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Musikfest Berlin 2013

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam
Yefim Bronfman, Klavier
Daniele Gatti, Leitung

Musik von Lutosławski, Bartók und Prokofjew

4. September 2013 in der Philharmonie Berlin  


Berliner Festspiele
Musikfest Berlin

(Homepage)  

In der Fülle der Klangfarben geschwelgt

Von Christoph Wurzel / Fotos: Kai Bienert

In den beiden vorangegangenen Konzerten stand die Freundschaft zwischen Benjamin Britten und Dimitri Schostakowitsch im Mittelpunkt, nun näherte sich die Programmdramaturgie der Beziehung zwischen Witold Lutosławski und Béla Bartók. Persönlich haben sich diese beiden Komponisten zwar nicht gekannt, aber Lutosławski sah den um ein Vierteljahrhundert Älteren als Schlüsselfigur der Moderne an und schätzte seine Musik so außerordentlich, dass er explizit in dreien seiner eigenen Kompositionen auf Bártók Bezug nahm, außer seinem Streichquartett (leider nicht beim Musikfest zu hören)  im Konzert für Orchester, das auf dem Programm des BR-Sinfonieorchesters stand, und in der Musique funèbre, die bei diesem Konzert zu Anfang erklang.  Besonders die beiden Orchesterwerke haben denn auch in Lutosławskis Gesamtwerk zentrale Bedeutung.

Die Trauermusik, die das Concertgebouw Orchester an diesem Abend spielte, widmete Lutosławski dem Andenken Bartóks. Das Werk markiert einen von mehreren Wendepunkten in Lutosławskis Schaffen. Stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten wandte er in dieser 1958 abgeschlossenen Komposition erstmals konsequent die Zwölftontechnik an (und löste sich dadurch zugleich auch von seinem Vorbild) - ein großer Schritt also in neue musikalische Welten, nach Lutosławskis bisher weitgehend neoklassizistischer Phase. Doch auch diese musikalische Sprache sollte er bald in weitere neue Dimensionen überführen. In der Musique funèbre nimmt Lutosławski formal Bartóks Bogen-Prinzip auf. Sein Epitaph auf den Komponistenkollegen entwickelt sich aus einem Dreitonmotiv in den tiefen Streichern, gipfelt in einem extrem dissonanten Klangblock (Apogäum) und verklingt abschließend wieder leise mit dem Motiv vom Anfang. Das Stück ist für eine reine Streicherbesetzung geschrieben und das Concertgebouw Orchester brachte hierfür mit seinem sensiblen Gespür für differenzierte Klangfarben beste Voraussetzungen mit. Daniele Gatti arbeitete die innere Dramatik dieser Musik zwischen  elegischer Trauer und wildem Aufbäumen im dissonanten Höhepunkt eindrücklich heraus.

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Yefim Bronfman

Nun hatte sich Lutosławski ausgerechnet über Bartóks 3. Klavierkonzert nicht sonderlich positiv geäußert. Es sei ein „seltsames Amalgam“ der fortschrittlichen und der eher populären Klangssprache Bartóks. Dass es hier im Programm stand, mag der Tatsache geschuldet sein, dass Bartók dieses Werk nur wenige Monate vor seinem Tod im Sommer 1945 komponierte, sein letztes Werk, das er mindestens nahezu vollenden konnte (17 Takte des dritten Satzes sind von seinem Schüler Tibor Serly hinzugefügt worden) – es also auch als eine Art Memorial zu sehen ist. Tänzerische Leichtigkeit prägt das Konzert im ersten Satz, der zweite, ein Adagio religioso, entführt im Mittelteil in eine wunderliche Naturwelt mit imitierten Vogelstimmen und der dritte Satz ist ein furioses Allegro, in dem das Klavier virtuos auftrumpft. Yefim Bronfman spielte sein ausgeprägtes Gespür sowohl für die versonnenen leisen Töne wie auch für  pianistischen Glanz eindrucksvoll aus. Gatti dagegen ließ das Orchester vor allem im ersten Satz vielleicht eine Spur zu wuchtig auftreten, aber an differenzierten Klangfarben mangelte es auch hier keineswegs.

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Daniele Gatti mit dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam

Wie Béla Bartók war auch Sergej Prokofjew gezwungen, nach Amerika ins Exil zu gehen. Jedoch konnte er in seine Heimat zurückkehren, was sich Bartók zwar sehnlichst gewünscht hatte, ihm aber letztlich nicht vergönnt war. Die Musik zu Romeo und Julia war das erste Auftragswerk nach Prokofjews Rückkehr in die Sowjetunion 1936. Auch Prokofjew hatte als junger Wilder begonnen. Und wenn Bartóks 3. Klavierkonzert ein Amalgam zwischen Avantgarde und Tradition ist, so trifft das auf Prokofjews Ballettmusik in noch größerem Maße zu. Es ist Programmmusik im Klanggewand der Moderne, hoch dramatisch und expressiv. Elf Sätze aus dem umfangreichen Ballett spielte das Concertgebouw Orchester zum Abschluss dieses Konzerts und brillierte nochmals mit funkelnder Klangpracht. Daniele Gatti war hier ohne Einschränkung in seinem Element, mit großer Emphase setzte er die dramatischen Höhepunkte und ließ das Orchester seine große Klasse hinreißend unter Beweis stellen. Begeisterter Applaus des allerdings nicht übermäßig zahlreichen Publikums war Solist, Dirigent und Orchester für diesen weiteren Höhepunkt des Musikfestes sicher.

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Das Programm

Witold Lutosławski
Musique funèbre für Orchester
in memoriam Béla Bartók

Béla Bartók
Klavierkonzert Nr. 3

Sergej Prokofjew
Romeo und Julia
(Suite aus der Ballettmusik) op. 64 b/c

Yefim Bronfman, Klavier

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam

Leitung: Daniele Gatti





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