Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage Veranstaltungen & Kritiken
Musikfestspiele
Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum



Bayreuther Festspiele 2013
25.07.2013 - 28.08.2013

Gastkonzert der Sächsischen
Staatskapelle Dresden

Christian Thielemann, Dirigent

Johan Botha, Tenor

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Montag, 26. August 2013, 19.30 Uhr
Oberfrankenhalle Bayreuth




Sächsische Staatskapelle Dresden
(Homepage)

Festspiele light

Von Thomas Molke / Foto von Andreas Harbach

Christian Thielemann ist mittlerweile ein fester Bestandteil der Bayreuther Festspiele geworden. Seit mehreren Jahren ist hier kaum eine Saison zu erleben, in der er nicht bei einer Produktion die musikalische Leitung übernimmt. Im letzten Jahr hat er neben dem neu einstudierten fliegenden Holländern auch noch Thomas Hengelbrocks im Premierenjahr heftig diskutiertes Dirigat beim Tannhäuser übernommen. Seit Beginn der Spielzeit 2012/2013 leitet Thielemann nun als Chefdirigent die Sächsische Staatskapelle Dresden und hat im Wagner-Jubiläumsjahr ein Programm zusammengestellt, mit dem er nun durch Paris, Wien und Venedig tourt und natürlich auch in Bayreuth während der Festspiele Halt macht. Dabei klingt das Programm wie ein Potpourri der diesjährigen Festspiele, da mit Ausnahme des Rings alle Produktionen in Auszügen vertreten sind. Berücksichtigt man, dass Johan Botha, der das Konzert als Tenor begleitet, in diesem Jahr als Siegmund in der Walküre vom Publikum frenetisch gefeiert wird, wird in gewisser Weise auch die Lücke zum Ring geschlossen. Doch das Konzert bietet nicht nur Höhepunkte der Festspielsaison. Neben auf dem Hügel grundsätzlich nicht zu erlebenden Stücken des Jubilars ist auch eine Komposition des 2012 verstorbenen Hans Werner Henze zu hören, der in der abgelaufenen Spielzeit Capell-Compositeur der Sächsischen Staatskapelle war.

Bild zum Vergrößern

Christian Thielemann mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Den Anfang macht - gewissermaßen zum Aufwärmen - die Holländer-Ouvertüre, wobei man sich klanglich in der Oberfrankenhalle zunächst ein bisschen umstellen muss, weil der aufbrausende Sturm in der Musik zumindest in den vorderen Reihen doch etwas gewaltiger über die Zuschauer hereinbricht, als man es aus dem Festspielhaus gewohnt ist, was allerdings den musikalischen Genuss in keiner Weise einschränkt. Es folgt die eher unbekannte Faust-Ouvertüre, die Wagner 1839/40 ursprünglich als Kopfsatz einer ganzen Programmsinfonie konzipiert hatte. Bis 1855 wurde das einsätzige Stück mehreren Umarbeitungen unterzogen und erklingt im Konzert in der Endfassung. Mit leitmotivischem Charakter wird hier die Gestalt des suchenden und sich nach Gretchen sehnenden Faust beschrieben. Eindringlich werden hier im Hauptthema Fausts Seelenqualen regelrecht fühlbar. Die Holzbläser lassen im weichen Spiel das begehrte Gretchen anklingen. Die Sächsische Staatskapelle macht unter der Leitung von Thielemann nachvollziehbar, wieso Tschaikowski dieses Stück als "eines der ausgezeichnetsten Werke der deutschen symphonischen Literatur" bezeichnete.

Anschließend hat Johan Botha seinen ersten Auftritt. Er beginnt mit dem berühmten Gebet des Rienzi aus der gleichnamigen Oper, in dem der Tribun Gott um Beistand gegen seine Feinde anfleht. Bereits bei den einleitenden Klängen der Musik wird deutlich, wie Botha sich mental in die Gefühlswelt der Titelfigur versetzt, um im Folgenden mit einer bewegenden Interpretation ohne Textbuch, wenn auch nicht immer ganz textsicher, mit strahlendem Tenor und scheinbar unendlichen Kraftreserven Rienzis Bitten kurz vor seinem Untergang vorzutragen. Auch bei der anschließenden Ouvertüre fragt man sich, wieso dieses Werk eigentlich nicht als würdig betrachtet wird, auf dem Hügel im Rahmen der Festspiele zur Aufführung zu gelangen. Natürlich unterscheidet es sich gerade in dem fast volkstümlich anmutenden Zwischenspiel in der Ouvertüre von der Erhabenheit der späteren Werke. Aber wenn man durch modernes Regietheater Wagners Werke sowieso bisweilen recht respektlos demontiert, gibt es auch eigentlich keinen Grund, wieso die Frühwerke dem Anspruch für den Hügel nicht gerecht werden sollten.

Der Teil nach der Pause wird von dem Vorspiel zum Lohengrin und der Ouvertüre zum Tannhäuser eingerahmt. Während man bei den sirrenden Klängen der Geigen im Lohengrin-Vorspiel gewissermaßen eine Stecknadel in der Oberfrankenhalle fallen hören könnte, passiert beim Tannhäuser etwas nahezu Unvorstellbares. Aus irgendeiner Ecke im Publikum stimmt jemand bei den anfänglichen Klängen den Text vom Pilgerchor an. Dies kommt insofern völlig unerwartet, weil die Konzentration in der Halle vorher stets unwahrscheinlich groß war. Thielemann lässt sich allerdings auch dadurch nicht aus dem Konzept bringen und zelebriert mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden beide Stücke mit absoluter Präzision. Botha präsentiert nach dem Vorspiel die Gralserzählung aus dem Lohengrin in der Urfassung mit einem zweiten Teil, der am 2. Juli 1850 knapp zwei Monate vor der Uraufführung gestrichen wurde und so sicherlich noch nicht auf der Bühne zu erleben war. Hier berichtet Lohengrin dem Volk, wieso er überhaupt nach Brabant gekommen ist. Botha begeistert hier vor allem durch eine absolut deutliche Diktion. Höhepunkt seiner Interpretation bleibt allerdings die Romerzählung des Tannhäuser. Wie Botha mimisch und stimmlich die Qualen Tannhäusers durchlebt und er auch nach seinem Venus-Anruf einen Moment regelrecht entrückt auf der Bühne verharrt, bevor er sich aus der Anspannung lösen und den frenetischen Applaus mit einem Lächeln würdigen kann, macht deutlich, dass dieser Ausnahme-Tenor es genau versteht, ohne irgendwelche albernen modernen Regie-Anweisungen den gesungenen Text in bewegendes Spiel umzusetzen.

Zwischen Lohengrin und Tannhäuser präsentiert die Sächsische Staatskapelle Dresden noch ein Werk von Hans Werner Henze, das dieser 1999 auf Wunsch Kurt Masurs als Beitrag zum kommenden Millennium komponierte. Masur war nämlich 1997 an Henze mit der Bitte herangetreten, für einen Konzertabend ein Stück beizusteuern, dass "sowohl für sich allein stehen als auch mit musikalischen Botschaften anderer Komponisten kombiniert werden kann" (so Masur in einem Brief an Henze). Henzes Millenniums-Botschaft lautete Fraternité, Air pour l'orchestre. Aber auch wenn Henze selbst sein Werk als "ruhiges und sanftes Werk" beschreibt, "in dem alle Instrumente des Orchesters wie eines sind" und "zum Lobe von Harmonie und Frieden singen", ist die Komposition musikalisch eigentlich weit vom Gedanken der Brüderlichkeit, wie der Titel sie verheißt, entfernt. Zu irritierend sind die ständigen Einwürfe der Blechbläser, die den Versuch einer Idylle stören, und das ständige Auf- und Abwogen der übrigen Instrumente, welche das Stück in ein turbulentes Chaos führen, bevor es zum Ende regelrecht ins Stocken gerät. So wirkt die postulierte Harmonie am Ende eher ungewiss, wenn nicht gar zweifelnd.

Als Zugabe gibt es noch das berühmte Lohengrin-Vorspiel aus dem dritten Akt, bevor Thielemann, Botha und die Sächsische Staatskapelle Dresden unter frenetischem Applaus und stehenden Ovationen entlassen werden.

FAZIT

Das Konzert bietet eine wunderbare Mischung aus Vertrautem und Unbekanntem und besitzt in der hochkarätigen Besetzung Festspielniveau.

Weitere Rezensionen zu den Bayreuther Festspielen 2013


Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns einen Leserbrief

Ausführende

Sächsische Staatskapelle Dresden

Christian Thielemann, Dirigent

Johan Botha, Tenor

 


Werke

Richard Wagner
Ouvertüre zur Romantischen Oper
Der fliegende Holländer WWV 63
mit Konzertschluss (Fassung 1860)

Eine Faust-Ouvertüre WWV 59
(2. Fassung 1855)

Gebet des Rienzi
"Allmächt'ger Vater"
aus der Großen tragischen Oper
Rienzi, der Letzte der Tribunen WWV 49

Ouvertüre zu Rienzi

Vorspiel zur Romantischen Oper
Lohengrin WWV 75

Gralserzählung des Lohengrin
"In fernem Land"
aus Lohengrin (Urfassung)

Hans Werner Henze
Fraternité, Air pour l'orchestre (1999)

Richard Wagner
Romerzählung des Tannhäuser
"Innbrunst im Herzen"
aus der Großen romantischen Oper
Tannhäuser und der Sängerkrieg
auf Wartburg
WWV 70 (Dresdner Fassung)

Ouvertüre zu Tannhäuser


Zur Homepage von den
Bayreuther Festspielen




Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Zur Festspiel-Startseite E-Mail Impressum

© 2013 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de

- Fine -