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Rossini Opera Festival

Pesaro
10.08.2012 - 23.08.2012


Il Signor Bruschino

Farsa giocosa in einem Akt
Libretto von Giuseppe Foppa
Musik von Gioachino Rossini

In italienischer Sprache mit italienischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 35' (keine Pause)

Premiere im Teatro Rossini in Pesaro am 12. August 2012
(rezensierte Aufführung: 15.08.2012)


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Willkommen im Rossini-Land

Von Thomas Molke / Fotos vom Rossini Opera Festival (studio amati bacciardi)


Von den insgesamt fünf Farse, die Rossini von 1810 bis 1813 für das Teatro San Moisè in Venedig komponierte, war Il Signor Bruschino nicht nur die letzte sondern auch die am wenigsten erfolgreiche, so dass sie bereits direkt nach der Premiere am 27. Januar durch Stefano Pavesis Ser Marcantonio ersetzt wurde, einen Vorläufer von Donizettis berühmtem Don Pasquale. Ob der Misserfolg der Produktion ausschlaggebend dafür war, dass Rossini sich von dieser Gattung verabschiedete und auf seine zahlreichen anderen Projekte konzentrierte, wird ebenso diskutiert wie die Frage, ob eine vom damaligen Impresario des Theaters eingefädelte Intrige dafür sorgte, dass das Stück durchfiel. Jedenfalls lässt sich beim Vergleich mit den früheren Farse in der musikalischen Gestaltung keine Verschlechterung feststellen. Dass die diesjährige Produktion des Stückes in Pesaro kein großer Wurf ist, mag hauptsächlich in der szenischen Umsetzung begründet sein, die der Qualität des Werkes nicht zu vertrauen scheint und deshalb mit einigen fragwürdigen Regieeinfällen aufwartet.

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Il Signor Bruschino im "Rossini-Land" (von links: Bruschino figlio (Francisco Brito), Marianna (Chiara Amarù), Sofia (Maria Aleida), Gaudenzio (Carlo Lepore), Florville (David Alegret) Bruschino padre (Roberto de Candia) und Filiberto (Andrea Vincenzo Bonsignore), im Hintergrund: Statisterie)

Der alte Gaudenzio lebt in einem Schloss mit seinem Mündel Sofia, die er mit dem Sohn eines gewissen Signor Bruschino verheiraten möchte. Sofia liebt jedoch den jungen Florville, der versucht, die Hochzeit um jeden Preis zu verhindern. Zugute kommt ihm dabei, dass der junge Bruschino wohl einen etwas zweifelhaften Lebenswandel hat und derzeit von dem Gastwirt Filiberto wegen hoher Schulden hinter Schloss und Riegel gehalten wird. Florville beschließt, sich selbst als Bruschinos Sohn auszugeben, um Sofia heiraten zu können. Mit einem Brief vermag er, Gaudenzio zu täuschen, obwohl der mittlerweile aufgetauchte Vater Bruschino natürlich bestreitet, dass Florville sein Sohn sei, und sich auf die Suche nach seinem richtigen Sohn macht. Als der alte Bruschino dabei allerdings erfährt, dass Florville der Sohn von Gaudenzios Erzfeind ist, plant er, die Maskerade mitzuspielen, um sich an Gaudenzio zu rächen. So werden Sofia und Florville vermählt, und der Auftritt des richtigen jungen Bruschino lässt Gaudenzio zu spät erkennen, wen sein Mündel geheiratet hat.

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Ob ihm wohl klar ist, was er eigentlich in dieser Inszenierung soll?

Die Regie obliegt der 2004 in Florenz gegründeten Theatergruppe Teatro Sotterraneo, die aus dem Dramaturgen Daniele Villa und vier Darstellern besteht, die im Programmheft aber nicht einzeln erwähnt werden, so dass keine spezielle Person, sondern nur die Gruppe als Kollektiv für diesen Ansatz verantwortlich gemacht werden kann. Das Inszenierungsteam verlegt die Handlung in einen Freizeitpark. So hat die Accademia di Belle Arti di Urbino ein recht buntes Bühnenbild geschaffen, dass in seiner Knalligkeit an eine Attraktion in Disney-Land erinnern mag, nur dass dieser Freizeitpark "Rossini-Land" heißt und als Attraktionen mit den unterschiedlichen Opern des Pesaresen aufwartet. Ein großes Plakat, das am linken Gebäude angebracht ist, verweist demnach auch auf die Standorte der anderen Attraktionen im Park. Des Weiteren weisen Hinweisschilder auf der Bühne den Weg zur gazza ladra oder zum Guillaume Tell. Während vor der Ouvertüre eine singende Putzfrau über die Bühne läuft, die von einem Vorgesetzten zur Arbeit angetrieben wird, der für die Öffnung des Parks unter anderem die Höhe des Rasens misst, erklingen aus den Lautsprechern Auszüge aus einzelnen Rossini-Ouvertüren. Allmählich treffen auch die Darsteller der Farsa in Alltagskleidung auf, um sich auf ihre "Vorstellung" vorzubereiten. Die letzten Musiker und der Dirigent werden hektisch in den Orchestergraben getrieben.

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Happy End im "Rossini-Land" (vorne: Ensemble, hinten: Statisterie)

Dieser Einstieg in die Oper wäre noch verzeihlich, wenn im Folgenden nun wie in einem richtigen Freizeitpark, die Illusion, die die einzelnen Attraktionen bei den Besuchern erzeugen sollen, erhalten bleiben würde. Die zweigeschossige Kulisse und die wunderschönen Kostüme, die ebenfalls von der Accademia di Belle Arti di Urbino geschaffen worden sind, böten jede Möglichkeit dazu. Doch das Regieteam setzt ständig auftretende Statisten ein, die als Besucher im Freizeitpark den eigentlichen Handlungsablauf stören. So vergnügt sich ein Liebespaar auf einem umgestoßenen aufgeblasenen Sofa, während Gaudenzio sein Mündel fragt, ob sie bereit ist, den Sohn des Signor Bruschino zu heiraten. Auch die lärmend auftretende Kinderschar, die Bruschino mit verzerrten Masken umkreist, wenn er den Schwindel durchschaut hat, aus Wut auf Gaudenzio jedoch beschließt, Florville als seinen Sohn auszugeben, erschließt sich nicht wirklich. Dass Florville bei seinem Auftrittsgesang einen roten herzförmigen Luftballon bis zum Platzen aufpumpt, wirkt eher platt als komisch. Gleiches gilt für Filiberto, der als blutverschmierter Metzger mit Hackebeil auftritt. Dieses Aussehen passt genauso wenig in das Ambiente der Geschichte wie das völlig unmotivierte Gipsbein Bruschinos, das er bei Bedarf wie einen Stiefel ablegen kann.

Musikalisch kann die Produktion die Schwächen der Musik einigermaßen ausgleichen. David Alegret verfügt als Florville in der Mittellage über einen kräftigen Tenor, der die Höhen recht vorsichtig, dafür aber sauber ansetzt. Ein guter Einfall ist sein zweiseitig tragbares, langes Sakko, das ihm die Möglichkeit gibt, sich in Sekundenschnelle auch optisch zu verwandeln. Maria Aleida punktet als Sofia mit sauberen Koloraturen in ihrer Arie, wirkt in den Ensembles stimmlich aber etwas leise. Da besitzt Chiara Amarùs Mezzo als Marianna mehr Durchschlagskraft. Andrea Vincenzo Bonsignore, der im letzten Jahr beim Festival Giovane als Lord Sidney in Il viaggio a Reims mitwirkte, gefällt mit profundem Bass und beweglichem Spiel als Filiberto, auch wenn man ihn sich nicht unbedingt als Metzger gewünscht hätte. Francisco Brito präsentiert den Commissario und die relativ kleine Rolle des jungen Bruschino mit weichem Tenor und überzeugend komischem Spiel. Die beiden Paraderollen Gaudenzio und Bruschino padre sind mit Carlo Lepore und Roberto de Candia stimmlich und darstellerisch sehr gut besetzt. So gelingt es den beiden, im Rahmen der Möglichkeiten, die ihnen die Regie lässt, Rossinis sprühende Komik hier und da aufblühen zu lassen. Daniele Rustioni liefert mit dem Orchestra Sinfonica G. Rossini ebenfalls eine überzeugende Leistung ab, so dass die Sänger und Musiker vom Publikum mit großem Applaus bedacht werden, die Inszenierung jedoch eher verhalten aufgenommen wird.

FAZIT

Das Teatro Sotterraneo hätte mehr auf die Qualität der Vorlage vertrauen sollen. Dann hätte das Konzept mit einer bunten Inszenierung in einem "Rossini-Land" vielleicht aufgehen können.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Daniele Rustioni

Regie
Teatro Sotterraneo

Bühne und Kostüme
Accademia di Belle Arti di Urbino

Licht
Roberto Cafaggini



Orchestra Sinfonica G. Rossini


Solisten

Gaudenzio
Carlo Lepore

Sofia
Maria Aleida

Bruschino padre
Roberto de Candia

Bruschino figlio / Commissario
Francisco Brito

Florville
David Alegret

Filiberto
Andrea Vincenzo Bonsignore

Marianna
Chiara Amarù

 


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