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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Zwei Kurzopern mit einem durchgehenden HandlungsstrangVon Thomas Molke / Fotos von Rupert Larl ( © Innsbrucker Festwochen)
Venus (Kelebogile Boikanyo (Besong) und ihr Geliebter Adonis (Edward Grint) Beide Stoffe gehen auf die antike Mythologie zurück, weisen allerdings auch einige Unterschiede zu den Überlieferungen in Ovids Metamorphosen bzw. Vergils Aeneis auf. Während Venus in Ovids Version versucht, ihren Geliebten Adonis von der geplanten Jagd abzuhalten, ist es bei Blow die Göttin, die ihren Liebhaber dazu drängt, an der Jagd teilzunehmen. Damit trifft sie gewissermaßen eine Mitverantwortung für seinen Tod, was ihr Lamento am Ende des dritten Aktes noch tragischer macht. Anders als bei Vergil wird in Purcells Oper eine Zauberin eingeführt, die auf Didos Liebesglück eifersüchtig ist und einen falschen Geist in der Gestalt Merkurs zu Aeneas schickt, der ihm befiehlt, an seine Bestimmung zu denken und in Italien eine neue Heimat zu suchen. Während der Trojaner gemäß der mythologischen Vorlage nun die karthagische Königin verlässt und diese ewigen Hass zwischen Rom und Karthago heraufbeschwört, ändert Aeneas bei Purcell angesichts der leidenden Dido seine Meinung und muss von ihr regelrecht zur Abreise gedrängt werden. Erst danach bricht die Königin in ihrem großartigen Lamento "When I am laid in Earth" zusammen und nimmt Abschied vom Leben. Von einem Fluch wie bei Vergil ist hier nichts zu hören. Cupid (Jake Arditti) Regisseur Laurence Dale nimmt die Parallelen zwischen den beiden Stücken zum Anlass, zwischen den beiden Masques einen durchgehenden Handlungsstrang herzustellen, was er zum einen durch die Besetzung einzelner Rollen mit denselben Interpreten umsetzt. So erlebt Adonis nach seinem Tod am Ende des Stückes gewissermaßen eine Wiederauferstehung als Aeneas. Wenn Venus dann das Liebesglück zwischen Dido und dem trojanischen Fürsten sieht, der für sie eben immer noch ihr ehemaliger Geliebter ist, verwandelt sie sich in die böse Zauberin, die der Königin aus Eifersucht Schaden zufügen will. Sieht man einmal von der Tatsache ab, dass Venus eigentlich Aeneas' Mutter ist und deshalb den trojanischen Fürsten auf seiner Mission unterstützt, enthält dieser dramaturgische Eingriff zumindest den Charme, den in der Oper nicht näher erläuterten Hass der Zauberin zu motivieren. Zum anderen lässt Dale einzelne Figuren in beiden Stücken auftreten. Dido tritt beispielsweise bereits im ersten Stück auf und trauert gemeinsam mit Venus an Adonis' Leichnam. Diese Trauer ist es dann auch, die ihre Schwester Belinda zu Beginn des zweiten Teils gemeinsam mit dem Frauenchor vertreiben will. Sieht man einmal vom gesungenen Text ab, nach dem Didos Trauer eigentlich aus ihren Gefühlen für Aeneas motiviert wird, die im Konflikt mit der Treue zu ihrem verstorbenen Gatten Sychaeus stehen, ist dieser Ansatz eigentlich gar nicht so schlecht, zumal er Didos Gefühle für Aeneas, der dem Verstorbenen sehr ähnlich sieht, motiviert. Belinda (Sophie Junker, rechts) tröstet die Königin Dido (Natalia Kawalek-Plewniak, Mitte) (links: Woman (Einat Aronstein), im Hintergrund: NovoCanto). Weniger nachvollziehbar bleibt die Figur des afrikanischen Königs Iarbas, den Dale als Tänzer in die Inszenierung einbaut. Gemäß der Sage erhielt Dido von diesem König das Land, auf dem sie Karthago gründete, weil er unsterblich in sie verliebt war, allerdings von ihr aus Treue zu ihrem verstorbenen Gatten abgewiesen wurde. Dale lässt Iarbas während der Ouvertüre zu Venus and Adonis auftreten und in modernen Tanzbewegungen seine enttäuschten Gefühle zum Ausdruck bringen. Hinzu kommt auch Dido, die sich erst auf einen Tanz mit dem König einlässt, ihn bei seinen Annäherungsversuchen allerdings stets in seine Schranken weist. Auch im zweiten Teil bleibt Iarbas präsent. Dale verzichtet jedoch darauf, ihn mit der Zauberin gemeinsame Sache gegen Königin Dido machen zu lassen. Vielmehr schwebt er wie ein schlechtes Gewissen über der Szene, da Dido mit ihrem Verhältnis zu Aeneas die selbst auferlegte Treue gegenüber ihrem verstorbenen Gatten gebrochen und damit auch Iarbas belogen hat. Bei allem Respekt vor Benito Marcelino, der die enttäuschten Gefühle des vergeblich liebenden Königs bewegend zum Ausdruck bringt, wirkt dieser Ansatz dennoch arg konstruiert. Dido (Natalia-Kawalek-Plewniak) und Aeneas (Edward Grint) Leider musste die rezensierte Aufführung aufgrund des Regens in den Kammerspielen des Tiroler Landestheaters stattfinden, so dass die Atmosphäre, die der Innenhof der Theologischen Fakultät zu erzeugen vermag, aufgrund der eingeschränkten Bühnenmöglichkeiten ein wenig verloren geht. Vermutlich erfolgte der Auftrittsgesang des Aeneas, der in den Kammerspielen aus dem Off ertönt, aus einem Fenster der oberen Etage über der Bühne im Innenhof. Überhaupt geht den Darstellern ein wenig Spielraum mangels Breite der Bühne verloren. Dennoch wird das szenische Konzept inklusive einzelner Tänze gut umgesetzt. Beeindruckend gelingen auch die Kostüme von Gabriella Ingram, die sehr fantasievoll gestaltet sind und bei aller Abstraktion und Modernität dem Stück keineswegs eine zeitliche Aktualisierung überstülpen. Didos blaues Kostüm mag für die Gattentreue stehen, der sich die Königin eigentlich verschrieben hat, wobei das Oberteil an eine Art Brustpanzer erinnert, der die Stärke dieser Frau manifestiert, die es in einer von Männern dominierten Welt geschafft hat, eine blühende Stadt zu gründen. Adonis' schneeweißes Hemd ist auf der Vorderseite mit großen blutroten Anemonen bedruckt, was wohl als Anspielung auf seine spätere Verwandlung in den Metamorphosen verstanden werden kann. Interessant ist, wie Dale das Prinzip der Metamorphose umkehrt, indem die Verwundung unter dem Hemd auf dem T-Shirt sichtbar wird. Hier sieht man das Blut, das der späteren Blume seine Farbe gegeben hat. Die Kostüme, die für Venus als Göttin und später als Zauberin gewählt werden, lassen Kelebogile Boikanyo (Besong) wirklich wie eine unbeschreiblich schöne Göttin aus einer anderen Welt erscheinen. Venus (Kelebogile Boikanyo (Besong), Mitte) hat sich in eine Zauberin verwandelt, die Didos Untergang plant (rechts und links: Aurélie Franck und Danielle Rohr als 1st und 2nd Witch). Musikalisch lässt der Abend keinen Zweifel daran, dass beim Cesti-Wettbewerb eine hervorragende Barockelite der Zukunft heranwächst. Sophie Junker, erste Preisträgerin des Wettbewerbs 2012, stattet Didos Schwester Belinda mit einem leuchtenden Sopran aus, der mit warmen Tönen die innige Verbundenheit zur Königin wunderbar zum Ausdruck bringt. Edward Grint, zweiter Preisträger des Wettbewerbs, glänzt als Adonis und Aeneas mit markantem Bariton und erfüllt auch optisch die Anforderungen an diese beiden Partien. Natalia Kawalek-Plewniak, Gewinnerin des Publikumspreises, begeistert als Dido mit großartigen Höhen und verleiht der Königin in ihrem Leid eine Melancholie, die unter die Haut geht. Ihr Abschiedslamento "When I am laid in Earth" avanciert musikalisch und darstellerisch zu einem Höhepunkt des Abends. Jake Arditti, Sonderpreisträger, gefällt als Cupid mit einem weichen Countertenor und komischem Talent, wenn er in seiner weißen Fransenjacke, die ein bisschen an Elvis Presley erinnert, und cooler Sonnenbrille die anderen Figuren wie Marionetten über die Bühne bewegt. Auch als golden bemalter Spirit, der Aeneas zur Abreise ermahnen muss, weiß er zu überzeugen. Kelebogile Boikanyo (Besong) zeichnet mit dunkel-timbriertem Sopran eine Venus, die ihrem Namen als Göttin der Liebe alle Ehre macht. Vor allem ihr Wechsel zu einer Zauberin der bösen Mächte gelingt beeindruckend. Mit Aurélie Franck und Danielle Rohr sind ihr dabei zwei Hexen zur Seite gestellt, die durch expressives Spiel überzeugen. Einat Aronstein und Jeffrey Francis runden als Shepherdess / Woman und Courtier / Sailor das Solisten-Ensemble hervorragend ab. Besonderes Lob gebührt neben dem Pavillion Ensemble, das unter Piers Maxim zu einer eindringlichen barocken Klangsprache findet, vor allem dem Vokalensemble NovoCanto, das als Hirten den ersten und als Diener den zweiten Teil des Abends musikalisch und szenisch begleitet. Mit großer Spielfreude lassen die acht Sängerinnen und Sänger während der Instrumentalphasen keine Langeweile aufkommen und begeistern musikalisch durch die Klangvielfalt ihrer Stimmen. Dies wird vor allem im Abschlusschor "With drooping wings ye Cupids come" deutlich, wenn sie nach Didos Tod die Liebesgötter auffordern, das Grab der Königin mit Rosenblättern zu bestreuen und auf ewig Wache dort zu halten. Die eindringliche Interpretation des Chors, der sich dabei in mehrere Solostimmen auflöst, wirkt nach diesem Abend noch lange nach und dürfte seinen Anteil an dem frenetischen Applaus haben, mit dem das Publikum am Ende der Aufführung alle Beteiligten überschüttet.
FAZIT Neben den beiden großen Opernproduktionen darf auch in diesem Jahr wieder die Arbeit der jungen Sängerinnen und Sänger im Rahmen des Projektes BAROCKOPER:JUNG zu Recht als ein Höhepunkt der diesjährigen Festwochen gefeiert werden. Weitere Rezensionen zu den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2013 Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
ProduktionsteamMusikalische LeitungPiers Maxim Regie Choreographie Kostüme Video-Regie Chorleitung
NovoCanto SolistenVenus and Adonis
Venus
Adonis Cupid
Shepherdess
Courtier Huntsmen Shepherd
Dido and Aeneas Dido Aeneas Sorceress Belinda Spirit Woman Sailor 1st Witch 2nd Witch Iarbas
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- Fine -