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Parforceritt durch knapp 200 Jahre OperngeschichteVon Thomas Molke / Fotos vom Rossini Opera Festival (studio amati bacciardi) Neben den drei großen Opernproduktionen gibt es beim Rossini Opera Festival in Pesaro unter anderem im Begleitprogramm auch eine Reihe unter dem Titel Concerti di Belcanto, in der einzelne Solisten Werke präsentieren, die, anders als bei den Opern, nicht ausschließlich aus der Feder des Schwans von Pesaro stammen. Die Interpreten, in diesem Jahr drei Tenöre, sind dabei in der Regel auch noch für mindestens eine andere Produktion im Rahmen der Festspiele beschäftigt. So sind beispielsweise Celso Albelo als Ruodi in Guillaume Tell und Yijie Shi als Lindoro in L'Italiana in Algeri zu erleben. Für Michael Spyres gilt dies zwar auch - er übernimmt den Rodrigo in der konzertanten Aufführung von La donna del lago am 23. August 2013. Dennoch mag die Tatsache, dass er für Rossini in Wildbad vor kurzem den Arnold in Guillaume Tell einstudiert hat, nicht ganz unbedeutend für seine Einladung nach Pesaro gewesen sein, hätte man doch somit im Notfall direkt einen Ersatz für Juan Diego Flórez vor Ort. Michael Spyres Für das erste Konzert im Rahmen der Reihe war eigentlich die Pianistin Sabrina Avantario als Begleitung für Michael Spyres angekündigt worden, die allerdings kurzfristig krankheitsbedingt absagen musste. Zum Glück erklärte sich Gianni Fabbrini, der auch die Rezitative in L'Occasione fa il ladro begleitet, bereit, einzuspringen um das Konzert so zu retten. Dabei hatte er eine nicht gerade leichte Aufgabe zu bewältigen. Spyres hatte nämlich ein umfangreiches Programm aus fast 200 Jahren Operngeschichte zusammengestellt. Fabbrini ließ sich aber nicht anmerken, dass für die Einstudierung nur wenig Zeit zur Verfügung stand, und begleitete souverän das abwechslungsreiche Programm. Dass von vornherein kein Solostück für Piano im Programm eingeplant war, mag dabei hilfreich gewesen sein. Wie Spyres es allerdings schafft, ein einstündiges Programm ohne große Pausen mit einer solch anspruchsvollen Auswahl zu bewältigen, verdient größten Respekt. Immerhin verließ er insgesamt nur zweimal kurz und einmal für etwa fünf Minuten die Bühne, um sich zu erholen. Auch hatte er die Werke alle auswendig einstudiert und benötigte das Papier auf dem Notenständer nur als eine Art Spickzettel für die Reihenfolge und, um hinterher Fabbrini auf Italienisch seinen Dank auszusprechen und die Zugabe anzukündigen. Michael Spyres mit Gianni Fabbrini am Flügel Bei der Auswahl der Stücke beginnt Spyres im 17. Jahrhundert mit einem Lied von Alessandro Stradella und arbeitet sich chronologisch bis zu Verdis Duca aus Rigoletto durch. Die erste Arie Se i miei sospiri ist eigentlich unter dem Titel Pietà, Signore bekannt, wobei angezweifelt wird, dass sie wirklich von Stradella komponiert worden sei, sondern eher François-Joseph Fétis, Louis Niedermeyer oder sogar Gioachino Rossini zuzuschreiben sei. Spyres präsentiert das Stück mit einer geschmeidigen Mittellage, wobei er in den Höhen ein wenig quetschen muss. Die extremen Höhen bleiben auch im weiteren Verlauf des Konzertes ein kleines Problem. So recht gelingt es Spyres auch in den folgenden Stücken nicht, sich in den Spitzentönen freizusingen. Dafür meistert er grandiose Abstiege in baritonale Tiefen, die man so bei einem Tenor gar nicht vermutet. Dies wird zum ersten Mal bei der Arie des Antigono aus Mazzonis Antigono deutlich, die Spyres bereits bei der Wiederentdeckung der Oper 2011 in Lissabon interpretierte. Auch die Kavatine des Otello aus Rossinis gleichnamiger Oper dürfte für Spyres eine besondere Bedeutung haben, da ihm mit dieser Partie bei Rossini in Wildbad 2008 der Durchbruch für seine internationale Karriere gelang. Während ihm bei der Arie des Dorvil "Vedrò qual sommo incanto" aus La scala di seta ein wenig die Beweglichkeit in den Koloraturen fehlt, präsentiert er sich in der romantischen Arie des Georges "Viens, gentille dame" aus Boïeldieus selten gespielter Oper La dame blanche umso sicherer und beweist seine Qualitäten im lyrischen Fach. Gleiches gilt auch für die Arie "Parmi veder le lagrime" aus Verdis Rigoletto, wenn der Duca sich im zweiten Akt um die entführte Gilda sorgt und noch nicht ahnt, dass sie ihm von den Edelmännern zugeführt werden soll. Als Zugabe präsentiert Spyres ein neapolitanisches Lied, bei dem ihm ebenfalls wunderschöne lyrische Bögen gelingen. Weitere Zugaben gibt es allerdings nicht, was gut nachvollziehbar ist. Schließlich dürfte dieser einstündige Parforceritt durch die allesamt gewaltig fordernden Tenorarien anstrengender sein als manche mehrstündige Oper, bei der dem Tenor doch dann und wann immer eine Pause zum Verschnaufen vergönnt ist.
FAZIT Michael Spyres macht in diesem Konzert trotz kleiner Abstriche deutlich, wieso er derzeit zur Top-Riege der Spitzentenöre zählt. Von ihm wird man in den folgenden Jahren noch einiges erwarten dürfen.
Weitere Rezensionen zu dem
Rossini Opera Festival 2013 |
AusführendeMichael Spyres, TenorGianni Fabbrini, pianoforte
WerkeAlessandro Stradella
Alessandro Scarlatti Antonio Maria Mazzoni Wolfgang Amadeus Mozart Gioachino Rossini Otello François-Adrien Boïeldieu Giuseppe Verdi
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