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Rossinis Lieder über das WasserVon Thomas Molke
Das Spektrum reichte dabei von Rossinis wohl erster Komposition "Se il vuol la molinara", die er Vincenza Viganò Mombelli widmete, der Verfasserin des Librettos für seine erste Oper Demetrio e Polibio, über Duette und Arietten aus seiner Sammlung Soirées musicales, die er 1835 am Ende seines mehrjährigen Aufenthaltes in Paris als Dank an seine Freunde und Gönner herausbrachte, bis hin zu Auszügen aus seinem Alterswerk Péchés des vieillesse. In der Musikauswahl bot dieser Nachmittag also zahlreiche Möglichkeiten, den großen Opernkomponisten von einer anderen Seite kennen zu lernen. Dass das musikalische Erlebnis dennoch zu keinem Höhepunkt wurde, war vor allem den beiden Solisten Muriel Fankhauser und Viktor Majzik anzulasten. Fankhauser verfügt über einen braven, lieblich klingenden Sopran, der den Esprit, der in Rossinis Kompositionen liegt, leider nicht einfangen kann. Am eklatantesten fiel es im Triptychon La regata veneziana aus Rossinis Péchés des vieillesse auf, das kürzlich in einer hervorragenden Präsentation bei den Münchner Festspielen in einem Liederabend von Joyce DiDonato zu erleben war (siehe auch unsere Rezension). Die drei Lieder zeigen Anzoleta, deren Geliebter Momolo an einer Regatta teilnimmt, vor, während und nach dem Wettkampf, wobei der Text und die Musik die unterschiedlichen Gefühlsregungen der Frau deutlich zum Ausdruck bringen. Während Anzoleta ihrem Geliebten vor der Regatta resolute Anweisungen gibt, zeigt sie sich während der Regatta sehr aufgeregt und versucht krampfhaft, diese Nervosität zu verbergen. Erst nach Momolos Sieg erscheint sie als zärtlich Liebende. Fankhauser singt die Lieder zwar sauber intoniert, lässt aber nichts von diesen ganzen Gefühlsregungen erkennen und verspielt somit den kompletten Witz, der in diesem Triptychon liegt. Auch Majzik wirkt eher wie ein braver Chorknabe, dem man in "Au bord des flots d'Azur" aus dem Album français den Lebenskünstler nicht abnimmt, der seine Zeit den Frauen und dem Essen widmen will. Auf die im Liedtext angegebene Regieanweisung verzichtet Majzik vollständig, so dass ein Bild des Makkaroni genießenden Komponisten komplett verloren geht. Inhaltlich nicht nachvollziehbar ist auch, wieso er mit Fankhauser zusammen ein Duett für zwei Soprane aus der Soirées musicales bringt, bei dem in einem anderen Ruderwettstreit zwei Frauen die beiden Gondelfahrer Tonio und Beppe antreiben. Statt eine Szene zu entwickeln, in der die beiden als rivalisierende Zuschauer auftreten, degradieren sie mit lieblichem Gesang das Lied zu einer langweiligen Barcarole. Da nützt es auch nichts, dass Judit Polgar sich in ihrem Klavierspiel inständig mit fantasievollem Anschlag bemüht, Rossinis Witz herauszuarbeiten. Zum Glück gab es noch die Mitwirkenden der Akademie BelCanto, die dem Publikum an diesem Nachmittag dann doch noch zwei musikalische Höhepunkte bescherten. Der Tenor Christopher Kaplan und der Bass Atanas Mladenov präsentierten zunächst sehr eindringlich das Duett für Tenor und Bass Li marinari aus Soirées musicales, das die harte und gefährliche Arbeit zweier Seemänner auf hoher, stürmischer See zeigt. Kaplan und Mladenov führten deutlich vor, wie man schönen Gesang mit spielerischem Ausdruck verbinden kann, so dass man mit diesen beiden Seemännern regelrecht mitfieberte. Ihr komödiantisches Talent zeigten die beiden dann auch noch gemeinsam mit dem Pianisten Marco Alibrando, als sie als Zugabe ihr zweites Lied "Sur les flots incostants" zunächst in vertauschten Rollen wieder aufnahmen und Alibrando wutentbrannt über die scheinbare Inkompetenz der beiden die Noten zerriss. Auch hier waren Fankhauser und Majdzik nicht gut beraten, ebenfalls noch eine Zugabe folgen zu lassen. Es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, mit der Einlage von Kaplan und Mladenov den Nachmittag enden zu lassen.
FAZIT Auch bei Liedern und Duetten reicht es nicht aus, die Noten einfach nur vom Blatt abzusingen, ohne dabei in den Inhalt einzutauchen.
Weitere Rezensionen zu Rossini in
Wildbad 2012
La pesca: "Già la notte s'avvicina", Duett für zwei Soprane mit Klavier (Nr. 10 aus Soirées musicales)
La regata veneziana: Drei Lieder für Mezzosopran mit Klavier (Nr. 8 - 10 aus Album italiano)
L'esule: "Qui sempre ride in cielo", Für Tenor mit Klavier (Nr. 2 aus Morceaux réservées)
Addio ai Viennesi: "Da voi parto, amate sponde", Lied für Stimme mit Klavier
Rossini's erste Composition: "Se il vuol la molinara", Lied für Stimme mit Klavier
Li marinari: "Marinaro, in guardia stà!", Duett für Tenor und Bass mit Klavier (Nr. 12 aus Soirées musicales)
Orage et beau temps: "Sur les flots incostants", Barcarole für Tenor und Bass mit Klavier
Barcarole: Klavier solo (Nr. 8 aus Album pour les enfants dégourdis)
Le Chant du soir: "La lune sereine", Melodie für Stimme mit Klavier (nach Beltà crudele)
Le Lazzarone: "Au bord des flots d'Azur", Chansonette de Cabaret für Bariton mit Klavier (Nr. 8 aus Album français)
La veuve andalouse: "Toi pour jamais", Für Sopran mit Klavier
La danza: "Già la luna è mezzo al mare", Tarantella für Tenor mit Klavier (Nr. 8 aus Soirées musicales)
La gita in gondola: "Voli l'agile barchetta", Für Stimme mit Klavier (Nr. 7 aus Soirées musicales)
La regata veneziana: "Voga, o Tonio, benedetto", Duett für zwei Soprane mit Klavier (Nr. 9 aus Soirées musicales)
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AusführendeMuriel Fankhauser, SopranViktor Majzik, Tenor Judit Polgar, Klavier Mitwirkende der Akademie BelCanto
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- Fine -