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Musikfestspiele
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Bregenzer Festspiele 2013
Die Zauberflöte

Oper in zwei Akten
Libretto von Emanuel Schikaneder
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Dauer: ca 2 ¼ Stunden – keine Pause

Premiere am 17. Juli 2013
(rezensierte Aufführung: 20.Juli 2013)


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Bregenzer Festspiele
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Wasser, Wiese, Feuerwerk

Von Christoph Wurzel / Foto von Anja Köhler (© Bregenzer Festspiele)

Schon seit langem sind es in Bregenz nicht die Bretter, die die Welt bedeuten, sondern es sind Skulpturen, die die Bühne für die dortigen Opernaufführungen der Seefestspiele bereiten. Die Spektakulärsten der letzten Jahre waren das Riesenauge für Tosca, welches sogar als Filmkulisse zu Ehren kam und die fantastische Adaption von Davids Gemälde des gemeuchelten Marat für die Revolutionsoper André Chénier in den vergangenen zwei Spielzeiten. Für die diesjährige Neuproduktion bietet eine bunte Fantasy-Fabel-Welt den Untergrund für Mozarts Zauberflöte, gebaut aus dem grünen Rücken einer Riesenschildkröte, der von drei knallig bunten Drachenhunden flankiert wird, die aus dem Wasser ragen.

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Das Bühnenkunstwerk zur Zauberflöte

Das lässt schon vor Beginn der Vorstellung auf viel Spektakel schließen. Und tatsächlich wird man im Verlauf der pausenlos gespielten Oper nicht enttäuscht: Die optischen Sensationen jagen sich - zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Die mit allen technischen Raffinessen ausgestattete Bühnenkonstruktion macht’s möglich. Zwischen den drei Drachentürmen spannen sich Brücken, die zahlreichen Stunt-Akrobaten genug Gelegenheiten zu halsbrecherischen Überraschungen geben (Monostatos mit seiner Sklavenmeute). Aus der Tiefe des Schildkrötenpanzers schießt die Königin der Nacht katapultartig in die Höhe, um ihre Rache in der Frische der Abendluft zu kühlen. Und aus der gewölbten Spielfläche wachsen plötzlich aufblasbare Turbograshalme heraus, eine labyrinthartige Wiese bildend, in der Papageno nach seinen Vögeln pirscht. Tamino gleitet auf der silbernen Fläche einer zum Wasserfahrzeug geformten geöffneten Hand auf dem See heran, bevor er vor der bedrohlichen Wasserschlange ans rettende Ufer flüchten kann. Auch Pamina schwimmt zur Bildnisarie in einem gläsernen Schrein am schwärmenden Tamino vorbei. Zahllose Lichteffekte und viel Feuerwerk erhöhen noch den Eindruck einer Fantasywelt mit Märchenzauber, und je weiter die Dämmerung voranschreitet, desto spektakulärer wirken die Schauspiele. Der Phantasie der Kostüm- und Bühnenbildner ist schier keine Grenze gesetzt, die Acrobatic Stunt Performer, Aerial Stunt Performer und Stunt Rigger liefern eine atemberaubende Show.

Letzten Endes ist es aber dann doch ein wenig Zuviel an Effekten, denn dem Sinn der Zauberflöte kommt man dadurch nicht näher. Zwar hat Regisseur David Pountney für seine Lesart der Oper – es wird seine letzte Arbeit in seiner Zeit als Intendant in Bregenz sein – ja ganz zu Recht  auf die Gedankenwelt der Aufklärung verwiesen. Aber der philosophische Hintergrund der Oper bleibt doch recht unterbelichtet, eine Aussage lediglich im Programmheft behauptet. Nach dem Untergang der Welt der alten Doktrinen, sowohl der nächtlicher Königin wie auch des Herren des Sonnenkreises, erstehen als neue Menschen Pamina und Tamino als Peace-Jünger und ihr Reigen mit den Choristen im Regenbogenhemd vor der Publikum wirkt dann nur wie eine gut gemeinte Yogaübung.

Doch sei’s drum: Es wurde fürs Auge sehr viel geboten und das rund 7000-köpfige Publikum fühlte sich gut unterhalten. Damit es die Handlung noch besser versteht, wurde sogar die Vorgeschichte (Übernahme des Sonnenkreises durch Sarastro und Entführung Paminas) als stumme Spielszene dazu geliefert. Dennoch kommt die Aufführung nur auf rund 140 Minuten. Und dies nicht, weil schnell musiziert würde, sondern weil unschön gekürzt wurde. So fehlten u. a. der Schlusschor des 1. Aktes und die erste Strophe von Sarastros Hallenarie.

Angesichts der fordernden Open-Air-Bedingungen und täglicher Aufführungen sind natürlich die Gesangsrollen mehrfach besetzt. An diesem Abend wurde ausgezeichnet gesungen. Rainer Trost gab einen forschen Tamino, dem vielleicht ein wenig mehr Raum für wachsende Reifung gut angestanden hätte, während die exzellent singende Anja-Nina Bahrmann eine tief empfindsame Pamina präsentierte, deren Gefühlslagen sie spielerisch und stimmlich überzeugend gestaltete. Albert Pesendorfer war ein würdiger, sonorer Sarastro, und als Königin der Nacht glänzte vor allem in ihrer zweiten Arie mit gestochenen Koloraturen Laura Claycomb. Klaus Kuttler als etwas behäbigem Papageno gesellte sich mit enormer Spielfreude erst mit komödiantischer Anmache ( „achtzehn Jahr und zwei Minuten“) und dann als aus einem Riesenei schlüpfende Papagena die quicklebendige Susanne Grosssteiner hinzu, deren Nummern auch gesanglich zu den Glanzpunkten des Abend gehörten. Die drei Damen waren wirkungsvoll als Puppen auf phantasievolle Urvögel gesetzt worden. Diese Rollen wurden aus dem Off prächtig gesungen von Barbara Zechmeister, Sabrina Kögel und Bernadett Fodor. Ebenso hinter der Bühne, das heißt aus dem Festspielhaus, wo auch das Orchester sitzt, waren die drei Knaben postiert, die ins Bühnengeschehen nur als Puppen mit Babyschwellköpfen von einem Schifflein aus eingriffen. Ihre Partien waren hier aber gestandenen Sängerinnen anvertraut – unverständlich bei einem mittlerweile so zahlreichen Kader von Stimmen in guten Knabenchören, wie sie heute an den meisten Häusern eingesetzt werden.

Womit die musikalische Stilfrage gestellt werden muss. Hier fiel die Aufführung leider in bloße Konvention zurück. Patrick Summers leitete das Orchester meist uninspiriert und manchmal träge. Nur die Monostatos-Arie hatte musikalisches Temperament und bezwingendes Tempo. Die unterschiedlichen musikalischen Sprachen der Oper (Duett der Geharnischten!) wurden auf einheitlichen Klang zurecht geschliffen. Dennoch: Das Orchester spielte klangschön und präzise. Auch die Tonübertragung war exzellent und durch zahlreiche Lautsprecher in Spitzenqualität fast so plastisch und präsent wie in einem Opernhaus.

FAZIT

In Bregenz wurden schon Inszenierungen von größerer gedanklicher Stringenz geboten, was trotz großer Entfernung zwischen Bühne und Zuschauern und aller Open-Air- Besonderheiten auch möglich sein könnte, wie mit Tosca oder André Chénier in den Vorjahren bewiesen. Heuer hat man vor allem auf Showeffekte gesetzt - durchaus legitim allerdings mit Rücksicht auf das Ziel von angestrebten rund 300.000 verkauften Karten. Erreichbar scheint das zu sein, dem Vernehmen nach sind alle Vorstellungen bis zum 18. August schon fast ausverkauft. Musikalisch befriedigten wenigstens die Sängerleistungen voll und ganz.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Patrick Summers

Inszenierung
David Pountney

Bühne
Johan Engels

Kostüme
Marie-Jeanne Lecca

Stunt & Action Choreografie
Ran Arthur Braun

Puppenspiel
Blind Summit Theatre
Mark Down & Nick Barnes


Chorleitung
Lukás Vasilek


Licht
Fabice Kebour

Tongestaltung
Wolfgang Fritz



Wiener Symphoniker

Prager Philharmonischer Chor

Acrobatic Stunt Performer,
Aerial Stunt Performer
und Stunt Rigger

Puppenspieler,
Doubles, Darsteller


Solisten

Sarastro
Albert Pesendorfer

Tamino
Rainer Trost

Sprecher / 2. Geharnischter
Wilfried Staber

Königin der Nacht
Laura Claycomb

Pamina
Anja-Nina Bahrmann

Erste Dame
Barbara Zechmeister


Zweite Dame
Sabrina Kögel


Dritte Dame
Bernadett Fodor

Erster Knabe
Hanna Herfurtner

Zweiter Knabe
Veronika Vetter
 
Dritter Knabe
Viola Zimmermann

Papageno
Klaus Kuttler

Papagena
Susanne Grosssteiner

Monostatos /
1. Geharnischter
Alexander Kaimbacher

Priester (Schauspieler)
Eleftherios Chladt


Weitere Informationen
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(Homepage)




Da capo al Fine

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