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Schwedische Entführung in die UnterweltVon Thomas Molke / Fotos von Stefan Gloede
Ceres (Erika Roos) beglückwünscht Jupiter (Ludvig Lindström, Mitte) zu seinem Sieg über das Ungeheuer Typhon (rechts: Pluto (Lars Arvidson), im Hintergrund: Chor Ensemble Syd). Die Geschichte handelt von dem mythologischen Raub Proserpinas, der Tochter der Ceres, durch Pluto. Mit dieser Sage versuchte man in der Antike, den Wechsel der Jahreszeiten zu erklären. Nachdem Ceres sich nämlich bei Jupiter beschwert und verlangt hatte, dass Pluto Proserpina freilasse, dieser allerdings aufgrund seiner Liebe zu der schönen Göttin nicht bereit dazu war, schlug Jupiter einen Kompromiss vor: ein halbes Jahr solle Proserpina bei ihrem Gatten Pluto in der Unterwelt verweilen, während sie das andere halbe Jahr auf der Erde verbringen dürfe. So kommt der Frühling mit Proserpinas Rückkehr aus der Unterwelt, da die Natur vor Freude darüber nun wieder aufzublühen beginnt und im Sommer Proserpinas Anwesenheit genießt. Im Herbst hingegen kehrt Proserpina in die Unterwelt zurück und die Blumen verblühen, bis im Winter alles kahl und grau ist. Neben dem Götterpersonal führt die Oper noch Cyane und ihren Verlobten Atis ein. Atis verliebt sich ebenfalls unsterblich in Proserpina, was dazu führt, dass Cyane aus Eifersucht Pluto dabei hilft, Proserpina zu entführen. Nachdem Atis sich allerdings aus Verzweiflung in den Ätna gestürzt hat, folgt Cyane ihm in die Unterwelt und erhält ihn aus Dankbarkeit von Pluto zurück. So sind es auch Cyane und Atis, die der verzweifelten Ceres letztendlich berichten können, wo die vermisste Proserpina abgeblieben ist. Proserpina (Elisabeth Meyer) wird von Plutos "Geistern" (Chor Ensemble Syd) in die Unterwelt entführt. Elisabeth Linton verzichtet in ihrer Inszenierung auf bunte Farben und setzt deutliche Kontraste zwischen Schwarz und Weiß, was sich zum einen in den Kostümen, zum anderen im Bühnenbild von Herbert Muraurer widerspiegelt. So erscheinen zur großen Feier zu Beginn des Stückes alle Protagonisten in weißen Kostümen. Erst wenn Proserpina geraubt worden ist, erscheint das Volk zum Zeichen der Trauer in schwarzer Kleidung. Auch Ceres streift ihr weißes Kleid ab und drückt ihre Verzweiflung in einem schwarzen Kleid aus. Dieses Kleid trägt sie auch am Schluss, wenn sie ihre Tochter - zumindest jeweils für ein halbes Jahr - zurückbekommt, was einerseits ausdrücken könnte, dass sie mit diesem Kompromiss nicht wirklich zufrieden ist, sie andererseits aber auch Pluto näher bringt, der nämlich im zweiten Teil, wenn er mit Proserpina aus der Unterwelt zurückkehrt, ebenfalls schwarz gewandet ist. Dass bei ihm die schwarze Kleidung für die Welt des Todes steht, machen auch die "Geister" mit den Tiermasken deutlich, die er herbeiruft, um Proserpina in die Unterwelt zu entführen. Die diversen weißen und schwarzen Vorhänge, mit denen im Bühnenbild gearbeitet wird, unterstützen diesen Ansatz noch. Zu Beginn befindet sich auf der Bühne ein riesiger weißer Tisch mit einem weißen Tischtuch, an dem alle gemeinsam Jupiters Sieg über Typhon feiern. Wenn Pluto Proserpina mit den herbeigerufenen Geistern in die Unterwelt entführt, wird die weiße Tischdecke herabgerissen und der nun schwarze Tisch zerstört. Das Volk (Chor Ensemble Syd) ist auf der Suche nach der verschwundenen Proserpina. Bei aller Ernsthaftigkeit der Vorlage kommt auch eine gewisse Komik zum Tragen. Wenn Atis sich im zweiten Teil nach Proserpinas Verschwinden das Leben nehmen will, verzichtet Linton nicht darauf, die diversen missglückten Selbstmordversuche ein wenig zu karikieren. So reißt das Seil, mit dem er sich erhängen will, und auch der Sprengsatz, mit dem er sich in die Luft sprengen will, explodiert zu spät, nachdem Atis ihn weggeworfen hat. Geschickt inszeniert wird dann Atis' Sprung in den Ätna. Linton lässt ihn eine Leiter emporsteigen und anschließend hinter einem aus dem Schnürboden herabfallenden Vorhang verschwinden. Wenn Cyane wenig später durch eine Klappe im Bühnenboden in die Unterwelt hinabsteigt, fällt ebenfalls ein schwarzer Vorhang aus dem Schnürboden herab, um anzudeuten, dass auch sie nun in der Unterwelt angekommen ist. Proserpinas Entwicklung vom Teenager zu einer reifen Frau wird von Linton ebenfalls deutlicher herausgearbeitet, als es vielleicht aus der Vorlage herauszulesen ist. So ist sie bei ihrer Entführung noch ganz das verschreckte Mädchen, das verzweifelt vor den "Geistern" der Unterwelt zu fliehen versucht, während sie am Ende, wenn sie mit Pluto als Herrscherin der Unterwelt zurückkehrt, diese "Geister" wie Haustiere gezähmt hat. Musikalisch lassen vor allem vier Nummern aufhorchen, von denen allein zwei auf Atis entfallen. Im ersten Teil lässt Atis in einer dramatischen Arie seiner Eifersucht freien Lauf. Mit durchschlagendem und stets höhensicherem Tenor präsentiert Joachim Bäckström überzeugend diesen Wutausbruch des jungen Mannes und macht die Figur des Atis zum heimlichen Star des Abends. Gleiches gilt für seine große Arie im zweiten Teil, die musikalisch recht parallel zu seiner Eifersuchtsarie gebaut ist, auch wenn seine Eifersucht nun einer Verzweiflung über das Verschwinden der geliebten Proserpina gewichen ist. Der dritte musikalische Höhepunkt gehört dem Chor Ensemble Syd vor der Pause. Wenn Ceres das Volk aussendet, um ihre Tochter zu suchen, wandelt der Chor durch den Zuschauerraum und strahlt zu dem bewegenden c-Moll mit kleinen Taschenlampen die unter schwarzen Tüchern verborgenen Gesichter an. Diese tragische Melodie verbunden mit der szenischen Umsetzung ist an Eindringlichkeit kaum zu überbieten. Der vierte musikalische Höhepunkt ist Ceres' Arie "O Jofur" im zweiten Akt, in der Ceres Jupiter für das spurlose Verschwinden verantwortlich macht. Mit großer Emotionalität präsentiert Erika Roos Ceres' Verzweiflung und beweist auch in den Koloraturen enorme Beweglichkeit. Elisabeth Meyer begeistert in der Titelpartie mit jugendlichem Sopran. Isa Katharina Gericke changiert als Cyane geschickt zwischen Durchtriebenheit und Verzweiflung darüber, dass ihr geliebter Atis eine andere liebt. Erst am Ende, wenn sie ihren Geliebten wiedergewonnen hat, ist sie bereit, Ceres das Geheimnis um den Raub zu verraten. Ludvig Lindström präsentiert Jupiter als selbstverliebten Gecken, der stets zu einem amourösen Abenteuer bereit ist. Lars Arvidson bleibt als Pluto ein wenig blass, was vielleicht aber auch der Rolle geschuldet sein mag. Das Ensemble Syd zeigt als sizilianische Bevölkerung, "Geister" der Unterwelt und Nymphen eine enorme Wandlungsfähigkeit und begeistert durch einen vielschichtigen Klang. Die Barokksolistene unter Leitung von Olof Boman arbeiten die zahlreichen Schattierungen in Kraus' Musik sorgfältig heraus und runden den Abend musikalisch hervorragend ab, so dass es am Ende lang anhaltenden Applaus für alle Beteiligten gibt.
FAZIT Es bleibt zu hoffen, dass Kraus' Opern den Weg ins gängige Repertoire finden, da in ihnen musikalisch noch einiges zu entdecken ist.
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ProduktionsteamMusikalische LeitungOlof Boman Regie Ausstattung
Chor Ensemble Syd Barokksolistene
Solisten
Proserpin
Ceres
Cyane
Atis
Pluto Jupiter Mercurius
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- Fine -