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Wexford Festival Opera
24.10.2012 - 04.11.2012


Die Zauberflöte

Singspiel in zwei Akten
Libretto von Emanuel Schikaneder, bearbeitet zu einer kompakten einaktigen Fassung von Jeremy Sams
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

In englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 45' (keine Pause)

Premiere im Auditorium der Presentation Secondary School in Wexford am 27. Oktober 2012
(rezensierte Aufführung: 02.11.2012)



 

 

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Magischer Regenschirm

Von Thomas Molke / Fotos von Paula Malone Carty


Neben den drei Opernproduktionen im O'Reilly Theatre im Wexford Opera House gibt es jedes Jahr auch so genannte "Short Works", die im wesentlich kleineren Rahmen in einer Nachmittagsvorstellung präsentiert werden. Da es sich dabei in der Regel um Operneinakter handelt, erstaunt es zunächst, dass in diesem Jahr Mozarts Singspiel Die Zauberflöte auf dem Programm dieser Reihe steht. Zwar gibt es von dieser Oper zahlreiche kindgerechte Bearbeitungen wie beispielsweise Eberhard Streuls Fassung Papageno spielt auf der Zauberflöte, um vor allem jungen Zuschauern den Weg zur Welt der Oper zu ebnen. Natürlich sind diese alle kürzer als das Original. Aber beim Wexford Festival Opera weist man ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der "Short Work" - Version nicht um eine Fassung für Kinder handelt. Daher durfte mit großer Spannung erwartet werden, wie der Regisseur Roberto Recchia in einer Schulaula dieses Meisterwerk ohne vollständiges Orchester umsetzen und welche Kürzungen er vornehmen würde. Und eines muss man Recchia lassen: Trotz der kürzeren Dauer von ca. 105 Minuten hat man nicht den Eindruck, von der Oper viel verpasst zu haben, wenn man vom fehlenden Orchester einmal absieht.

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Papageno (Jamie Rock) mit einem Schuhkarton als Glockenspiel

Die Kürzungen betreffen hauptsächlich die Dialoge, die nahezu vollständig gestrichen sind. Des Weiteren werden einzelne Arien nicht in ihrer vollen Länge gebracht. So besteht Sarastros große Arie "In diesen heil'gen Hallen" nur aus einer Strophe, und auch die stellenweise recht langatmigen Prüfungen, die Tamino und Pamina im zweiten Akt bestehen müssen, konzentrieren sich auf das Durchschreiten einer einzigen Tür. Da man aufgrund der eingeschränkten räumlichen Möglichkeiten auf ein Orchester verzichten muss, wird anstelle der Ouvertüre ein Chor eingespielt, der a capella recht fetzig Mozarts spritzige Musik präsentiert. Untermalt wird dieser Gesang von einer Power-Point-Präsentation, in der Schlagzeilen der Regenbogenpresse auf eine Leinwand im Bühnenhintergrund geworfen werden, die zunächst von der traumhaften Hochzeit zwischen Sarastro und der Königin der Nacht und dann von ihrem Scheidungskrieg berichten, an dessen Ende Sarastro seiner Ex-Frau die gemeinsame Tochter Pamina entzieht.

Da Recchia diese Ausgangssituation in einer absolut menschlichen Umgebung ansiedelt, ist für ihn die Schlussfolgerung, die weitere Handlung dieser Zauberoper als Taminos Traum zu inszenieren. Tamino kennt Pamina bereits vom College, das die beiden besuchen, und ist von ihr fasziniert, während sich Pamina jedoch eher vom wesentlich cooleren Monostatos angezogen fühlt, der ein regelrechter Mädchenschwarm ist. In diesem Bewusstsein träumt sich Tamino in ein anderes Leben, in dem er Pamina aus den Fängen des Rivalen befreit. Für das Bühnenbild von Kate Guinness reichen im Großen und Ganzen folglich ein Bett, in dem Tamino zu Beginn der Oper schläft, eine Leinwand mit diversen Projektionen und drei bewegliche Türen, die in Träumen häufig den Weg in eine andere Welt ebnen. Die Riesenschlange, die zu Beginn der Oper Tamino verfolgt, existiert dabei nur auf der Leinwand. Recchia hat hier Filmausschnitte aus einem Trash-Horror-Film zusammengeschnitten, in denen ein aus heutiger Sicht recht dilettantisch animiertes Schlangenmonster eine ganze Stadt angreift. Als Traumsequenz ist dieser Einstieg wesentlich schlüssiger als ein in der Regel recht lächerliches Monster auf der Bühne.

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Pamina (Anna Jeruc-Kopec) zwischen den Welten

Die drei Damen der Königin der Nacht werden als ältliche Jungfern gezeichnet, die nahezu eine Karikatur darstellen und ihr Begehren nach dem jungen Prinzen recht plakativ zum Ausdruck bringen. Da Tamino ihren Avancen widersteht, scheint es am Ende folgerichtig, dass sie den coolen Monostatos umwerben, der sich wesentlich aufgeschlossener zeigt und willig ist, sich mit ihnen über den Verlust Paminas hinwegzutrösten. Die Königin der Nacht tritt sehr mondän auf und drückt den inhaltlich problematischen Wandel von der guten treu liebenden Mutter, deren Kind ihr scheinbar zu Unrecht entzogen wurde, zur rachsüchtigen Frau, die ihre Tochter zwingen will, Sarastro zu ermorden, kostümtechnisch durch einen Wechsel von weißem zu schwarzem Pelz aus. Die beiden Geharnischten in Sarastros Reich sind Sicherheitskräfte, die unter dem Kommando von Monostatos stehen, der nur in der Kostümierung schwarz ist und im schwarzen Leder eher an einen Rocksänger erinnert. Die drei Knaben werden im Programmheft als "Spirits" bezeichnet und erinnern in ihrer Kostümierung an Cheerleader-Girls, die ihren Gesang auch mit zwei Fähnchen und entsprechenden Bewegungen unterstreichen. Den Chor in Sarastros Reich ersetzen die einzelnen Solisten, indem sie einen schwarzen Umhang umlegen und eine schwarze Maske vor dem Gesicht tragen. Die Kleidung von Sarastro, Papageno und Papagena lässt sich als klassisch märchenhaft bezeichnen.

Fraglich bleibt, wieso Tamino statt der Zauberflöte einen Regenschirm erhält und warum Papagenos Glockenspiel aus einem einfachen Schuhkarton besteht. Betrachtet Recchia die Utensilien, die die Königin der Nacht Tamino und Papageno zur Befreiung ihrer Tochter zur Verfügung stellt, als so abwegig, dass sie auch durch ganz andere völlig unsinnige Gegenstände ersetzt werden können? Kann man im Traum vielleicht auch auf einem Regenschirm Flöte spielen, da er ja in geschlossenem Zustand eine ähnliche Form hat? Ist das Glockenspiel ein einfacher Kasten, der sich auch in einem Schuhkarton verbergen kann? Aber wieso hält Tamino dann am Ende, wenn er aus seinem Traum erwacht und das Bühnenbild des Anfangs wieder aufgebaut worden ist, eine Querflöte in seiner Hand? Schließlich ist der Traum doch jetzt zu Ende. Akzeptiert man diese kleinen Unklarheiten als Gegebenheiten eines Traums, in dem sich auch nicht alles erklären lässt, gelingt Recchia in der Personenführung und im Ablauf eine kurzweilige, unterhaltsame Umsetzung des Werkes, die dem Publikum große Freude bereitet.

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Noch sind sie durch eine Tür getrennt: Pamina (Anna Jeruc-Kopec) und Tamino (Patrick Hyland).

Musikalisch begleitet wird die Produktion von Andrea Grant am Klavier, die mit ihrer beherzten Interpretation nahezu vergessen lässt, dass ein komplettes Orchester fehlt. Nur die Flöte und das Glockenspiel werden zusätzlich live eingespielt. Die Solisten begeistern alle durch große Spielfreude. Nur gesanglich sind an einzelnen Stellen Abstriche zu machen. Carlos Nogueira macht als Monostatos zwar eine sehr gute Figur, die zahlreiche Mädchenherzen höher schlagen lässt, kann stimmlich in der Partie allerdings nicht überzeugen, da er für den Gesang keine einheitliche Linie findet. Auch Cozmin Sime und David Sanchez Serra harmonieren als erster und zweiter Geharnischter im gemeinsamen Gesang stimmlich nicht immer. Jamie Rock gibt darstellerisch einen idealen Papageno, der auch mit den Damen im Publikum kokettiert, seine Stimme muss sich jedoch noch ein bisschen weiterentwickeln, bis sie das entsprechende Volumen in den Tiefen erreicht. Gleiches gilt für Thomas Faulkner als Sarastro, dem es wahrscheinlich aufgrund seiner Jugend noch an stimmlicher Reife für die Partie fehlt.

Stimmlich harmonisch präsentieren sich Elenor Bowers-Jolly, Natalie Sinnott und Anna Jeffers als die drei Geister. Gleiches gilt für die drei Damen der Königin der Nacht Maria Mirò, Eleanor Lyons und Cátia Moresco, wobei vor allem Moresco durch extrem komisches Spiel die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Nazan Fikret überzeugt als Königin der Nacht mit wunderbar klaren Koloraturen und trifft dabei jeden einzelnen Ton sauber. Patrick Hyland verfügt als Tamino über einen klangschönen Tenor, der auch die Höhen problemlos meistert, ohne dabei zu forcieren. Anna Jeruc-Kopec verfügt als Pamina über einen warmen, wunderbar fülligen Sopran und lässt ihre großartigen Arien zu einem regelrechten Ohrenschmaus werden. So gibt es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten und eine Produktion, bei der an keiner Stelle Langeweile aufkommt.

FAZIT

Wenn man diese kompakte einaktige Fassung gesehen hat, könnte es passieren, dass man die nächste vollständige Zauberflöte als etwas langatmig empfindet und sich häufiger diese Kurzfassung wünscht.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Andrea Grant

Regie
Roberto Recchia

Bühne und Kostüme
Kate Guinness

Licht
Pip Walsh



 


Solisten

Tamino
Patrick Hyland

Pamina
Anna Jeruc-Kopec

Papageno
Jamie Rock

Sarastro
Thomas Faulkner

Königin der Nacht
Nazan Fikret

Erste Dame
Maria Mirò

Zweite Dame
Eleanor Lyons

Dritte Dame
Cátia Moresco

Papagena
Chloe Morgan

Monostatos
Carlos Nogueira

Sprecher
Simon Robinson

Erster Geharnischter
David Sanchez Serra

Zweiter Geharnischter
Cozmin Sime

Erster Geist
Elenor Bowers-Jolly

Zweiter Geist
Natalie Sinnott

Dritter Geist
Anna Jeffers

 


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