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Weltliche Kantaten als kleine OpernVon Thomas Molke / Fotos vom Rossini Opera Festival (studio amati bacciardi) Während man sich beim Rossini Opera Festival in Pesaro bei den Opernaufführungen anders als in Bad Wildbad ausschließlich dem Schaffen des Schwans von Pesaro widmet, wohingegen in Bad Wildbad neben Rossini auch noch Werke seiner Zeitgenossen auf dem Spielplan stehen, ist man beim Begleitprogramm hier etwas großzügiger, was sowohl die Auswahl der Komponisten als auch die Zeit der entstandenen Werke betrifft. So beginnt in diesem Jahr die Mezzosopranistin Sonia Prina, die in letzter Zeit vor allem mit Barockwerken auf sich aufmerksam gemacht hat, die Reihe Concerti di Belcanto mit einer Auswahl aus Antonio Vivaldis Cantate per alto e basso continuo, was zwar musikgeschichtlich nicht der Zeit des Belcanto entspricht, in der Virtuosität der ausgewählten Stücke allerdings durchaus als "Bel canto" im eigentlichen Sinne bezeichnet werden kann. Sonia Prina Neben den mehr als 50 Opern Vivaldis, die in den letzten Jahren nach und nach mit steigendem Interesse wiederentdeckt werden, komponierte der Venezianer auch zahlreiche weltliche Kantaten, die als eine Art kleine Opern in den höfischen Palästen zur Aufführung kamen und bei denen in kleiner Besetzung mit in der Regel einem Kastraten das Bedürfnis des Publikums nach kunstvollem Gesang befriedigt wurde. Die jeweiligen Kantaten bestehen dabei in der Regel aus vier Teilen: zwei Rezitativen, die der Beschreibung einer Situation dienen, und zwei sich daran anschließenden Arien, in denen die Emotionen die die jeweilige Situation hervorruft, affektgeladen zum Ausdruck gebracht werden. Philippe Jaroussky hat einen Teil dieser Kantaten mit dem Ensemble Artaserse 2003 auf seiner bei Virgin Classics erschienenen CD Vivaldi - virtuoso cantatas eingespielt, wobei Prina im Auditorium Pedrotti nun ihre Interpretation von vier dieser eingespielten Kantaten präsentiert. Sonia Prina mit dem Ensemble Claudiana (Luca Pianca, Laute und musikalische Leitung, Vittorio Ghielmi, Viola da gamba, und Stefano Demicheli, Cembalo) Dabei gelingt es Prina sehr gut, mit ihrer dunkel timbrierten Stimme in den einleitenden Rezitativen eine Situation auszumalen, die dann in den anschließenden Arien in große Trauer oder unbändige Wut übergeht. Mit der jeweils fast zehnminütigen Länge der einzelnen Stücke kann man durchaus von kompletten einzelnen Geschichten sprechen, die Prina nicht nur erzählt, sondern auch mit darstellerischem Ausdruck durchlebt, selbst wenn sie die Kantaten vom Blatt singt. Mit welcher Beweglichkeit sie die Koloraturen ansetzt und auch dramatische Spitzentöne scheinbar spielerisch leicht trifft, lässt die Begeisterung des Publikums von Kantate zu Kantate immer größer werden. Auch wenn sich qualitativ keine Unterschiede in den vier dargebotenen Kantaten ausmachen lassen, scheint Prinas Lieblingskantate wohl "Perfidissimo cor!" zu sein, da sie daraus als zweite eingeforderte Zugabe noch einmal die Abschlussarie "Nel torbido mio petto" präsentiert, in der sie mit atemberaubender Virtuosität ein Feuerwerk einer Hasstirade abschießt. Da Prina zwischen diesen recht fordernden Kantaten verständlicher Weise kleine Pausen benötigt, präsentiert im ersten Teil des Abends Stefano Demicheli am Cembalo Vivaldis Concerto sesto delle Stravaganze, Vivaldis einziges Konzert für ein Solo-Cembalo, und sorgt in den drei Sätzen mit seiner Virtuosität ebenfalls für große Begeisterung. Nach der Pause kommt zwischen den beiden Kantaten der französische Komponist und Zeitgenosse Vivaldis, Antoine Forqueray, zum Zuge. Dieser Kammermusiker schuf zahlreiche Werke für die Viola da gamba, von denen Vittorio Ghielmi an der Viola da gamba und Luca Pianca an der Laute drei kurze Stücke zu Gehör bringen, die sich ebenfalls gut in das Gesamtkonzept des Konzertes einpassen. Aufgrund des großen Applauses am Ende des Konzertes präsentiert Prina noch die recht melancholische Kantate "Piango, gemo, sospiro" (RV 675), mit der sie aber immer noch nicht vom Publikum entlassen wird, so dass sie sich, wie bereits oben erwähnt, noch einmal mit der Abschlussarie aus "Perfidissimo cor!" von den Zuschauern verabschiedet.
FAZIT Die Belcanto-Konzerte stellen bei den Opernfestspielen eine gute Ergänzung zu den regulären Opernaufführungen dar, die man sich schon wegen der herausragenden Solisten nicht entgehen lassen sollte.
Weitere Rezensionen zu dem Rossini
Opera Festival 2012 |
AusführendeSonia Prina, MezzosopranEnsemble Claudiana
WerkeAntonio Vivaldi Concerto sesto delle Stravaganze "Qual per
ignoto calle" "Perfidissimo cor!"
Antoine Forqueray Antonio Vivaldi
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- Fine -