiefen bis zu strahlenden Höhen, ohne an irgendeiner Stelle an Volumen oder Ausdruck zu verlieren. Schon in seiner ersten Arie "Vedrai von tuo periglio", in der er Alessandro prophezeit, dass dieser seine Gnade ihm gegenüber bereuen wird, läuft Fagioli stimmlich zu Höchstform auf, wenn er die rachsüchtigen Koloraturen ins Publikum schmettert. Gleiches gilt für die Gleichnisarie "Senza procella ancora" im zweiten Akt, in der er Alessandro mit einem träumendem Steuermann vergleicht, der aufgrund der ruhigen See die Gefahren unterschätzt. Aber auch den sehnsüchtig Liebenden präsentiert Fagioli absolut glaubhaft, vor allem in seiner letzten Arie "Dov'è? s'affretti", wenn er sich von Cleofide verraten glaubt und beim Zuhörer mit seinem innigen Gesang eine regelrechte Gänsehaut erzeugt.

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Erissena (Sonia Prina) und Gandarte (Kristina Hammarström) mit Enrico Onofri und dem kammerorchesterbasel

Veronica Cangemi steht als Cleofide mit ihrem leichten, leuchtenden Sopran Fagioli in nichts nach. Einen besonderen Höhepunkt stellt ihre Arie "Se il ciel mi divide" im zweiten Akt dar, wenn sie sich, begleitet von dem musikalischen Leiter Enrico Onofri als Soloviolinist, im Glauben, dass Poro gestorben sei, den Tod herbeisehnt. Mit welcher Innigkeit Cangemi quasi in einen Dialog mit der Sologeige tritt, bewegt das Publikum. Auch in den drei Duetten harmoniert sie mit Fagioli kongenial, was sich nicht nur stimmlich sondern auch darstellerisch äußert. Zu nennen ist hier vor allem das zweite Duett "Caro, Dolce" zu Beginn des zweiten Aktes, in dem sich Poro und Cleofide zärtlich ihre Zuneigung versichern. Sonia Prina setzt als Erissena einen warmen und beweglichen Alt dagegen. Vor allem in ihrer ersten Arie "Chi vive amante sai che delira" zeigt sie, dass sie aus einem ganz anderen Holz geschnitzt ist als Cleofide, da ihr dieses ständige Gerede vom Sterben aus Liebeskummer ein bisschen auf die Nerven geht. Einen weiteren Höhepunkt stellt ihre Arie "Son confusa pastorella" im dritten Akt dar, in der sich Erissena mit einem verwirrten Hirtenmädchen im dunklen Wald vergleicht, das ohne Fackel den Weg zurück nicht finden wird. Auch Erissena kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht glauben, dass die Geschichte einen guten Ausgang haben soll.

Kristina Hammarström gefällt als Gandarte mit weichem Alt und überzeugt vor allem am Ende des zweiten Aktes mit ihrer Arie "Se viver non poss'io", wenn sie sich, begleitet von der Solo-Flöte, wünscht, in Erissenas Nähe zu sterben. James Gilchrist stattet den tugendhaften Alessandro mit einem höhensicheren und in den Koloraturen sehr beweglichen Tenor aus, was er vor allem in der Arie "Serbati a grandi imprese" unter Beweis stellen kann, in der er Timagene seine Untreue verzeiht. David Wilson-Johnson hat als Timagene zwar keine eigene Arie, bringt sich aber mit wohlklingendem Bariton in den Rezitativen gut ein. Das kammerorchesterbasel begeistert mit seinem transparenten Händel-Klang und hat mit Enrico Onofri einen Mann am Dirigentenpult, der neben dem Dirigat das Orchester auch noch mit der Geige begleitet, eine Kombination, die man eher selten auf den Konzertbühnen erlebt. So gibt es zusätzlich zum großen Applaus nach jeder Arie auch am Ende frenetischen und lang anhaltenden Beifall für einen Abend, der den Wunsch weckt, dieses Werk auch einmal wieder in einer stimmigen szenischen Umsetzung zu erleben.

FAZIT

Großartige musikalische Umsetzung einer Händel-Rarität, die leider viel zu selten auf den Spielplänen der Opernhäuser steht.

Weitere Rezensionen zu den Händel-Festspielen 2012 in Halle

 

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Enrico Onofri



kammerorchesterbasel

 

Solisten

Poro
Franco Fagioli

Cleofide
Veronica Cangemi

Gandarte
Kristina Hammarström

Erissena
Sonia Prina

Alessandro
James Gilchrist

Timagene
David Wilson-Johnson

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Händel-Festspiele in Halle
(Homepage)



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